Die zahnärztliche Behandlung von ängstlichen Kindern ist äußerst anspruchsvoll. Nicht weniger als 10 bis 30 Prozent der Kinder und Erwachsenen haben eine Form von Angst vor Zahnbehandlungen [5]. „Angst vor dem Zahnarzt“ kann zu nicht kooperativem Verhalten bei Kindern führen [9]. Kinder mit großer Zahnarztangst haben ein etwa doppelt so hohes Risiko für unbehandelte kariöse Defekte im Vergleich zu Kindern mit geringer Angst [12]. Mithilfe der Lachgassedierung gelingt es häufig, die Angst bei den Patienten zu reduzieren und so günstigere Behandlungsbedingungen zu schaffen. Dies kann auch helfen, eine langfristige positive Einstellung zum Zahnarztbesuch zu entwickeln.
Lachgassedierungen können mitunter gar eine Alternative zur Narkose darstellen. Gerade bei überschaubarem Behandlungsbedarf ist deswegen bei potenziell kooperativen Kindern ab etwa fünf Jahren, aber auch bei Erwachsenen die Abwägung einer Lachgassedierung im Vergleich zur Narkose zwingend geboten [8]. Die Sedierung mit Lachgas ist seit vielen Jahrzehnten in der Zahnmedizin etabliert und in den Empfehlungen der Europäischen Akademie für Kinderzahnheilkunde detailliert beschrieben [8].
Wirkung von Lachgas
Lachgas hat eine gute sedierende und mittelstarke schmerzlindernde Wirkung, das bedeutet, für invasive Zahnbehandlungen ist in der Regel zusätzlich eine Lokalanästhesie erforderlich [15]. Der sedierte Patient fühlt sich meist ruhig, teilweise aber auch fröhlich bei seelischer und körperlicher Entspannung. Die Fähigkeit des Patienten zur verbalen und nonverbalen Kommunikation bleibt in der Regel bei subanästhetischen Konzentrationen (≤ 50 Prozent Lachgas) erhalten (Abb. 1a). Der Patient bleibt ansprechbar. Die Atmung wird ruhig und tief, der Würgereiz verschwindet meist fast völlig. Die Schmerzwahrnehmung und -reaktion sind vermindert und die Erinnerungsfähigkeit wird reduziert.
Die Lachgassedierung ersetzt aber nicht die Techniken der Verhaltensformung wie „Tell-Show-Do“, eine Desensibilisierung oder hypnotische Sprachmuster. Insbesondere durch Kombination von Lachgassedierung und verhaltensführenden Maßnahmen ist eine deutlich verbesserte Kooperation der Patienten zu erzielen.
Da das Lachgas eine geringe Löslichkeit in Blut und Fett hat, sind Wirkungseintritt und Wirkungsaustritt sehr rasch (wenige Minuten) zu beobachten [10,14]. Die Lachgassedierung kann bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen für die üblichen Zahnbehandlungen aber auch gut für kleine chirurgische Eingriffe eingesetzt werden. Der Patient muss jedoch behandlungswillig sein, das heißt die Nasenmaske muss toleriert werden und das Lachgas-Sauerstoff-Gemisch darüber eingeatmet werden. Zudem eignet sich Lachgas bei Patienten mit starkem Würgereiz, da dieser dann meist völlig verschwindet. Bislang wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse bei der Lachgassedierung in der Zahnheilkunde registriert [9]. Bei richtlinientreuer Anwendung unter entsprechenden Rahmenbedingungen (titrierbares System, fachkundige Anwendung, Absaugsystem/Raumbelüftung) wird daher Lachgas für Anwender und Patienten als sicher beschrieben [10].
Technik und Durchführung
In der Zahnarztpraxis sollte ein titrierbares System, bei welchem das Sauerstoff-Stickoxydul-Gemisch in seiner Konzentration eingestellt werden kann, verwendet werden (Abb. 2a). Der N2O-Anteil kann in der Regel 0 bis 50 Prozent des Atemgemisches betragen. Zu Beginn der Sedierung sollte zunächst reiner Sauerstoff (100 Prozent) über die Nasenmaske eingeatmet werden. Dann kann die Lachgaskonzentration schrittweise bis auf 30 bis 50 Prozent hochtitriert werden, um die gewünschte Sedierungstiefe zu erreichen (bei den meisten Patienten reicht eine Lachgaskonzentration von 30 bis 40 Prozent aus) [11]. Am Ende der Behandlung und vor dem Entfernen der Nasenmaske sollte noch für 3 bis 5 Minuten reiner Sauerstoff verabreicht werden [1].
Die Anschlüsse für Sauerstoff/Stickoxydul müssen verwechslungssicher sein und ein eingebautes Druckreduziersystem mit Druckanzeige enthalten. Auch ein Anschluss für eine Notfallsauerstoffmaske muss vorhanden sein. Bei einer Unterbrechung des Sauerstoffflusses muss der Lachgasfluss automatisch unterbrochen werden und es muss eine ausreichend große Sauerstoffreserve zur Verfügung stehen, um Patienten ausreichend lange beatmen zu können.
Die Praxis sollte mit folgenden Elementen ausgerüstet sein [4,7]:
- Lachgasmischer als individualisierbares, also titrierbares System (Abb. 2a)
- Nasenmasken in verschiedenen Größen (Abb. 1b)
- Mietflaschen oder zentrale Anlage (Abb. 2b und 2c)
- eventuell externe Absaugung für ausgeatmete Luft mit Sekretabsaugung (Abb. 3a)
- Raumabsaugung beziehungsweise -entlüftung im Bodenbereich (Abb. 3b)
- Pulsoximeter (Abb. 4)
- Notfallkoffer
Aufklärung und Einwilligungserklärung notwendig
Eine schriftliche Patienten- beziehungsweise Elternaufklärung inklusive Einwilligung mit ausreichenden Informationen zu Wirkung, Risiken und Kosten sind zwingend durchzuführen.
Die Anwendung von Duftstiften (Abb. 1c) kann vor allem bei kleinen Kindern die Akzeptanz der Nasenmaske erhöhen.
Eine Dokumentation von Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung im Blut (zum Beispiel mit einem Pulsoximeter), der Länge des Eingriffs, maximaler Dosierung und der Dauer der Behandlung in der Patientenakte ist empfehlenswert [4].
Lachgassedierung stellt eine einfach durchführbare und zugleich sichere Technik für die Behandlung von ängstlichen Patienten, Patienten mit Würgereiz und mäßig kooperativen Kindern dar. Auch in Deutschland wird die Lachgassedierung für Zahnbehandlungen zudem durch eine gemeinsame Stellungnahme von Anästhesisten und Zahnärzten befürwortet.
Dr. Mohammad Alkilzy, ZA Mhd Said Mourad, Dr. Julian Schmoeckel und Prof. Dr. Christian H. Splieth (ZZMK, Abt. für Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde, Universitätsmedizin Greifswald)