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„Ich befürworte eine Förderung von genossenschaftlichen Modellen“

Zahnärztliche MVZ im Spiegel der Parteien

Die DZW hat Gesundheitspolitiker aller Bundestagsfraktionen zum Thema Z-MVZ befragt (3)
Im Rahmen der Anhörung zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) haben die zahnärztlichen Standesvertreter, allen voran Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, vor den Folgen in der Versorgung, vor allem im ländlichen Raum, gewarnt und bereits vom „Ausverkauf zahnmedizinischer Versorgung an renditeorientierte Finanzjongleure und Spekulanten“ gesprochen. Z-MVZ gründende Zahn­ärzte sehen sich als verlässlicher Arbeitgeber und als Lösungsmodell für Zahnärzte, die ihre Praxis verkaufen wollen und sonst keine Käufer finden. Fachfremde Finanzinvestoren, wie beispielsweise Colosseum Dental, betreten gerade den deutschen „Gesundheitsmarkt“.
Etwa die Hälfte aller praktizierenden Zahnärzte geht in den kommenden zehn bis 15 Jahren in den Ruhestand. Die jungen Zahnärztinnen arbeiten lieber angestellt. Wie sieht die Lösung für die divergierenden Interessen aus Sicht der Gesundheitspolitiker aus? Sollten Z-MVZ stärker reglementiert werden? Wenn ja, wie?

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

„Ich befürworte eine Förderung von genossenschaftlichen Modellen“

Zunächst müssen wir anerkennen, dass junge Ärzt*innen mehr Flexibilität im Berufsleben einfordern und seltener beziehungsweise erst später bereit sind, das Risiko einer Niederlassung zu tragen – beides befördert ganz offensichtlich die Attraktivität der zahnmedizinischen Versorgungszentren. Die steigende Zahl der Z-MVZ selbst geht auch nicht automatisch mit einer Herabsenkung der Versorgungsqualität einher. Für die Erhaltung hoher Qualitätsstandards muss vielmehr sichergestellt sein, dass die Z-MVZ in zahnärztlicher Hand sind und die Praxisanleitung junger Zahnärzt*innen durch erfahrene Zahnärzt*innen sichergestellt ist. Zudem muss die Therapiefreiheit erhalten bleiben und nicht etwa durch Renditeerwartungen verschoben werden. Ich befürworte eine Förderung von genossenschaftlichen Modellen, die viele Vorteile für Ärzt*innen und Patient*innen bündeln und stärker versorgungsorientiert als renditeorientiert sind.
Das verstärkte Engagement von Großinvestoren und Private-Equity-Gruppen, die von den hohen Renditeerwartungen in der Zahnmedizin auf den Plan gerufen werden, betrachte ich mit großer Sorge. Die Anziehungskraft begründet sich unter anderem in der fehlenden Qualitätstransparenz und einem relativ hohen Anteil von Leistungen mit Eigenanteil oder IGeL-Leistungen. Patient*innen müssen vor schlechter Qualität und zahnmedizinischen Eingriffen mit fragwürdigem Nutzen geschützt werden, etwa durch eine Ausweitung der Versorgungsforschung, bessere Unterstützung bei der Entscheidung über bestimmte Eingriffe und die verstärkte Übernahme von Leistungen durch die Krankenversicherung. Zudem muss geprüft werden, wie Großinvestoren, die offenkundig nur das Interesse der Gewinnmaximierung verfolgen, der Zugang zur MVZ-Trägerschaft erschwert werden kann. Der verstärkte Ankauf von maroden Kliniken durch Investoren zum Zwecke der MVZ-­Gründung zeigt die bestehenden Lücken in der Gesetzgebung auf.
Zudem sehen wir uns mit der Problematik konfrontiert, dass zahnmedizinische Versorgungszentren überwiegend in Ballungsgebieten gegründet werden. Wenn hier nicht aktiv entgegengesteuert wird, führt dies zu einer Überversorgung in einkommensstarken Gebieten und einer Unterversorgung in ländlichen und strukturschwachen Gebieten – dies birgt offensichtliche Gefahren für die gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik.
Inwiefern eine Wiedereinführung der örtlichen Zulassungssteuerung für Vertragszahnärzt*innen hier eine ordnende Wirkung entfalten kann, muss geprüft werden. Zudem müssen positive Anreize geschaffen werden, um Zahnärzte*innen zur Tätigkeit in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu bewegen. Diese Anreize können von einer Abschaffung der Punktwertdegression in strukturschwachen Gebieten bis zur sozio-kulturellen Aufwertung dieser Gebiete durch verstärkte Investitionen reichen.