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Hand in Hand über den Tellerrand

15 Referenten der zweitägigen DEGUZ-Jahrestagung boten eine Vielfalt an Themen für einen gemeinsamen Blick „über den Tellerrand hinaus“.

15 Referenten der zweitägigen DEGUZ-Jahrestagung boten eine Vielfalt an Themen für einen gemeinsamen Blick „über den Tellerrand hinaus“.

 

Inflammationen, Feinstäube, Kunststoffe und Metalle, Nanokohlefasern und Neuraltherapie: Die Vielfalt der auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Umwelt-ZahnMedizin – DEGUZ e.V. präsentierten Themen aus Wissenschaft und Praxis war groß. Rund 200 Zahnmediziner, Zahntechniker und andere Mediziner kamen am 10. und 11. Mai 2019 bereits zum elften Mal in Frankenthal zusammen, um gemeinsam „über den Tellerrand hinaus“ zu schauen und die biologisch verträgliche Zahnheilkunde voranzutreiben.

Nobelpreisträger als Alternative

Für Zahntechniker waren insbesondere vier der insgesamt 15 Fachvorträge interessant. ZTM Norbert Wichnalek (Augsburg) referierte über Filamentdrucker, Nanokohlefasern und die neuen Möglichkeiten in der täglichen Praxis. Er stellte Graphen als eine Alternative zu den im zahntechnischen Bereich bereits erhältlichen Biokunststoffen vor. Für Untersuchungen zu Graphen und dessen einzigartigen Eigenschaften wurden Andre Geim und Konstantin Novoselov im Jahr 2010 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Die Modifikation des Kohlenstoffs mit zweidimensionaler, bienenwabenförmiger Struktur ist fast zweihundertmal robuster als Stahl und gleichzeitig sehr dünn. Für die Zahntechnik, so Wichnalek, seien auch die extrem geringe Wasseraufnahme und die antibakterielle Wirkung des „Supermaterials“ sehr vorteilhaft. In seinem Labor hat er Graphen bereits auf vielfältige Weise getestet. Das Material wird derzeit von der Firma Graphenano Dental aus Valencia vertrieben.

Sein Fazit: Die auf dem Markt vorhandenen Materialien sind plaqueanfällig. Die Elastizität sei zudem problematisch, da sie auch den schlechten Verbund mit harten Materialien zur Folge hat. Laut Wichnalek wäre ein Kompromiss ideal eine Kombination aus Steifigkeit und Flexibilität.

Graphenano hingegen geht einen hervorragenden Verbund mit PMMA ein, ist plaqueresistent und vielseitig einsetzbar. Was fehlt, sind Langzeiterfahrungen. Und dennoch sei Graphenano ein sehr viel versprechendes Material der Zukunft.

Stäube als Arbeitsschutzproblem

Das Gesundheitsrisiko durch Staubbelastung im Labor griff ZTM Sascha Kipping (Regis-Breitingen) auf und machte dabei vor allem auf die krebserregende Wirkung von Kobalt-Feinstaub aufmerksam. Sowohl in der Dauer der Exposition als auch in Partikelgrößen stecke das Problem. Denn: Je kleiner die Partikel, umso schädlicher sind sie für die Gesundheit. „Wir kümmern uns viel um die Gesundheit unserer Patienten, aber um unsere eigene und die unserer Mitarbeiter zu wenig“, appellierte Kipping, der bei der DEGUZ den Arbeitskreis Umwelt-Zahntechnik leitet.

Nicht zuletzt machte der engagierte Umweltzahntechniker auf eine neue Verordnung zum Umgang mit kobalthaltigen Legierungen in den Dentallaboren und Zahnarztpraxen aufmerksam, die neue Richtlinie für Absauganlagen und deren Einsatz behandelt. „Die Übergangsfrist endet im Jahr 2020. Dann wird sich für Laborbetreiber einiges ändern“, so Kipping.

Mission impossible?

ZTM Matthias Priester (Kassel), der ZTM Ruprecht Bauer im DEGUZ-Vorstand ablöst, widmete sich in seinem Vortrag „Wer zu spät kommt, bohrt daneben – Sprachlosigkeit als Ursache für Misserfolg“ der Notwendigkeit einer engmaschigen Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker. Zahntechnische Labore als Dienstleister seien oft sehr spät involviert bei der Versorgung des Patienten mit Implantaten. Das führe nicht selten zu schlechteren Ergebnissen und Enttäuschungen, die vermeidbar seien. Rechtzeitige Kooperation und Kommunikation aller Beteiligten seien bei der Versorgung des Patienten unabdingbar.

Daran knüpfte ZTM Christof Borges (Bad Neuenahr) an und betonte, dass mangelnde Absprachen zwischen Praxis und Labor sowie Praxis und Patient gravierende Folgen haben können. Vor dem Hintergrund des Einsatzes immer neuer Materialien in zahntechnischen Laboren, Zahnarztpraxen und letztlich im Mund des Patienten sei ein Umdenken bezüglich der Gestaltung und der Reparaturmöglichkeit nötig. „Wer sich über PEEK informiert, erhält meistens den Hinweis, dass es nicht zu reparieren ist. Doch das stimmt nur bedingt“, sagt Borges. In seinem Vortrag „Wenn die Krone knackt ... Mission impossible? Reparaturen an teleskopierenden Zirkonoxid / PEEK-Paarungen“ zeigte er anhand von zwei Fällen gebrochener PEEK-Teleskopprothesen (im Teleskop- und im Sattelbereich), wie Arbeiten aus diesem Werkstoff repariert werden können.

Viele zukunftsweisende Ansätze und die Bereitschaft, Dinge anzupacken, waren auf der DEGUZ-Jahrestagung allgegenwärtig. „Die Notwendigkeit, praxistaugliche Lösungen zu finden, ist groß“, sagte der Umweltzahntechniker Kipping. „Wir müssen handeln!“

Mit der diesjährigen DEGUZ-Jahrestagung ging die Frankenthal-Ära des Veranstaltungsformats vorerst zu Ende: Die 12. Jahrestagung findet am 8. und 9. Mai 2020 erstmals in Leipzig statt. Mehr Infos unter www.deguz.de