Die Digitalisierung in der niedergelassenen Praxis mit der computergestützten Restauration hat vor drei Dekaden ihren Anlauf genommen. In den vergangenen Jahren hat die CAD/CAM-Technik – angeführt vom CEREC-System – eine hohe Akzeptanz und eine deutliche Ausweitung erfahren.
Diese Entwicklung wird seit 20 Jahren vom Cerec Masters Club begleitet – eine unabhängige Studiengruppe sowie Fortbildungseinrichtung, unterstützt vom Karl-Häupl-Institut der Zahnärztekammer Nordrhein. Die 20-jährige Expertise und Fortbildungstätigkeit gipfelt in diesem Jahr im „Cerec-Tag“, der als CAD/CAM-Symposium mit Chairside-Schwerpunkt und hochkarätiger Besetzung am 20. und 21. Sept. 2019 in Düsseldorf stattfindet.
Virtuell Artikulieren vermeidet Einschleifen
Prof. Dr. Dr. Albert Mehl hatte als Physiker und Zahnarzt mit dem Lehrstuhl an der Universität Zürich das „Erbe“ der Cerec-Erfinder Mörmann/Brandestini übernommen und richtungsweisende Applikationen, beispielsweise die Biogenerik, das digitale Bissregistrat, den virtuellen Artikulator, die funktionelle Okklusion entwickelt. In Düsseldorf wird Mehl über „Funktion und Artikulation“ sprechen vor dem Hintergrund, dass die digital gesteuerten Arbeitsprozesse einen virtuellen Artikulator erforderlich machten, um die Daten der statischen und dynamischen Okklusion zu analysieren und in einem computergrafischen Modell abzubilden.
Ziel des virtuellen Artikulators ist, mit der funktionellen Okklusion eine individuelle Passgenauigkeit für jede prothetische Restauration zu erlangen – und zwar von Anfang an. Mit den früh gewonnenen Intraoraldaten und den folgenden, konstruktiven Adjustierungen können materialkompromittierende und zeitraubende Einschleifmaßnahmen nach Eingliederung weitgehend reduziert oder gar vermieden werden.
Ein weiterer Wegbegleiter des Systems hatte durch Studien frühzeitig erkannt, dass Provisorien in Inlay-Kavitäten Schmelzrisse besonders an Oral- und Vestibulärflächen auslösen und somit einen negativen Einfluss auf die Schmelzintegrität haben. Aufgrund des geringeren E-Moduls des Kunststoffs deformiert die eingeleitete Kraft die schwach geschützten Höckerwände. Bei sofort versorgten Kavitäten, provisorienfrei mit chairside gefertigten CAD/CAM-Keramikinlays behandelt, bleiben Schmelzdefekte aus. Damit belegte Prof. Dr. Roland Frankenberger, Universität Marburg, dass der sofort versorgte Zahn durch den Wegfall der Provisorien-Tragezeit ein vermindertes Risiko für Schmelzsprünge und marginale Schmelzaussprengungen hat, weil die kraftschlüssige Verbindung zur Zahnhartsubstanz die Kavitätenwände stabilisiert.
Frankenberger wird auf der Veranstaltung die Weiterentwicklung der Adhäsivtechnik und deren Einfluss auf die klinische Überlebensrate, zusammen mit neuen Keramikwerkstoffen und keramikdotierten Polymer-Materialien, vorstellen.
Fortschritte mit Scanner und Werkstoffen
Den „Aktuellen Stand und die zukünftigen Entwicklungstrends in der computergestützten Zahnheilkunde“ wird Prof. Dr. Petra C. Gierthmühlen, vertreten durch Dr. Frank Spitznagel, Universität Düsseldorf, vortragen. Die Protagonisten der voll-keramischen, computergestützten Restauration hatten sich in der Vergangenheit intensiv mit dem Chairside-Verfahren und der CAD/CAM-Verarbeitung von Keramik- und Polymerwerkstoffen befasst und der verblendfreien, monolithischen Kronenversorgung den Weg geebnet.
Thema des Vortrags ist auch die Bewertung von Abutments aus Titan und Zirkoniumdioxid (ZrO2) mit implantatgetragenen, verblendfreien Kronen aus ZrO2, Lithiumdisilikat und Hybridkeramik, befestigt auf Enossalpfeilern aus Titan. Ferner werden Ergebnisse mit Wandstärken von Molarenkronen aus ZrO2 und Hybridkeramik, substanzschonend auf 1 mm reduziert, vorgestellt.
Die Vielseitigkeit der Aufnahmeeinheit Cerec Primescan und deren Indikationsbreite thematisiert Dr. Gerd Frahsek, Velbert. Basierend auf der erhöhten Scan-Genauigkeit werden mit den aus dem Ganzkiefer-Scan gewonnen Daten ein Modell im 3-D-Druck erstellt, Aufbissschienen sowie chirurgische Bohrschablonen gefertigt, Provisorien über Formteile vorbereitet oder als Schalenprovisorien hergestellt. Gedruckte Implantatmodelle ermöglichen nach digitaler Duplizierung die Herstellung von definitiven, implantatgetragenen Kronen und Brücken.
CAD/CAM-Nutzer geben Tipps
Weitere Anwender werden von Erfahrungen mit CAD/CAM-gestützten Behandlungen berichten. So spricht PD Dr. Andreas Bindl, Zürich, über „Implantologische Lösungen in One Visit“ und wird hierbei auch Sofortimplantationen mit temporären CEREC-Mesostrukturen einbeziehen. „Die Möglichkeiten und Grenzen ästhetischer Restaurationen in einer Sitzung“ wird Dr. Alessandro Devigus, Bülach/Zürich, aufzeigen. Dr. Gerhard Werling, Bellheim, stellt seine Ergebnisse prothetischer Therapielösungen zur Diskussion.
Für die vollkeramische Restauration wird inzwischen ein großes Angebot an unterschiedlichen Materialien bereitgehalten. Dafür wird Dr. Michael Dieter, Schaan, eine Navigation vorstellen, die Indikation, Werkstoffeigenschaften und den Zeitaufwand für die Verarbeitung selektiert. Die Indikationen und Eigenschaften von keramikdotierten CAD-Kompositen werden von Dr. Ralf Böhner, Chemiker aus Altstätten, vorgetragen, zusammen mit klinischen Ergebnissen.
Das neue Indikationsfeld – Cerec in der Kieferorthopädie – präsentiert Holger Raschke, Bensheim. Der digitale Workflow für Multi-Brackets und Aligner bietet von der Diagnose bis zur fertigen Apparatur komplett strukturierte Behandlungsschritte. Die mit dem Primescan eingeführte Software 5.0 stellt Dipl.-Ing. Rebecca Collong, Bensheim, vor.
Die Themen der Koordinatoren der Veranstaltung, Dr. Andreas Kurbad und ZA Susanne Kurbad, Viersen, umfassen die Vorbereitung der Chairside-Behandlung mit Defektanalyse und Kavitätenoptimierung, die virtuelle Konstruktion, das Finalisieren der Restauration, den digitalen Workflow sowie die Praxisorganisation.
Die Teilnehmer erhalten 16 Fortbildungspunkte (KZBV). Anmeldungen unter masters@cerec.de oder telefonisch: (02162) 102 1875.
Manfred Kern, Wiesbaden