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Bioaktive Wurzelkanal-Sealer könnten Material der Zukunft sein

Dr. Adrián Lozano (Universität Valencia, Spanien) machte auf der Gemeinschaftstagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) im November 2015 in München deutlich, welches Potenzial diese noch nicht etablierten Materialien besitzen.

Bioaktivität macht dicht

In Deutschland erhältliche Vertreter der relativ neuen Sealer-Materialklasse sind MTA Fillapex, EndoSequence BC Sealer – auch erhältlich unter dem Markennamen Total Fill BC oder iRoot SP (außerhalb Deutschlands, siehe unten besprochene Studien). Seit Februar 2016 ist mit BioRoot RCS ein weiteres Produkt erhältlich, das auf Basis von Biodentine entwickelt wurde.

Neu und möglicherweise hoch relevant ist das biologisch aktive Verhalten der neuen Materialien im Kontakt mit Dentin. So dringt EndoSequence BC Sealer/Total Fill BC/iRoot SP im Vergleich zu einem etablierten Epoxidharz-Material (AH Plus) tiefer in die Dentinkanälchen ein [1]. Das Produkt zeigt zudem – zusammen mit einem ummanteltem Guttaperchastift (Single-cone-Technik) – eine ausgeprägte Dichtigkeit im Vergleich zur konventionellen lateralen Kondensation mit AH-Plus [2].

Frontzahn

Abb. 1a: Schnitt durch einen Frontzahn. Die Pfeile zeigen Bereiche mit Farbeinlagerung und somit Undichtigkeit einer Wurzelkanalfüllung (erwärmte Guttapercha und Sealer auf Zinkoxid-Basis – Pulp Canal Sealer) nach 30 Tagen.

Frontzahn

Abb. 1b: Keine Farbeinlagerung nach Obturation mit Gutta-percha und einem Sealer auf Kaliziumsilikatbasis (BioRoot RCS).

Monoblock-Effekt

Dieser enge Verbund, den Lozano in München als Monoblock-Effekt bezeichnete, ist besonders seit Einführung von Guttapercha-Alternativen auf Polyester-Basis (zum Beispiel Resilon) und dazugehörigen Sealern (zum Beispiel Epiphany Sealer) bekannt [3]. Die Sealer beider Systeme wurden im Vergleich zu AH-Plus auf ihre Dichtigkeit in extrahierten bleibenden Zähnen untersucht. EndoSequence BC und Epiphany zeigten in vitro bessere Ergebnisse als AH-Plus, dennoch waren Undichtigkeiten auf Mikro-Ebene auch in Materialien auf Kalziumsilikatbasis unvermeidbar [4].

Zellen mögen bio

So zeigen Tierversuche, dass subkutan und intraossär injiziertes iRoot SP und ProRoot MTA signifikant geringere Entzündungszeichen hervorrufen als AH-Plus [5]. Ob dieser Effekt klinisch relevant ist, wird aber bezweifelt [Schäfer, 1999 #36].

Des Weiteren wurde der zytotoxische Einfluss von AH-Plus, MTA Fillapex und Total Fill BC auf parodontale Stammzellen geprüft [6]. Sealer auf Kalziumsilikatbasis sind demnach zytokompatibel und regen umliegende Zellen an, zu proliferieren und einen Verbund zum Sealer herzustellen. In diesem Punkt scheinen sie Produkten auf Epoxidharz- oder Methakrylatbasis überlegen zu sein [3].

Obturation eines Unterkiefer-Molaren

Abb. 2: Obturation eines Unterkiefer-Molaren mit beschichteter Guttapercha und einem Sealer auf Kaliziumsilikat-Basis (EndoSequence BC Obturationssystem).

Radioopak, antibakteriell und hydrophil

Am Beispiel von EndoSequence BC wird in einer Übersicht im Endodontie Journal zusammengefasst, welche sonstigen günstigen Eigenschaften Sealer auf Kalziumsilikat-Basis besitzen kann [7]: Sie sind hydrophil, benötigen also ein feuchtes Milieu, um abbinden zu können. Da keine Methacrylat-Bestandteile beigemischt sind, sei keine Materialschrumpfung zu erwarten. Die Haftkraft werde demnach nicht geschwächt.

Des Weiteren wird in einer Studie berichtet, dass während der Abbindezeit der basische pH-Wert (> 12) antibakteriell wirkt [8]. MTA Fillapex besitzt einen pH-Wert von etwa 10, AH-Plus von durchschnittlich 6,5 [9]. Materialien auf Kalziumsilikatbasis sind röntgendichter als Dentin, jedoch weniger radioopak als AH-Plus [7]. Nach DIN ISO 6876:2001 erfüllen sie laut Übersichtsartikel die Richtwerte [7]. Ob das klinisch ausreichend ist, haben die Autoren dieses Beitrags nicht geprüft.

Bio hat auch Schwächen

Bioaktive Sealer können ebenso wie Materialien auf Expoxidharz-Basis Zähne verfärben. Grund hierfür können Metalloxide sein, die das Material röntgenopak machen. Verglichen wurden AH-Plus, iRoot SP und MTA Fillapex [10]. Nach drei Monaten nahm die Verfärbung jedoch ab. BioRoot RCS verursacht nach Herstellerangaben keine Zahnverfärbungen. Nur bei MTA Fillapex sind Metalloxide aufgeführt. Alle anderen Hersteller konkretisieren ihre angegebenen Füllstoffe, Dickungs- und Bindemittel nicht.

Aufgrund der hohen Haftkraft lassen sich bioaktive Sealer bei Revisionen nicht vollständig entfernen. Sealer-Rückstände verbleiben vor allem im apikalen und mittleren Drittel des Wurzelkanals [11]. Der deutlich höhere Preis von Materialien auf Kalziumsilikatbasis ist ein weiterer Punkt, der verhindern könnte, dass sich diese Materialien zeitnah in der Praxis etablieren.

Fazit: Sealer auf Kalziumsilikatbasis besitzen nach In-vitro-Studien nahezu optimale chemische, physikalische und biologische Eigenschaften. Diese sprechen dafür, dass diese Materialien konventionelle Sealer in Zukunft ersetzen könnten. Der Endodontologe Adrián Lozano merkte in München aber an, dass noch Untersuchungen notwendig sind, die dies auch klinisch bestätigen.

Literatur

  1. Akcay M, Arslan H, Durmus N, Mese M, Capar ID. Dentinal tubule penetration of AH Plus, iRoot SP, MTA fillapex, and guttaflow bioseal root canal sealers after different final irrigation procedures: A confocal microscopic study. Lasers in surgery and medicine 2016;48:70-76.
  2. Hegde V, Arora S. Sealing ability of three hydrophilic single-cone obturation systems: An in vitro glucose leakage study. Contemporary clinical dentistry 2015;6:S86-89.
  3. Reichl FX, Rothmund L, Shehata M, Hogg C. DNA double-strand breaks caused by new and contemporary endodontic sealers. International endodontic journal 2015.
  4. Pawar SS, Pujar MA, Makandar SD. Evaluation of the apical sealing ability of bioceramic sealer, AH plus & epiphany: An in vitro study. Journal of conservative dentistry: JCD 2014;17:579-582.
  5. Zhang W, Peng B. Tissue reactions after subcutaneous and intraosseous implantation of iRoot SP, MTA and AH Plus. Dental materials journal 2015;34:774-780.
  6. Rodriguez-Lozano FJ, Garcia-Bernal D, Onate-Sanchez RE, Ortolani-Seltenerich PS, Forner L, Moraleda JM. Evaluation of cytocompatibility of calcium silicate-based endodontic sealers and their effects on the biological responses of mesenchymal dental stem cells. International endodontic journal 2015.
  7. Knupfer WH. Ein universelles biokeramisches Obturationsmaterial. Endodontie Journal, oemus media AG 2014;1/2014:24-28.
  8. Duarte MA, Demarchi AC, Yamashita JC, Kuga MC, Fraga Sde C. pH and calcium ion release of 2 root-end filling materials. Oral surgery, oral medicine, oral pathology, oral radiology, and endodontics 2003;95:345-347.
  9. Finger MSea. Comparative evaluation of pH and solubility of MTA Fillapex® endodontic sealer. RSBO 2014;11:41-46.
  10. Forghani M, Gharechahi M, Karimpour S. In vitro evaluation of tooth discolouration induced by mineral trioxide aggregate Fillapex and iRoot SP endodontic sealers. Australian endodontic journal: the journal of the Australian Society of Endodontology Inc 2016.
  11. Uzunoglu E, Yilmaz Z, Sungur DD, Altundasar E. Retreatability of Root Canals Obturated Using Gutta-Percha with Bioceramic, MTA and Resin-Based Sealers. Iranian endodontic journal 2015;10:93-98.