Die Unterkieferprotrusionsschiene als Zweitlinientherapie zur Behandlung von obstruktiver Schlafapnoe ist künftig Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss jetzt in Berlin gefasst. Dem Beschluss gingen fachliche Beratungen unter maßgeblicher Mitwirkung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) voraus.
Schienentherapie bei obstruktiver Schlafapnoe
Als Trägerorganisation im G-BA begrüßt die KZBV die Entscheidung. Die Unterkieferprotrusionsschiene ist eine wichtige Therapieoption zur Behandlung der Volkskrankheit obstruktive Schlafapnoe, also der schlafbezogenen Atemstörung, bei der es während des Schlafs wiederholt zur Verringerung oder dem kompletten Aussetzen der Atmung durch eine Verengung des Rachenraums kommt.
Martin Hendges, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der KZBV: „Wir freuen uns sehr, dass die Versorgung mit der Unterkieferprotrusionsschiene künftig von Zahnärzten und Ärzten gemeinsam gestaltet werden kann. Dieses abgestimmte Vorgehen gewährleistet eine hohe Qualität der Versorgung.“ Auch die klare Regelung, dass nur zahntechnisch individuell angefertigte und adjustierbare Schienen die Anforderungskriterien für eine funktionierende Schienentherapie erfüllen, werde von der KZBV aufgrund der klaren Evidenzlage als folgerichtig begrüßt.
Die KZBV hatte sich im G-BA erfolgreich dafür eingesetzt, dass Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte in die Versorgungsstrecke hinsichtlich des Ausschlusses zahnmedizinischer Kontraindikationen, der Anfertigung und Anpassung der Schiene, der Schieneneingliederung sowie der Einstellung des Protrusionsgrades eingebunden werden.
Die Therapie mit einer individuell hergestellten Unterkieferprotrusionsschiene ist künftig auf Grundlage einer vertragsärztlichen Indikationsstellung als Zweitlinientherapie für leichte, mittelgradige und schwere Schlafapnoe vorgesehen.
Nach Ausschluss zahnmedizinischer Kontraindikationen verantworten Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte die Anfertigung und Anpassung der Schiene. Diese Anpassung erfolgt in enger Abstimmung mit den verordnenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzten. Auf Grundlage des G-BA-Beschlusses sind im Anschluss noch Beratungen zur Ausgestaltung der korrespondierenden vertragszahnärztlichen Vorgaben notwendig. Die KZBV wird sich in diesem Zusammenhang für eine stringente Beratung der zuständigen Gremien im G-BA einsetzen.
Der Beschluss des G-BA wird zunächst dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt – im Fall einer Nichtbeanstandung – nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Der VDZI als sachkundiger Experte
Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) hatte dabei mit den gesetzlich eingeräumten Beteiligungsrechten seine fundierten fachlichen Einschätzungen eingebracht und seine Expertise zu den zahntechnisch-fachlichen Anforderungen dem G-BA zur Verfügung gestellt. Er nahm damit als sachkundiger Experte an den mündlichen sowie schriftlichen Stellungnahmeverfahren teil.
Besonders hatte sich der VDZI für die konsequente und unverzichtbare Einbindung von Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzten und der Zahntechniker in den Behandlungs- und Versorgungsprozess mit einer Unterkieferprotrusionsschiene eingesetzt. Diese Einbindung sollte über den ganzen Behandlungs- und Versorgungsablauf von der Feststellung von zahnmedizinisch begründeten Kontraindikationen, der Planung sowie auch der Herstellung durch die qualitätssichernde Beauftragung eines zahntechnischen Labors und der Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene durch den Zahnarzt gewährleistet werden.
Der VDZI hatte darüber hinaus aus dringenden fachlichen Qualitäts- und Sicherheitsaspekten heraus auch dafür plädiert, dass die Versorgung mit einer zahntechnisch individuell angefertigten und adjustierbaren Unterkieferprotrusionsschiene erfolgen soll.
Hintergrund: Die Unterkieferprotrusionsschiene
Die Unterkieferprotrusionsschiene besteht jeweils aus einer transparenten Schiene für den Ober- und den Unterkiefer. Beide Schienen sind durch seitlich angebrachte Stege miteinander verbunden. Dies bewirkt, dass der Unterkiefer in Position gehalten oder nach vorne gezogen und damit einer Verengung der Atemwege entgegengewirkt wird. Die Geschwindigkeit der Atemluft nimmt ab und damit das geräuschbildende Flattern der Weichteile, umgangssprachlich „Schnarchen“ genannt. Kieferbewegungen sind mit dieser Art von Schienen während der Schlafphase möglich.