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„Mit einer Stimme sprechen“

In einem sind sich DGZMK, BZÄK und KZBV einige: Die Zahnärzteschaft muss geschlossen auftreten, wenn sie politsch gehört werden will.

In einem sind sich DGZMK, BZÄK und KZBV einig: Die Zahnärzteschaft muss geschlossen auftreten, wenn sie politsch gehört werden will.

Unter dem Motto „Orale Medizin und Im­mun­kompetenz“ fand am Freitag, 13. November 2020, der Deutsche Zahnärztetag statt. Dieses Mal nicht in Frankfurt, sondern als Videokonferenz.

Und immer grüßt Jens Spahn

Etwas hölzern leitete Fernsehmoderatorin Harriet Heise durch das gut 2,5-stündige Programm. Den Auftakt bildete die bereits im Vorfeld angekündigte Videobotschaft von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Er wandte sich mit ernstzunehmender Verbundenheit an die Zahnärzteschaft. Der Inhalt seiner Ansprache entsprach in weiten Teilen seinem bereits publizierten offenen Brief an die niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte vom 30. Oktober. Er betonte noch einmal, dass er die Kritik an der zurückzuzahlenden Liquiditätshilfe der Zahnärzteschaft wahrnehme. „Sie können sich darauf verlassen, dass ich alles unternehmen werde, um unsere zahnärztliche Versorgung hier in Deutschland weiter zu unterstützen“, so Spahn andeutungsreich.

Kommt doch ein differenzierter Schutzschirm?

Was hier vage anklingt, könnte für eine Kompromissformel stehen, die Dr. Wolf­gang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, hinter den Kulissen auszuhandeln versucht. In einem Interview mit FAZ-online formuliert Eßer sie wie folgt: „Der Pauschalansatz allein zur Sicherung der Liquidität im Jahr 2020 mit voller Rückzahlungsverpflichtung reicht zur Sicherung nicht aus. Die Liquiditätshilfe muss durch einen echten Schutzschirm ergänzt werden, der es Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ermöglicht, auf regional unterschiedliches Infektionsgeschehen zu reagieren und einzelne in Not geratene Praxen zielgerichtet zu unterstützen.“ Da geht noch was, will es scheinen.

Orale Medizin in Zeiten der Pandemie und ihre Systemrelevanz

Den Anfang des Vortragsreigens übernahm Prof. Dr. Roland Frankenberger, DGZMK-Präsident. Was folgte war ein ebenso ernsthafter wie unterhaltsamer Parforceritt durch die „Orale Medizin in Zeiten der Pandemie und ihrer Systemrelevanz“. Die immer noch geltende Approbationsordnung von 1955 sei ein Unding, der zuzahlungsfreie Zahnersatz der SPD-geführten 1970er Jahre Schuld am Zerrbild des überreichen Zahnarztes, Kritik an der Wissenschaftlichkeit der Zahnmedizin. Dann kam Frankenberger zur Pandemie und dem Leistungsspektrum der oralen Medizin. „Wir dürfen uns auch nicht verstecken. Die Rolle als Partner der Medizin funktioniert natürlich nur bilateral“, so Frankenberger und weiter: „Wie sind die Gesunderhalter der Immunbarriere.“ Das sei gerade in Corona- Zeiten besonders wichtig. Diabetes, Ernährung seien weitere Schnittstellen zur Medizin. Dann kam Frankenberger zu seinem Leib- und Magenthema: „Es gibt nur eine Zahnmedizin, sowohl innerhalb der Fächer als auch trilateral von Bundeszahnärztekammer, DGZMK, KZBV. Nur wer mit einer Stimme spricht, wird gehört.“

Überspringen wir an dieser Stelle die Vorträge von Dr. Klaus-Dieter Bastendorf „PZR – auf das klinische Protokoll kommt es an“ und von Prof. Dr. Sebastian Hahnel Mundgesundheit im demografischen Wandel“, empfehlen sie zum Nachschauen im Videoformat und kommen direkt zur politischen Abschlussdiskussion zwischen Engel, Eßer und Frankenberger.

Bashingbriefe führen ins politische Aus

In seinen Statements stellte Eßer noch einmal klar, dass Zahnärzte keine Dentalkosmetiker seien, sondern entscheidend für die Primärversorgung in der ambulanten Medizin, dazu die Umsatzeinbußen der Zahnarztpraxen im GKV- und PKV-Bereich, die gestiegenen Hygienekosten und Rüstzeiten durch die Pandemie, die Investoren im Gesundheitsbereich. Engel stellte noch einmal klar, dass die Zahnarztpraxis für Patienten und Team ein corona-sicherer Ort sei. Frankenberger wurde nicht eine individuelle Frage gestellt. Ihn hatte Heise wohl nicht auf dem Zettel. Unterhaltsam wurde es, als Eßer noch einmal sehr deutlich klar stellte, dass „Bashingbriefe an den Minister“ wenig hilfreich seien.

Damit wandte er sich frontal an den FVDZ, ungenannt an Harald Schrader, der den Körperschaften „Versagen“ vorgeworfen hatte und sich als politischen Gralshüter der Zahnärzteschaft inszeniert. „Wir müssen sagen, was ist, und zugleich sagen, was sein sollte – ohne Rücksicht auf die Fesseln der Funktionsträger“, formuliert es Schrader entfesselt.

Laut ist nicht gleich gut gebrüllt

Hatte es auf der Vertreterversammlung der KZBV noch kurz nach einem Zurück­rudern Schraders ausgesehen, tat sich der FVDZ mit einem Offenen Antwortbrief an Minister Spahn hervor, in dem er Spahn politischen Zynismus vorhielt. Für die Körperschaften irrlichtert der Freie Verband wohl frei von Verstand als politisches Leichtgewicht auf der Berliner Bühne und sägt ritzeratze eine Lücke in die mühsam aufgebaute Brücke zu den politisch Handelnden. Wohin sich Schrader im Namen des FVDZ mit seinem Alleinvertretungsanspruch positionieren will, versteht er mit seinen Getreuen wohl nur allein. Zugunsten der Zahnärzteschaft wird er so keine positiven Impulse im politischen Berlin setzen können.

Eßer steht auf dem Boden der politischen Realität. Er führt die Gespräche, die in Berlin Gehör finden können. Auf dem Zahnärztetag formuliert er sie: Liquiditätshilfe für 2021 fortführen, Unterstützung für in Not geratene Praxen durch die GKV, Pandemiezuschlag für gestiegene Kosten und Honorarverhandlungen auf Vor-Pandemie-Zeiten-Niveau. Eßer zeigte sich optimistisch.

Mit einer Stimme sprechen – das ist der viel beschworene Weg von Eßer, Engel und Frankenberger.