ERC-Fördergelder für Kai Kretzschmar
Das orale Plattenepithelkarzinom, einer der häufigsten bösartigen Tumorerkrankung der Mundhöhle, unterscheidet sich von Patient zu Patient sehr stark, etwa was die Entstehung von Metastasen oder das Ansprechen auf die Therapie betrifft.
Dr. Kai Kretzschmar will in seinem neuen Projekt OralNiche herausfinden, warum dieses Karzinom so vielfältig ist. Der Gruppenleiter am Würzburger Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung erhält dafür eine hochkarätige Förderung: Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) hat ihm einen Starting Grant in Höhe von 1,77 Millionen Euro bewilligt. Diese Auszeichnung wird in einem europaweiten Wettbewerb an herausragende Nachwuchsforschende vergeben.
Das Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung ist eine gemeinsame Einrichtung des Universitätsklinikums (UKW) und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU).
Blick auf die Stammzellen nötig
Im Mittelpunkt des neuen Projekts steht das orale Epithel. Die oberste Zellschicht in der Mundhöhle und auf der Zunge ist einzigartig durch ihre strukturelle Diversität und ihre unterschiedlichen Mikroumgebungen (Nischen). Um ihre Vielfalt zu verstehen, ist ein Blick auf die Stammzellen nötig, die das Epithel durch stetige Zellteilungen aufrechterhalten. Über die ortsspezifische Vermehrung und Reifung dieser Zellen ist bislang nur wenig bekannt.
Das soll sich ändern: „Wir werden erstmals die verschiedenen Pools der Oralepithelstammzellen systematisch und umfassend charakterisieren“, sagt Kretzschmar. Sein Team will die Mechanismen entschlüsseln, die der Vielfalt des oralen Epithels zugrunde liegen, und ihren Beitrag zur Vielfalt der Plattenepithelkarzinome beschreiben.
Der Würzburger Krebsforscher möchte am Ende auch verstehen, warum die Karzinome so unterschiedlich auf die Therapie ansprechen. Für die könnte das zu einer verbesserten Behandlung führen. „Unsere Erkenntnisse könnten außerdem auf andere Gewebe und Tumorarten übertragbar sein und somit einen modellhaften Ansatz für die Krebsforschung bieten“, erklärt Kretzschmar.
Kai Kretzschmar, 1985 in Berlin geboren, studierte Biologie in Frankfurt am Main und in Cambridge (UK). Anschließend promovierte er 2014 an der Universität Cambridge mit einem Thema zur Zellbiologie der Haut. Nach der Promotion wechselte er ans Hubrecht-Institut in Utrecht (Niederlande). Dort arbeitete er über Hautstammzellen und Herzregeneration. Er entwickelte auch neuartige Organoid-Modelle zur Erforschung der Hautepidermis und der Immuntherapie gegen Darmkrebs. Im Jahr 2020 kehrte der Biologe zurück nach Deutschland. Hier baute er am Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum für Krebsforschung des UKW und der JMU eine Nachwuchsgruppe auf. Mit rund 1,2 Millionen Euro von der Deutschen Krebshilfe gefördert, erforscht sein Team seitdem die zellulären und molekularen Grundlagen von Kopf-Hals-Krebserkrankungen.