Verbot hätte weitreichende Auswirkung auf die zahnmedizinische Versorgung
Die EU-Kommission hat am 14. Juli in Brüssel ihren Vorschlag für eine Revision der geltenden EU-Quecksilberverordnung präsentiert. Die Verwendung von Amalgam soll ab Januar 2025 nur noch in medizinischen Ausnahmefällen erlaubt sein. Ferner sollen die Herstellung in der EU und der Export in Drittstaaten aus Umweltschutzgründen verboten werden. Die Beratungen im Europäischen Parlament und der im Rat versammelten EU-Mitgliedstaaten werden nach der Sommerpause beginnen. Offen ist, ob das Verfahren bis zu den Europawahlen 2024 abgeschlossen werden kann.
Die Bundeszahnärztekammer kritisiert diesen Vorstoß als voreilig und fordert Korrekturen. Aus zahnmedizinischer Sicht sprechen zahlreiche Gründe für die Beibehaltung von Amalgam als Füllungsmaterial: Das im Amalgam enthaltene Quecksilber geht mit Silber, Zinn und Kupfer eine feste intermetallische Verbindung ein und liegt daher nur in gebundener, nicht umweltschädlicher Form vor.
Das Material ist langlebiger als andere Füllungswerkstoffe, zudem gibt es im mechanischen Verhalten Vorteile. Die alternativ zur Verfügung stehenden Werkstoffe können nicht alle Indikationen von Amalgamfüllungen abdecken. Außerdem hätte ein generelles Amalgamverbot auch soziale Folgen: Alle verfügbaren Alternativmaterialien sind erheblich teurer. Darüber hinaus garantieren die Amalgamabscheider mittlerweile europaweit eine umweltverträgliche Nutzung des Werkstoffs. Schließlich wird Amalgam noch in vielen EU-Mitgliedstaaten in signifikantem Maße genutzt. Ein Verbot hätte hier deutliche Auswirkungen auf die zahnmedizinische Versorgung.
„Ersatz von Amalgam nicht immer möglich“
Wenngleich 2019 die Bundesregierung dafür plädiert hat, den Einsatz von Quecksilberamalgam weiter zu ermöglichen, verkündet die EU-Kommission nun, dieses von 2025 an verbieten zu wollen. „Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO und die FDI als Sprecher aller nationalen Zahnärzteorganisationen unterstützen wir ausdrücklich ein Herunterfahren der Verwendung von Amalgam“, sagt Dr. Frank Wuchold, im Bundesvorstand des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) für Zukunftsfragen der Berufsausübung zuständig. „Doch ein Verbot würde die zahnärztlichen Therapiemöglichkeiten zukünftig wesentlich beeinträchtigen.“
Betroffen wären insbesondere vulnerable Gruppen wie Pflegebedürftige und Patienten mit Behinderungen, die oftmals keine hinreichende Zahnpflege betreiben könnten und bei denen Kompositfüllungen eine wesentlich geringere Lebensdauer hätten, aber auch Patienten mit einem stark reduzierten Speichelfluss. „Solange keine zuverlässige, weitgehend nebenwirkungsfreie und ebenso kostengünstige Alternative zum Quecksilberamalgam in der EU zugelassen wird, sollte es trotz rückläufigem Einsatz des Materials kein grundsätzliches Verbot geben. Kunststoffe sind, anders als dies die EU-Kommission jetzt feststellt, keineswegs immer eine adäquate Alternative“, betont Wuchold.
Die Zahl aller Füllungen hat sich seit den 1990er-Jahren fast halbiert. Der Anteil an Amalgamfüllungen lag 2019 bei unter zehn Prozent, sodass 2030 nur noch ein Prozent Amalgam als Füllmaterial verwendet werden könnte. „Für die Umweltbelastung spielt eine derart geringe Amalgamverwendung keine Rolle, eher die Entfernung bestehender Amalgamfüllungen“, sagt Wuchold. Deshalb seien die Vorkehrungen zum sicheren Umgang mit Quecksilberamalgam bei der Entsorgung gemäß der seit 2017 gültigen EU-Verordnung in Deutschland zu 100 Prozent umgesetzt worden.
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