Sie führen eine erfolgreiche Zahnarztpraxis? Das kann man ändern. Unsere Serie „Anleitung zum Praxisruin“ gibt Ihnen Schritt-für-Schritt-Anleitungen, den Erfolg Ihrer Praxis schnell und effizient zu ruinieren. Nachmachen auf eigene Gefahr.
Das nennt man ein echtes Dilemma
Tipp 4: Es gibt tatsächlich Mitarbeiter:innen, die sich fachlich weiterentwickeln, sich fortbilden wollen. Die Themen Instrumente schärfen oder Zahnsteinentfernung wären für Sie ja noch nachvollziehbar, denn beides hat einen direkten Bezug zur Praxis.
Aber nun will sie Praxismanagerin werden! Praxismanagerin! Das Managen der Praxis ist ja wohl Chefsache oder? Aber leider gibt die Mitarbeiterin nicht auf, will sich sogar auf eigene Kosten zum Kurs anmelden. Das nennt man ein echtes Dilemma. Sie wollen gar keine Praxismanagerin, halten diese Ausbildung für überflüssig. Genehmigen Sie die Weiterbildung nicht, macht sie sie trotzdem und wird danach vielleicht die Praxis wechseln. Und das in Zeiten von Fachkräftemangel und Gen-Z-Albtraum.
Zähneknirschend geben Sie Ihr Einverständnis zur Weiterbildung. Als ob das nicht genug wäre, fragt sie doch tatsächlich, ob Sie den Kurs zahlen wollen. Never ever. Das machen Sie ihr unmissverständlich klar.
Der Tag der Wahrheit kommt noch
Bald haben Sie das angesprochene Thema vergessen. Aber Obacht! Der Tag der Wahrheit kommt noch. Einige Zeit später erscheint die Mitarbeiterin freudestrahlend mit ihrem Diplom „Praxismanagerin“. Übergehen Sie diesen Erfolg, nicken Sie bestenfalls mal kurz zu ihr rüber, grummeln etwas Unverständliches und gehen zum nächsten Patienten.
Feiern Sie diese Leistung einer engagierten Mitarbeiterin keinesfalls, sprechen Sie ihr nicht Ihre Hochachtung aus. Erwähnen Sie nicht, dass zum Erreichen des Abschlusses viel Freizeit für die Kursbesuche und die Lerneinheiten investiert wurden. Loben Sie nicht, dass die Mitarbeiterin diese anspruchsvolle Zusatzqualifikation neben dem Vollzeitpraxisjob, neben Familie und Kindererziehung, Hobbies und Freizeit konsequent durchgezogen und auch noch selbst finanziert hat. Und ihre Leistung in der Praxis während dieser Zeit darunter nicht eine Minute gelitten hat.
Die Praxis ist doch gut, wie sie ist
Machen Sie einfach so weiter wie bisher. Übertragen Sie Ihrer neuen Praxismanagerin keine neuen Aufgaben, geben Sie ihr keinesfalls mehr Verantwortung und erhöhen Sie auch nicht ihr Gehalt. Lassen Sie keine neuen Ideen zu, lehnen Sie sämtliche Optimierungsvorschläge ihrer Mitarbeiterin ab. Die Praxis ist gut, wie sie ist. Warum sollten auf einmal neue Abläufe besser sein? Warum die Abrechnung optimiert werden? Warum jährliche Mitarbeiter:innen-Gespräche durch- und Kennzahlen eingeführt werden? Warum Praxisziele festgelegt und regelmäßige Teamtrainings Standard werden? Ging doch bisher alles auch ohne sowas. Punkt.
Aber sehen Sie sich rechtzeitig nach einer neuen Mitarbeitenden um. Womöglich will Ihre frischgebackene Praxismanagerin ihr neu erworbenes Wissen auch anwenden. Wenn das bei Ihnen nicht möglich ist, wird sie sich eine neue Stelle suchen. Und ihr gesamtes Wissen, ihre Talente und ihr Verantwortungsbewusstsein mitnehmen. Ihnen bleibt das Nachsehen.
Sybille David-Hebgen, Groß-Gerau
(wird fortgesetzt)
Tipp 3: „Dokumentation quick and careless“
Und hier geht's zu Tipp 2 : „Verordnen — nicht beraten!“
Tipp 1: „Nicht mit Patienten sprechen!“ finden Sie hier.
Sybille David-Hebgen
Sybille David-Hebgen berät und coacht seit mehr als 25 Jahren Zahnarztpraxen aller Fachrichtungen, Dentallabore und Kliniken. Dabei liegt der Beratungsschwerpunkt auf einer wertschätzenden Praxiskultur und dem Zusammenhang zwischen Service und Praxisgewinn. Sie ist Autorin des Buchs „Der Praxisknigge“ [4], sowie der Booklets „Der Azubiknigge“, „Der Rezeptionsknigge“ und bekannt durch zahlreiche Fachbeiträge in vielen relevanten Dentalmedien sowie als Referentin in Zahnärztekammern, Verbänden etc. tätig. Als zertifizierte Persönlichkeitsanalytikerin (RMP) gehören auch Führungstrainings für Zahnärzte und Mitarbeiter zu ihrer Tätigkeit. Mehr online auf www.sybille-david.de oder www.praxis-knigge.de
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