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Variable Vergütungsmodelle angestellter Zahnärzte
Junger Zahnarzt lächelt

In vielen Zahnarztpraxen ist es üblich, angestellten Zahnärzten neben einem Grundgehalt auch eine monatliche variable Vergütung zu zahlen. Günstige Modelle sind bei einer spätere Praxisabgabe von Vorteil.

In vielen Zahnarztpraxen ist es üblich, angestellten Zahnärzten neben einem Grundgehalt auch eine monatliche variable Vergütung (Umsatzbeteiligung) zu zahlen. Davon können beide Seiten profitieren. Denn was für die angestellten Zahnärzte ein persönlicher Anreiz für ihre Tätigkeit ist, kommt am Ende auch der Praxis zugute. Für Praxisinhaber ist allerdings wichtig, die „Risiken und Nebenwirkungen“ solcher Vereinbarungen zu kennen. Nur dann können sie nachhaltig entscheiden, ob und wenn ja welches Vergütungskonzept für sie und ihre Praxis überhaupt in Betracht kommt. Dies auch mit Blick in die Zukunft. Denn ungünstige Modelle können zur echten Belastungsprobe im Arbeitsverhältnis werden und auch eine spätere Praxisabgabe erschweren.

Arbeitsverhältnisse  müssen übernommen werden

Schon im zweiten Beitrag dieser Reihe haben wir ausführlich dargestellt, dass mit der Praxisabgabe der oder die Praxisnachfolger:in in alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis eintritt. Bestehende Arbeitsverträge müssen daher grundsätzlich zu unveränderten Konditionen übernommen werden. Eine Kündigung wegen der Praxisübernahme ist unzulässig.  

Rechtliche Einordnung variable Vergütungen

Grundsätzlich müssen sich Praxisinhaber darüber im Klaren sein, dass die Vergütung das Gegenstück zur Arbeitsleistung ist. Arbeitnehmer schulden aufgrund des Arbeitsvertrags ihre Arbeitsleistung nach mittlerer Art und Güte und keinen betriebswirtschaftlichen Erfolg. Eine Umsatzbeteiligungsvereinbarung knüpft allerdings regelmäßig an das Erreichen bestimmter Erfolge, nämlich das Erreichen bestimmter Umsatzziele durch die erbrachte zahnärztliche Tätigkeit der Angestellten. Daher handelt es sich bei der oftmals mit angestellten Zahnärzten vereinbarten monatlichen Umsatzbeteiligung um sog. Arbeitsentgelt. In der Konsequenz ist dies auch in Zeiten zu berücksichtigen, in denen Arbeitgeber gesetzlich zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.

Variable Vergütung in Zeiten von Urlaub?

Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben alle Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern Urlaub zu gewähren und sie in dieser Zeit weiter zu vergüten. Dieses sog. Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Ausgenommen sind nur zusätzlich für Überstunden gezahlte Entgelte. Wenn das Wesensmerkmal einer Zahlung die in einem konkreten Monat erbrachte Arbeitsleistung ist, diese zudem einen maßgeblichen Anteil am Gesamtverdienst ausmacht und zudem laufend gezahlt wird, wird es im Rahmen der Durchschnittsermittlung auch für Zeiten des Urlaubs zu berücksichtigen sein. Entsprechend vereinbarte Umsatzbeteiligungsvereinbarung fließen also in die Durchschnittsberechnung mit ein.

Variable Vergütung in Krankheitszeiten?

Ähnliches gilt in Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit der angestellten Zahnärzte. Auch hier sind Praxisinhaber von Gesetzes wegen verpflichtet, für den Zeitraum von sechs Wochen das den Arbeitnehmern regelmäßig für die Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Paragraf 4 Abs. 1a, S. 2 EFZG regelt insofern explizit, dass im Falle, „dass der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung erhält, der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielte Durchschnittsverdienst der Berechnung zu Grunde zu legen ist“. Ausdrücklich nicht zum Arbeitsentgelt gehören dagegen zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelte sowie vereinbarte Aufwendungen, die während der Krankheit gar nicht entstehen (zum Beispiel Fahrkosten), Paragraf 4 Abs. 1a S. 1 EFZG.

Sonderkonstellation Mutterschutz

Auch bei mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten spielt die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei Monate vor Eintritt einer Schwangerschaft eine Rolle. Die oben genannten Erwägungen sind auch hier zu berücksichtigen. Etwaige Unklarheiten bei der vertraglichen Vereinbarung, die aufgrund eines bisher ungestörten Arbeitsverhältnisses keine Rolle spielten, können dann nach Mitteilung einer Schwangerschaft auf einmal zum wirklichen Streitpunkt werden.

Gibt es risikofreie Alternativen?

Arbeitsverträge stellen in aller Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, weil sie einseitig vom Praxisinhaber vorgegeben und für mehrere Arbeitsverhältnisse angewendet werden. Das Risiko der Wirksamkeit der vertraglichen Regelungen tragen dann immer die Praxisinhaber. Um Risiken für Ausfallzeiten zu minimieren, sollte Praxisinhaber im Arbeitsvertrag daher zwischen einem angemessenen laufenden Arbeitsentgelt und einer zusätzlichen Sonderzahlung für besondere Leistungen in Form einer Einmalzahlung strikt trennen. Dies auch um unterjährige aufwändige Durchschnittsberechnungen in Ausfallzeiten zu vermeiden. Ein angemessenes Fixgehalt entsprechend der Qualifikation und Berufserfahrung und allenfalls ein Jahresbonus, zum Beispiel in Form eines Praxis- oder Teambonus, kann hier die gewünschte Rechtssicherheit bieten.

Praxistipp

Variable Zahlungen in Form von Umsatzbeteiligung sind in Zahnarztpraxen weit verbreitet. Sprachliche Ungenauigkeiten und die damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten gehen allerdings im Zweifel immer zu Lasten des Arbeitgebers. Spätestens im Zusammenhang mit einer Praxisabgabe können ungünstige Vergütungsmodelle Vertragsverhandlungen mit dem Praxisübernehmer daher erheblich erschweren. Denn unkalkulierbare Risiken will kein Praxisübernehmer sehenden Auges eingehen. Daher sollten auch Arbeitsverträge immer sorgfältig durchdacht und erarbeitet werden. Dies braucht Zeit und rechtliche Expertise, die sich allerdings am Ende auszahlen wird.

(wird fortgesetzt)

Die Autorin: RAin Jennifer Jessie, Fachanwältin für Medizinrecht

Jennifer Jessie

Rechtsanwältin Jennifer Jessie ist seit Oktober 2016 in der Kanzlei Lyck+Pätzold healthcare.recht tätig. Sie ist sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig und berät und vertritt medizinische Leistungserbringer insbesondere in den Bereichen des Arbeitsrechts, Berufs- und Werberechts sowie Zulassungsrechts. Seit dem Frühjahr 2017 ist Frau RAin Jessie zudem Rechtsbeirätin des Dentista e.V. und begleitet dort von rechtlicher Seite insbesondere die Themen rund um Mutterschutz, Beschäftigungsverbot und Elternzeit.

Foto: Lyck+Pätzold