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Den Praxisabgabevertrag richtig gestalten (Teil 5 von 7)

Laptops in Praxis

Da es sich bei der vertraglichen Gestaltung der Praxisabgabe um ein Herzstück der Beratung handelt, zeigen wir in sieben Artikeln auf, welche vertraglichen Regelungen Sicherheit bieten.

Der Praxismietvertrag stellt einen sehr wichtigen Punkt bei der Praxisabgabe dar. Dennoch wird die Bedeutung des Mietvertrages häufig unterschätzt. Einige Praxisinhaber haben ihn vor der Unterzeichnung nicht einmal komplett gelesen.

Der Praxismietvertrag

Bei der Praxisabgabe ist die Fortführung der Praxis in den bestehenden Räumlichkeiten für den Praxiskäufer in aller Regel von großem Interesse, denn der Praxissitz ist für die Bindung der Patienten von immenser Bedeutung. Die Konditionen des Mietvertrags sind deshalb für jeden Praxisinhaber sowohl während der eigenen Praxistätigkeit als auch im Falle eines Praxisverkaufs entscheidend. Vielen Praxisinhabern ist gar nicht bewusst, dass sie auf die lange Dauer der Mietzeit mit der Unterzeichnung des Mietvertrags oft eine größere Investitionsentscheidung treffen als bei der Gründung oder dem Kauf der Praxis.

Außerdem können nachteilige Klauseln in Mietverträgen für Praxisinhaber eine erheblich Risikoquelle darstellen, da im gewerblichen Mietrecht viele der aus der Wohnraummiete bekannten Schutzrechte zugunsten von Mietern nicht automatisch greifen oder sie können vertraglich ausgeschlossen werden. Daher sind bei Praxismietverträgen viele Klauseln Verhandlungssache. Hinzu kommt, dass Vermieter häufig Vertragsmuster verwenden, die allgemein für die Gewerberaummiete entworfen sind. Die Besonderheiten, die bei Arzt- und Zahnarztpraxen zu beachten sind, sind dort nicht enthalten.

Wer böse Überraschungen bei dem Verkauf der Praxis oder von Anteilen an der Praxis vermeiden will, sollte daher seinen Mietvertrag prüfen und gegebenenfalls rechtzeitig vor dem Verkauf anpassen.

Nachfolge- und ­Sozietätsklausel

Durch eine Nachfolgeklausel wird für den Fall der Übertragung der Praxis auf einen Nachfolger im Mietvertrag gesichert, dass der Nachfolger den Mietvertrag übernehmen kann. Lediglich aus wichtigem Grund, etwa bei fehlender Bonität des Nachfolgers, darf der Vermieter die Zustimmung verweigern.

Beim Verkauf von Anteilen an der Praxis kann es sein, dass die bisherige Praxis in eine Berufsausübungsgemeinschaft oder ein MVZ umgewandelt wird, neue Gesellschafter aufgenommen werden oder sich die Rechtsform ändert. Für diesen Fall sollte der Mietvertrag vorsehen, dass der Praxisinhaber einen Anspruch auf Zustimmung zur Aufnahme weiterer Zahnärzte in den Mietvertrag hat und dieser auch auf andere Gesellschafts- und Kooperationsformen übertragen werden kann. Ferner sollte bestimmt werden, dass dies das Mietverhältnis, also auch den Mietzins, unverändert lässt.

Diese Klauseln gewährleisten somit, dass die Übertragung der Praxis oder Praxisanteile nicht daran scheitert, dass der Vermieter den früheren Praxisinhaber nicht aus dem Mietvertrag entlässt, den Käufer nicht aufnehmen möchte oder das Mietverhältnis nicht automatisch auf eine gegründete GbR oder MVZ-GmbH übertragen werden kann.

Laufzeit des Mietvertrags

Die Dauer eines Mietvertrags ist für den Mieter stets ein schwieriges Thema. Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Verbleiben in den Mieträumen durch eine Mindestdauer möglichst längerfristig zu sichern. Um sich aber andererseits nicht zu lange zu binden, empfiehlt es sich, eine Mindestdauer von 5 bis 10 Jahren zu vereinbaren und nach Ablauf dieser Zeit eine einseitige Verlängerungsoption zu vereinbaren. Diese Klauseln sehen vor, dass der Mieter das Mietverhältnis durch Erklärung um weitere fünf Jahre verlängern kann.

Dies ist für einen Nachfolger von großer Bedeutung, sofern er die Praxis am bisherigen Standort fortführen möchte. Um die Patienten auch an ihn als Nachfolger zu binden und damit auch den Gegenwert für den gezahlten Goodwill zu amortisieren, ist der sichere Fortbestand des Mietvertrags durch eine lange Laufzeit und/oder Verlängerungsoptionen entscheidend.

Praxisinhaber sollten daher von der Verlängerungsoption auch dann Gebrauch machen, wenn sie den Verkauf der Praxis planen – jedenfalls, soweit der Mietvertrag die dargestellten Nachfolge- und Sozietätsklauseln enthält. Wird diese Option nicht ausgeübt, kann der Mietvertrag in der Regel gekündigt werden oder verlängert sich nur um ein weiteres Jahr, was für einen Nachfolger mit erheblicher Unsicherheit verbunden ist.

Weitere wichtige ­Regelungen des ­Mietvertrags

Daneben gibt es zahlreiche weitere Themen, die der Praxismietvertrag regeln sollte. Was ist für den Fall vorgesehen, dass der Praxisinhaber verstirbt oder berufsunfähig wird? Sind im Mietvertrag automatische Mieterhöhungen vorgesehen? Muss der Praxisinhaber Kosten für Reparaturen an der Mietsache tragen? Hat der Praxisinhaber eine Handhabe dagegen, dass der Vermieter im gleichen Haus Räumlichkeiten an einen Konkurrenten vermietet? Finden die berufsrechtlichen Besonderheiten im Mietvertrag Berücksichtigung? Darf der Vermieter seine Zustimmung zu Umbaumaßnahmen nur im Ausnahmefall verweigern? Gibt es bei der Beendigung des Mietvertrags eine Rückbauverpflichtung?

Praxistipp

Dies sind nur ein Bruchteil der Fragen, die sich Praxisinhaber am besten bereits vor dem Abschluss eines Mietvertrags stellen sollten. Dabei sollten sie nicht vergessen, dass Vermieter von Gewerbeimmobilien in aller Regel anwaltlich beraten sind. Daher ist es nur natürlich, dass der Mietvertrag Regelungen enthält, die vor allem für die Vermieterseite günstig sind. Deswegen sollten vom Vermieter vorgelegte Mietverträge gründlich geprüft werden. Ist dies nicht bereits vor der Unterzeichnung geschehen, sollte das rechtzeitig vor dem geplanten Praxisverkauf nachgeholt werden. So lassen sich vielleicht noch wichtige Änderungen am Mietvertrag verhandeln. Ein guter Mietvertrag macht die Praxis in jedem Fall attraktiv für potenzielle Käufer.

RAin Anna Stenger, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Bad Homburg

Über die Autorin

Den Fokus ihrer anwaltlichen Tätigkeit hat Anna Stenger auf das Medizinrecht und die Healthcare-Branche gelegt. Sie berät in diesem Spezialgebiet ausschließlich aufseiten der Leistungserbringer: Ärzte, Zahnärzte, Healthcare-Unternehmen und Kranken­häuser. Der Schwerpunkt Ihrer Beratung liegt im Gesellschafts- und Medizinprodukterecht, in der Begleitung von M&A-Prozessen, im Compliance Management sowie im Wettbewerbs- und Werberecht.

(wird fortgesetzt)