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Kein Grund zur Panik

Mittlerweile weiß jeder Praxisinhaber, dass validierte Prozesse ein Muss sind und dass die Aufbereitung kritischer Medizinprodukte ohne „RDG“ (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) beim besten Willen nicht mehr Stand der Technik ist.

Viola Milde: "Mittlerweile weiß jeder Praxisinhaber, dass validierte Prozesse ein Muss sind und dass die Aufbereitung kritischer Medizinprodukte ohne „RDG“ (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) beim besten Willen nicht mehr Stand der Technik ist."

Wie bereiten sich Praxisinhaber und Mitarbeiterinnen vor, noch bevor die Briefe vom Gesundheitsamt, von der Gewerbeaufsicht oder anderen Landesbehörden eintreffen? Mittlerweile weiß jeder Praxisinhaber, dass validierte Prozesse ein Muss sind und dass die Aufbereitung kritischer Medizinprodukte ohne „RDG“ (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) beim besten Willen nicht mehr Stand der Technik ist. Doch welche Themen sind ebenfalls wichtig, jedoch vielleicht lange nicht so prominent? Schauen Sie mal genau hin.

Ausstattung der Umkleide:

  • separater Schrank, Fach oder Bereich für private Kleidung und private Dinge
  • separater Schrank, Fach oder Bereich für getragene
  • Praxiskleidung (keine Berührung zu Privatem)
  • Platz für private Schuhe
  • anderer Platz für Praxisschuhe
  • separate Lagerung der gewaschenen, noch nicht
  • getragenen Praxiskleidung
  • Wäscheabwurf mit geeignetem Sack (fester Leinensack oder ähnliches)
  • Händedesinfektionsspender, handberührungsfrei

Ausstattung der Personaltoilette:

  • handberührungsfreie Armaturen, Spender, Mülleimer
  • Einmalhandtücher im Spender
  • zusätzlicher Mülleimer für die Damenhygiene

Ausstattung der Patiententoilette

  • idealerweise wie Personaltoiletten
  • Armaturen und Spender müssen jedoch nicht handberührungsfrei sein

Ausstattung des Röntgenraums

  • Einmalhandschuhe, Tretmülleimer, Händedesinfektion handberührungsfrei
  • kleine Packung Wischdesinfektionstücher
  • Box mit Deckel zum Transport kontaminierter Rö-Haltersysteme

Wäscheaufbereitung

Kontaminierte Praxiskleidung darf nicht zu Hause gewaschen werden. Die Entscheidung, in welchem Arbeitsbereich beziehungsweise bei welcher Tätigkeit Schutzkleidung erforderlich ist, unterliegt einer Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber.

  • Einmalschutzkleidung, zum Beispiel bei Patienten mit multiresistenten Erregern, Behandlungen mit starker Aerosolbildung Þ entsorgen
  • normale Arbeitskleidung - zu Hause waschen
  • kontaminierte Arbeitskleidung - in der praxiseigenen Maschine waschen oder durch einen zertifizierten Dienstleister (RAL GZ 992/2)
  • Praxiskleidung durch Einmalkittel vor Kontaminationen schützen
  • Gefährdungsbeurteilung des Betreibers, bei welchen Behandlungen Kontaminationsgefahr besteht (zum Beispiel bei starker ­Aerosolbildung)

Behandlungsräume

  • wischdesinfizierbare Flächen, Rückwände, Oberflächen
  • freigeräumte Arbeitsflächen
  • Umkreis von 1,5 bis 2 Metern um den Kopf des Patienten: alles wischdesinfizierbar
  • sämtliche Armaturen und Spender handberührungsfrei bedienbar
  • Einmalhandtücher
  • handberührungsfreier Müllabwurf
  • Schutzkleidung in ausreichender Menge
  • geeigneter Behälter (definiert in der TRBA 250) für die Entsorgung der „sharps“
  • Kennzeichnung der Behältnisse, die nach Anbruch einer begrenzten Haltbarkeit unterliegen
  • oder alternativ, übersichtlicher: Führung einer laminierten Zimmerliste, in der die Daten der aktuell geöffneten Mittel jeweils in den letzten drei Spalten mit einem Folienstift eingetragen werden. Wenn die Packung abgelaufen ist oder geleert wurde, so wird der Eintrag dieser Zeile weggewischt und bei Öffnung einer neuen Verpackung neu eingetragen (Abb. 1).
laminierte Zimmerliste für die Überwachung der Anbrüche und Verfallsdaten

Abb. 1: Beispiel einer laminierten Zimmerliste für die Überwachung der Anbrüche und Verfallsdaten

RKI-konforme Aufbereitung der Medizinprodukte

Ein lückenlos und rechtssicher dokumentierter validierter Aufbereitungsprozess muss alltagsfest, reproduzierbar und nachvollziehbar funktionieren. Ebenso müssen die Sterilgutversorgung, die Verpackungs- und Kennzeichnungsrichtlinien fehlerfrei umgesetzt werden. Es ist unbedingt für eine zeitnahe Auffrischungsschulung zu sorgen, wenn es in puncto „RKI-konforme Aufbereitung“ Unsicherheiten gibt. Je komplexer die Aufbereitung der Medizinprodukte ist (zum Beispiel Übertragungsinstrumente, Wurzelkanalin­strumente, Implantattrays etc.), desto genauer wird hingeschaut, ob die Vorgänge korrekt und den Herstellerangaben der Produkte entsprechend geschehen.

Behandlungseinheiten

Eine Standard-Arbeitsanweisungen (SAA) Hygiene der Behandlungseinheit sollte vorhanden sein. Laut Herstellerangaben:

  • jeden Morgen
  • zwischen den Patienten
  • abends
  • wöchentlich

Außerdem wichtig:

  • Sind die Polsteroberflächen intakt?
  • Werden gegebenenfalls vorhandene Spülprogramme genutzt?
  • Wurden Standard-Arbeitsanweisungen (SAA), die den Praxisstandard/die Abläufe exakt beschreiben, erstellt?
  • Sind die verschiedenen Maßnahmen in Checklisten dokumentiert?
  • Falls keine Entkeimung stattfindet, gegebenenfalls externes Bottlesystem installieren lassen.
  • Finden jährliche Wasserproben der Behandlungseinheiten (Turbinenwasser) statt? Die Behörden haben das Recht, die Tests einzufordern
  • Ist keine freie Fallstrecke vorhanden? Dann sollte ein externes Bottlesystem installiert werden.

Der Aufbereitungsraum

Der Aufbereitungsraum unterliegt ebenso den höchsten Anforderungen. Hier sollte es, genauso wie in den Behandlungsräumen, selbstverständlich sein, dass keine Pflanzen oder „Rumsteher“, die einstauben oder Sporen bilden, vorhanden sind. Eine klare Trennung zwischen der unreinen und der reinen Seite ist Basis für diesen Raum (Abb. 2).

Beispielgrafik der Aufteilung zwischen unreiner und reiner Seite des Aufbereitungsraums

Abb. 2: Beispiel Aufteilung unreine/reine Seite des Aufbereitungsraums

Selbstverständlich sind die Schränke und Flächen denselben Vorschriften wie im Behandlungsraum unterlegen: wischdesinfizierbar, geschlossene Schränke, umlaufend beschichtete Arbeitsplatte, wischdesinfizierbare Rückwände. Ebenso gilt für den Aufbereitungs- und den Behandlungsraum: die Seifen- und Händedesinfektionsmittelspender, der Wasserhahn sind handberührungsfrei zu bedienen. Einmaltuchspender stehen zur Verfügung, Müllabwurf ist handberührungsfrei. Die Tür des Aufbereitungsraums ist eindeutig beschriftet, sodass der Patient weiß, dass er diesen nicht betreten darf. Und wenn der Steri-Raum über ein Außenfenster verfügt, so ist dieses mit einem Fliegengitter zu versehen.

Neben M/N-Schutz und Einmalhandschuhen sollten auch folgende Dinge im Aufbereitungsraum zur Verfügung stehen:

  • stichhemmende Handschuhe
  • RDG-fähige Reinigungsbürsten (keine Metallbürsten!)
  • geeignete Lupe zur Endkontrolle der MP
  • Schürze für den Umgang mit Chemikalien/kontaminierten Instrumenten
  • chemikalienbeständige Handschuhe
  • Schutzbrillen/Visiere in ausreichender Menge (ebenso wie im Behandlungsraum!)

Eine eventuell notwendige Trennung zwischen unreiner und reiner Seite kann mittels Plexiglaswand (Höhe abhängig von Spritzgefahr, also Entfernung zum Waschbecken) – auf der Arbeitsplatte montiert – realisiert werden.

Neben den eingangs erwähnten zwingend erforderlichen Validierungen des Sterilisators, des RDG (Reinigungs- und Desinfektionsgerät = Thermo) oder gegebenenfalls DAC und des Siegelnahtgeräts sind die vom Hersteller vorgegebenen Routineprüfungen sämtlicher am Aufbereitungsprozess beteiligten Geräte vorgeschrieben. Eine Dokumentation dieser Routineprüfungen ist selbstverständlich durchzuführen.

Standard-Arbeitsanweisungen

Für jeden Arbeitsschritt, der Teil der Hygienekette ist, ist die Erstellung einer detaillierten Arbeitsanweisung unumgänglich. Inhalt ist immer:

  • Was wird geregelt?
  • Wann wird der Schritt durchgeführt?
  • Wo wird er durchgeführt?
  • Wer führt den Schritt durch?
  • Wie wird er durchgeführt (Schutzkleidung, Dosierung, Programm, Einwirkzeit etc.)?

Diese Arbeitsanweisungen hängen, wenn kein PC im Aufbereitungsraum verfügbar ist, idealerweise in einem Sichttafelsystem. So sind sie jederzeit nutzbar. Weiterhin werden Arbeitsanweisungen zum Beispiel für die Abdruckdesinfektion (ausschließlich Tauchverfahren!), für die Praxisreinigung, für die Hygienemaßnahmen der Behandlungseinheit, Wäscheaufbereitung etc. benötigt.

Notwendige Dokumente

Hier ein Auszug der wichtigsten praxisindividuell zu erstellenden aktuellen Dokumente, die bereits vor der Behördenankündigung fertig sein sollten:

  • Hygieneplan der BZÄK
  • Praxisreinigungs- und Desinfektionsplan
  • aktuelle Validierungsunterlagen
  • rechtskonforme Dokumentation der Aufbereitungsprozesse
  • Bestandsverzeichnis Paragraf 8 MPBetreibV
  • Risikoklassifizierung der Medizinprodukte
  • Nachweis der STK und MTK laut MPBetreibV
  • Medizinproduktebücher nach Paragraf 12 MPBetreibV
  • Umgang mit Vorkommnissen laut MPSV (Med.prod.sicherheitsplanverordnung)
  • SAA-Umgang mit multiresistenten Erregern
  • Dokumentation nosokomialer Infektionen
  • Nachweis der elektrischen DGUV- und DIN-EN-62353 (VDE 0751)-Prüfungen
  • Organigramm (Regelung der Zuständigkeiten)
  • Freigabeberechtigung

Diese Auflistung und mein Artikel erheben nicht den Anspruch, vollständig zu sein. Bei Unsicherheit empfehle ich, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen und vor allem die geforderten regelmäßigen Hygienefortbildungen wahrzunehmen – so bleiben Sie auf dem neuesten Stand und können auch vor der Begehung ganz entspannt schlafen.

Viola Milde

Viola Milde ist Gründerin und Inhaberin der „VMH-Hygieneberatung“ (www.VMH-Hamburg.de), ist bundesweit tätig als Referentin zu den ­Themen „Infektionsprävention“, „Hygiene in der Arzt- und Zahnarztpraxis“, „RKI-konforme Medizinprodukte-aufbereitung“ und „Behörd­liche Praxisbegehungen“ sowie Gastdozentin der Zahnärztekammern Hamburg und Hannover.
Als erfahrener Coach kommt sie bundesweit auch in die Praxen und unterstützt diese bei der Praxishygiene, RKI-konformen Aufbereitung und Behördlichen Begehung. Auf Wunsch ­inklusive Schulungszertifikat und Erteilung der Fortbildungspunkte nach den Richtlinien der BZÄK.

 

 

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