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Die Praxisbewertung zur Kaufpreisfindung

Älterer Zahnarzt mit Patientin

Es trifft jeden irgendwann – die Praxisabgabe. Dabei sollte die Abgabe zum Berufslebensende gut geplant und vorbereitet sein. An erster Stelle steht dann – das wissen wir aus unserer Beratungstätigkeit – die Frage nach dem Wert der Praxis und wie er sich bestimmt. Schließlich soll der über viele Jahre geschaffene Wert den nun folgenden Ruhestand versüßen.

Die Praxiswertermittlung als erster Schritt der erfolgreichen Praxisabgabe

Vor der Erstellung eines aussagekräftigen Verkaufsexposés sollte daher eine umfangreiche und professionelle Praxisbewertung durchgeführt werden. Denn nur so wissen Praxisinhaber, welchen Kaufpreis sie verlangen können. Dies hilft, Verhandlungen mit professionellen Investoren und kaufinteressierten Kollegen kompetent zu führen. Gleichzeitig fördert eine realistische Wertermittlung den Verkaufsprozess, weil Kaufpreisangebote zügig eingeordnet werden können.

Wie bestimmt sich der Praxiswert? (Teil 3)

Grundsätzlich berechnet sich der Praxiswert aus einer Addition von materiellem Wert (Substanzwert) und dem ideellen Wert der Praxis (Goodwill). Die Ermittlung des Praxiswerts kann nämlich anhand verschiedener Methoden erfolgen, die zum Teil zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Außerdem sind bei der Bestimmung des ideellen Praxiswerts neben den reinen Zahlen der Praxis sehr viele Faktoren zu berücksichtigen, die wertmindernd oder werterhöhend zu berücksichtigen sind.

Faktoren bei der Wertermittlung

Ausgangspunkt für Bestimmung des ideellen Praxiswerts ist die Erwartung des Nachfolgers, die Umsätze und Erträge der (Zahn-)Arztpraxis künftig fortführen zu können. Für die Höhe des ideellen Werts sind somit unter anderem von Bedeutung: der Umsatz und der Ertrag der Praxis, das Alter und der Ruf der Praxis, die Qualifikationen und die Behandlungsmethoden, die Qualität des Behandlungsstandorts, die Arztdichte im Hinblick auf die Konkurrenzsituation, die Attraktivität von Praxisgebäude und Praxisräumen, die Laufzeit und Gestaltung des Mietvertrags, die Qualifikation des Personals, die Arbeits- und sonstigen Praxisverträge, die Praxisorganisation, das „politische“ Umfeld und vor allem die Patientenkartei.
Dieser „Goodwill“ der Praxis besteht in der Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten nach der Übertragung der Praxis wegen der von vom Praxisinhaber geschaffenen Bindung weiterhin in die Praxis kommen werden.

Die gebräuchlichsten Methoden zur Ermittlung des Praxiswerts

Zur Schätzung dieses „Goodwills“ kommen sowohl umsatz- als auch gewinnbezogene Bewertungsmethoden wie auch eine Kombination aus beiden in Betracht. Vielen ist auch die Ärztekammermethode ein Begriff. Allerdings wird von den Gerichten kritisiert, dass die Ärztekammermethode zu vergleichsweise niedrigen und zum Teil unrealistischen Werten kommt. Denn allein aufgrund des Umsatzes, auf den sich die Ärztekammermethode stützt, können keine sicheren Rückschlüsse auf die Gewinnerwartung und daher auch nicht auf den realisierbaren Wert gezogen werden.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind die bestehenden Methoden daher zu modifizieren. Nach der Rechtsprechung ist es sachgerecht, den ideellen Praxiswert nach der „modifizierten Ertragswertmethode“ zu ermitteln.

Die modifizierte Ertragswertmethode

Bei diesem Verfahren beeinflussen die vorbenannten Faktoren den Ergebniszeitraum (Prognosezeitraum) maßgeblich. Dieser ist nach Verhältnissen des Einzelfalls zu berechnen und lässt dabei die praxisindividuellen sowie auch die praxisexternen Faktoren mit einfließen. Die wichtigste Modifikation im Vergleich zum klassischen Ertragswertverfahren ist die Begrenzung des Kapitalisierungszeitraums, sodass der Tatsache der freiberuflichen Tätigkeit ausreichend Rechnung getragen wird. Vergangenheitswerte sind hierbei nicht mehr allein entscheidend. Das modifizierte Ertragswertverfahrens stellt daher eine etablierte, nachvollziehbare und in die Zukunft gerichtete Methode zur Bestimmung des Praxiswerts dar.

Praxistipp

Letztendlich gilt, dass der Wert der Praxis derjenige ist, der am Markt erzielbar ist. Und damit sind es für den Praxisinhaber mit zu beeinflussende Faktoren. Eine erfolgreiche Praxisabgabe muss aktiv gestaltet werden. Ein Zurücklehnen oder gar ein frühzeitiger schleichender Ausstieg wird sich zwangsläufig wertmindernd auswirken. Daher sollten Praxisinhaber, die auf absehbare Zeit den Verkauf ihrer Praxis planen, weiter darauf Wert legen, die Praxis in jeder Hinsicht auf dem aktuellen Stand zu halten. Dies gilt auch für die rechtlichen Belange der Praxis, wie Arbeitsverträge, Mietvertrag, Gesellschaftsvertrag, Kooperationsverträge sowie alle sonstigen Praxisverträge, die rechtzeitig vor dem Verkauf geprüft und aktualisiert werden sollten. So wird die Praxis attraktiv für potenzielle Käufer, und es kann ein guter Kaufpreis erzielt werden. Wer frühzeitig und strategisch die Übergabe plant, wird am Ende das erhalten, was er sich selbst vorgestellt hat.

RAin Anna Stenger, LL.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Bad Homburg

Über die Autorin

Den Fokus ihrer anwaltlichen Tätigkeit hat Anna Stenger auf das Medizinrecht und die Healthcare-Branche gelegt. Sie berät in diesem Spezialgebiet ausschließlich aufseiten der Leistungserbringer: Ärzte, Zahnärzte, Healthcare-Unternehmen und Kranken­häuser. Der Schwerpunkt Ihrer Beratung liegt im Gesellschafts- und Medizinprodukterecht, in der Begleitung von M&A-Prozessen, im Compliance Management sowie im Wettbewerbs- und Werberecht.

(wird fortgesetzt)