Fallbeispiele: Empfehlungen zur adhäsiven Befestigung indirekter Restaurationen (3)
Aufgrund des generellen Bestrebens, Zähne so substanzschonend wie möglich zu restaurieren, werden immer häufiger minimal-invasive Präparationen durchgeführt, bei denen mechanische Retentionsformen weitgehend fehlen. Einflügelige Adhäsivbrücken aus Zirkoniumoxid sind hierfür ein ebenso gutes Beispiel wie Veneers und Tabletops, die oft aus Glaskeramik gefertigt werden.
Universal-Befestigungskomposite
Diese vierteilige Serie bietet einen verständlich aufbereiteten Exkurs in die Mechanismen der (selbst-)adhäsiven Befestigung indirekter, vor allem keramischer Restaurationen mit universellen Befestigungskompositen. Anwender erhalten Unterstützung in der Auswahl der passenden Modi sowie praktische Tipps zur korrekten klinischen Vorgehensweise. Im Mittelpunkt des letzten Serienteils stehen die innovativen Applikationssysteme.
All diese Indikationen – sowie generell alle Arten von Restaurationen aus Materialien mit einer Biegefestigkeit unter 350 MPa – profitieren ganz klar von der höchstmöglichen Haftfestigkeit zwischen Restauration und Zahnhartsubstanz [1].
Adhäsiv befestigen – am besten mit System
Wer diese sicherstellen möchte, sollte auf ein adhäsives Befestigungssystem setzen. 3M empfiehlt hier das aufeinander abgestimmte System 3M RelyX Universal Befestigungskomposit und 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv. Scotchbond Universal Plus Adhäsiv fungiert dabei als Haftvermittler am Zahn und als Primer an der Seite der Restauration. Die Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz sowie der Klebefläche der Restauration kann je nach Substrat und Indikation variieren [1]. Empfohlen wird Folgendes:
Vorbehandlung der Zahnhartsubstanz bei
Inlay oder Onlay: Selektive Schmelzätzung
Adhäsivbrücke, Veneer oder Tabletop: Etch-and-Rinse
Vorbehandlung der Klebefläche bei
Oxidkeramik, Metall oder Komposit: Sandstrahlen mit Aluminiumoxid (30 bis 50 µm, 1 bis 2 bar Druck)
Silikatkeramik: Ätzen mit Flusssäure
Anhand zweier Fallbeispiele werden die unterschiedlichen Vorgehensweisen im Folgenden beschrieben.
Adhäsive Befestigung eines Glaskeramik-Overlays
Durch die Entscheidung für ein okklusales Onlay anstelle einer Krone lässt sich viel gesunde Zahnhartsubstanz erhalten und die Langzeitprognose des Zahns verbessern [2]. Realisierbar ist ein solches Design allerdings nur, wenn ein leistungsfähiges adhäsives Befestigungssystem zum Einsatz kommt.
Empfohlene Vorgehensweise mit 3M-Produkten
Restauration:
- Einprobe
- Ätzen mit Flusssäure (spülen und lufttrocknen)
- Reinigung im Ultraschallbad
- Anwendung von 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv (20 Sekunden einreiben und mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen)
Zahn:
- Mechanische Reinigung (zum Beispiel mit Bimssteinpaste)
- Ätzen der Schmelz-Klebefläche mit Phosphorsäure-Ätzgel
- Anwendung von 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv (20 Sekunden einreiben und mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen)
Befestigung:
3M RelyX Universal Befestigungskomposit
Ein defektes Onlay war gegen eine Versorgung aus Lithiumdisilikat (IPS e.max Press) auszutauschen. Die Restauration wurde gefertigt und gemäß den Empfehlungen mit Flusssäure sowie Scotchbond Universal Plus Adhäsiv behandelt. Hier stellt die optimierte Silanfunktion des Adhäsivs eine herausragende Haftung sicher (Abbildung 1 bis 7).
Zahnseitig wurden ebenfalls die empfohlenen Schritte – mechanische Reinigung, selektive Schmelzätzung und Adhäsiv-Applikation – eingehalten. Eine Lichthärtung des Adhäsivs ist bei dem aufeinander abgestimmten System nicht erforderlich. Das gleich im Anschluss auf die Klebefläche der Restauration applizierte RelyX Universal Befestigungskomposit gewährleistet auch ohne Belichtung eine vollständige Aushärtung. Nach dem Einsetzen und Tack Curing für zwei bis drei Sekunden erfolgt die einfache Überschussentfernung.
Tipps für eine gelungene Anwendung:
• Um postoperative Sensitivitäten zu vermeiden: Stumpf mit wasser- und ölfreier Luft in zwei bis drei Intervallen leicht trocknen oder Baumwollpellets zum Trocknen verwenden. Nicht Übertrocknen!
• Für eine bessere Haftung und Randqualität: 15 Sekunden selektive Schmelzätzung
• Scotchbond Universal Plus Adhäsiv 20 Sekunden einreiben (eventuell Timer stellen) und anschließend für mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen, bis auf der Oberfläche ein glänzender Film entstanden ist, der sich im Luftstrom nicht mehr bewegt (Abbildung 5)
Definitive Eingliederung einer Adhäsivbrücke
Eine Nichtanlage von Zähnen ist keinesfalls ungewöhnlich. Speziell im Oberkiefer-Frontzahnbereich lassen sich mit einflügeligen Adhäsivbrücken aus Zirkoniumoxid sehr gute Ergebnisse erzielen [3]. Zu den Voraussetzungen für deren Langzeiterfolg gehört eine ausreichend große Klebefläche am Zahn, die ausschließlich im Schmelz liegt, ebenso wie die korrekte Vorgehensweise bei der Befestigung.
Empfohlen wird, die Klebefläche am Retentionsflügel mit Aluminiumoxid (30 bis 50 µm) bei einem Strahldruck von 1 bis 2 bar abzustrahlen und die Restauration nachfolgend im Ultraschallbad zu reinigen. Für die anschließende adhäsive Befestigung ist ein System mit herausragenden Haftwerten unerlässlich.
Empfohlene Vorgehensweise mit 3M-Produkten:
Restauration:
- Einprobe
- Sandstrahlen (30 bis 50 μm, 1 bis 2 bar)
- Reinigung im Ultraschallbad
- Anwendung von 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv als Primer (20 Sekunden einreiben und mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen)
Zahn:
- Mechanische Reinigung (zum Beispiel mit Bimssteinpaste)
- Ätzen der gesamten Klebefläche mit Phosphorsäure-Ätzgel (Total-Etch)
- Anwendung von 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv (20 Sekunden einreiben und mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen)
Befestigung:
3M RelyX Universal Befestigungskomposit
In diesem Fall (Abbildung 8 und 9) fehlte einer jungen Patientin ein oberer mittlerer Schneidezahn. Die gewählte Therapieoption war, eine einflügelige Adhäsivbrücke aus Zirkoniumoxid am benachbarten Zahn 11 zu befestigen. Dieser wurde so substanzschonend wie möglich präpariert und die Restauration gefertigt. Die Arbeitsschritte bei der Eingliederung unterschieden sich in nur zwei Punkten vom beschriebenen Onlay-Fall: Die Klebefläche an der Restauration wurde mit Aluminiumoxid-Strahlgut sandgestrahlt anstatt mit Flusssäure geätzt und die Klebefläche am Zahn komplett mit Phosphorsäure-Ätzgel behandelt.
Tipps für eine gelungene Anwendung:
- Im Fall des Sandstrahlens vor der Einprobe: Reinigung der Adhäsivbrücke mit fünfprozentiger Natriumhypochloritlösung
- Für eine herausragende Haftung, die bei Adhäsivbrücken nötig ist: unbedingt 15 Sekunden die gesamte Klebefläche ätzen (Total-Etch)
- Scotchbond Universal Plus Adhäsiv 20 Sekunden einreiben (eventuell Timer stellen), Achtung: zu großer Druck beim Applizieren zerstört das retentive Ätzmuster, das für eine gute mikromechanische Haftung nötig ist
- Anschließend für mindestens fünf Sekunden mit einem sanften Luftstrom verblasen, bis auf der Oberfläche ein glänzender Film entstanden ist, der sich im Luftstrom nicht mehr bewegt
Komplexität erheblich reduziert
Auf den ersten Blick erscheint die adhäsive Befestigung indirekter Restaurationen komplex, unter anderem weil zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen und Entscheidungen zu treffen sind. Der Einsatz eines universellen Befestigungssystems liefert diesbezüglich wertvolle Unterstützung, da er eine weitgehende Standardisierung der klinischen Abläufe ermöglicht. Durch den Wegfall mehrerer Komponenten wird der Prozess gleichzeitig übersichtlicher, und es fällt leichter, die relevanten Entscheidungen zu fällen sowie wichtige Unterschiede, beispielsweise bei der Vorbehandlung, im Auge zu behalten.
Die vorgestellten Empfehlungen hinsichtlich des Einsatzes von RelyX Universal Befestigungskomposit im selbstadhäsiven oder adhäsiven Modus können als Orientierung dienen für die Etablierung eigener standardisierter Prozesse. Grundsätzlich ist es möglich, nach dem Prinzip Hosenträger und Gürtel stets den adhäsiven Modus zu wählen. Wer jedoch effizient und gleichzeitig sicher vorgehen möchte, ist mit dem vorgestellten Konzept gut beraten. Inwiefern das Applikationssystem der beiden Komponenten zur Optimierung der Prozesse beitragen kann, wird im vierten und letzten Teil der Serie beschrieben.
Sigrun Ratzer, Seefeld
(wird fortgesetzt)
Hier geht's zu Teil 2
Literatur
[1] Kern M, Beuer F, Frankenberger R, Kohal RJ, Kunzelmann KH, Mehl A, Pospiech P, Reis B. Vollkeramik auf einen Blick. Leitfaden zur Indikation, Werkstoffauswahl, Vorbereitung und Eingliederung von vollkeramischen Restaurationen. Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde. 6. Auflage, Mai 2015.
[2] Edelhoff D, Sorensen JA. Tooth structure removal associated with various preparation designs for posterior teeth. Int J Periodontics Restorative Dent. 2002 Jun;22(3):241-9.
[3] Kern M, Passia N, Sasse M, Yazigi C. Ten-year outcome of zirconia ceramic cantilever resin-bonded fixed dental prostheses and the influence of the reasons for missing incisors.
J Dent. 2017 Oct;65:51-55.