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Weniger Papierkram, mehr Medizin

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Man muss kein Mathematiker sein, um angesichts der aktuellen und noch mehr der sich in den kommenden Jahren abzeichnenden Situation des Gesundheitswesens und seiner „Leistungserbringer“ Gänsehaut zu bekommen. Und dabei macht es kaum einen Unterschied, ob man Ärzte und Fachärzte, Zahnärzte oder den Krankenhausbereich betrachtet. Einen zeitnahen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, setzt Geduld voraus, wenn es sich nicht gerade um einen Notfall ­handelt. Im Vergleich zu den Wartezeiten für einen Termin bei einem Facharzt glänzen die Zahnarztpraxen in Deutschland geradezu mit Schnelligkeit – zumindest heute noch.

Ausdünnung der Versorgungslandschaft

Das kann sich allerdings schneller ­ändern, als man es für möglich hält, denn die Zahl der niedergelassenen Zahnärzte schrumpft weiter. Laut Kassenzahnärzt­licher Bundesvereinigung nahm die Zahl der Vertragszahnärzte allein im Jahr 2023 um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf nur noch knapp über 44.000 ab.

Ursachen für diese schleichende Ausdünnung der Versorgungslandschaft macht beispielsweise die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen nicht mehr ­allein am hohen Altersdurchschnitt der Behandler fest, ­sondern sieht vor allem in den sich verschlechternden Rahmenbedingungen wie zunehmenden Bürokratielasten, einer immer kritischer werdenden Kostenbelastung, dem erheblichen Fachkräftemangel und nicht zuletzt der „willkürlichen Sparpolitik“ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Gründe für eine schwindende Niederlassungsbereitschaft. Schon heute finde nur noch jede dritte oder gar vierte Praxis in Sachsen einen Nachfolger.

Benz kritisiert Verteilungsmangel

Die beispielhafte Dramatik dieser Entwicklung in Sachsen lässt sich allerdings nicht auf ganz Deutschland übertragen, auch wenn die Betrachtung einzelner ­Regionen und Planungsbereiche sehr wohl dringenden Handlungsbedarf aufzeigt. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer, macht, auf Deutschland im Ganzen bezogen, weniger einen „Mangel an Köpfen“, sondern vielmehr ­einen „Verteilungsmangel“ aus. Ein Blick auf die „Zahnärztedichte und Zahl der Vertragszahnärzte“ aus dem „KZBV Jahrbuch 2023“ bestätigt diese Auffassung. Demnach hat sich die Zahnarztdichte, die ­zwischen 2013 und 2021 konstant bei 0,87 lag, 2022 auf 0,86 Zahnärzte je tausend Einwohner verringert (zum Vergleich: im Jahr 2000 lag sie bei 0,77). Durchschnittswerte verstellen allerdings den Blick auf gravierende regionale ­Unterschiede, zum Beispiel zwischen Stadt (in Berlin kommen 871 Patienten auf einen Zahnarzt) und Land (im Saarland kommen 1.428 Patienten auf einen Zahnarzt).

Auch wenn sich die Zahnärztedichte „nur“ um einen vergleichsweise kleinen Wert nach unten entwickelt hat, könnte dies nach Jahren konstanter Werte erstes Zeichen für einen Wendepunkt sein. Dafür spricht einerseits die Altersstruktur der Zahnärzteschaft und andererseits die absehbare Ruhestandswelle der geburtenstarken Jahrgänge.

Niederlassung muss wieder attraktiver werden

Werden die Zahlen der Studienabsolventen plus die Zahl der aus dem Ausland nach Deutschland kommenden Zahnärzte ausreichen, um den in den kommenden Jahren absehbaren Bedarf auszugleichen? Falls ja, bleibt immer noch das „Problem der Verteilung“. Die Niederlassung muss wieder attraktiver werden. Dazu braucht es politischen ­Gestaltungswillen, finanzielle Mittel und verlässliche Rahmenbedingungen statt Verunsicherung und ständig wachsende Erschwernisse. 

Deutschland reguliert sich zu Tode und steht sich damit zunehmend selbst im Weg, auch und gerade im ­Gesundheitswesen. Weniger Bürokratie bedeutet mehr Zeit für den Patienten. Kaum auszumalen, wie ein auf das absolut Nötigste reduzierter „Praxisverwaltungskram“ die Produktivität am Patienten steigern könnte. Dann verliert selbst eine sinkende Zahnarztdichte ihren Schrecken.

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