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Widerspruch und Widersprüchlichkeit

Ein moralisches Rührstück in fünf Akten

Ein moralisches Rührstück in fünf Akten

Wo Wunsch und Wirklichkeit sich nicht treffen: In der Hauptrolle Dr. Peter Matovinovic, gewählter Vorstandsvorsitzender der KZV Rheinland Pfalz (RLP). In weiteren Rollen zu lesen und zu hören: verschiedene Standespolitiker und -vertreter.

Was ist passiert? Matovinovic hat mit seinen Kollegen die gemeinsame BAG verkauft – an einen Investor. In den Vertreterversammlungen (VV) der KZBV wurden 2018 einstimmige Beschlüsse gefasst, die den Gesetzgeber aufforderten, die Gründung von MVZ im vertragszahnärztlichen Bereich durch Fremdinvestoren und Fremdkapitalgeber zu unterbinden. Matovinovic hat da zugestimmt – das ist widersprüchlich.

Akt 1: Am 4. Februar 2019 wird die MVZ Colosseum VI GmbH in das Handelsregister des Amtsgerichts Kaiserslautern eingetragen. „Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung und der Betrieb eines oder mehrerer Medizinischer Versorgungszentren (MVZ).“ Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der GmbH ist Cornelia Steinmeier – ihres Zeichens auch Director HR & Legal bei Colosseum Dental. Am 26. April 2019 erfolgt die Umbenennung in „Dres. Mrochen & Kollegen MVZ GmbH“. Am 6. Juni 2019 wird der Zahnarzt Jiri Valdmann zum neuen Geschäftsführer bestellt. Die bisherige Geschäftsführerin erhält die Gesamtprokura – wie zwei weitere Colosseum-Kollegen sie haben. Sie können damit im gesamten Geschäftsverkehr eigene Entscheidungen treffen. Colosseum stand der dzw nicht für ein Interview zur Verfügung.  

Akt 2: Am 16. Juli 2019 macht ein Brief die Runde. Er stammt von Matovinovic. Der Brief mit KZV-RLP-Briefkopf geht an alle rund 2.500 Vertragszahnärzte in Rheinland-Pfalz. Matovinovic erklärt sich hier: Anfang Mai habe er den KZBV-Vorstand informiert, Ende Mai die VV der KZV-RLP. Der KZBV-Vorstand habe ihn, so heißt es im Brief,  zur Niederlegung seiner Ämter aufgefordert, was Matovinovic „entschieden zurückweist“.
Seit 2016 suchten zwei seiner Kollegen bereits aus Altersgründen Nachfolger – ohne Erfolg. Ab 2017 suchte Matovinovic ebenfalls – erfolglos. Dann traten Investoren auf den Plan, und im März 2019 waren – so Matovinovic – die Verhandlungen mit Colosseum abgeschlossen. Er erläutert seine Beweggründe, die wichtiger seien als seine „professionspolitisch kritische Haltung gegenüber solchen Abschlüssen“. Die Sicherung der zahnärztlichen Versorgung in Kaiserslautern, das Patientenwohl und die Verantwortung für die 18 Mitarbeiter hätten den Ausschlag für den Verkauf an einen Investor gegeben.
Von Geld ist nicht die Rede, dabei ist ein Zahnarzt doch auch Unternehmer.

Akt 3: Das TSVG tritt am 11. Mai 2019 in Kraft.

Akt 4: Auf der VV der KZBV am 25. und 26. Juni 2019 wurde im nichtöffentlichen Teil folgender Beschluss gefasst: „Die Vertreterversammlung fordert daher alle Vertreter des KZV-Systems dringend auf, auch persönlich gemäß den Beschlüssen der Vertreterversammlung zu handeln. Ein Verkauf der Praxis an einen Fremdinvestor und/oder eine Angestelltentätigkeit in einem fremdinvestorengesteuerten MVZ ist nach Auffassung der Vertreterversammlung daher mit dem Amt eines KZV-Vorstandsmitglieds unvereinbar!“  
Fremdinvestoren im Gesundheitsbereich kritisch zu beäugen, ist sinnvoll und notwendig. Es war aber wohl ein strategischer Fehler der Standespolitik, mit moralischer Überhöhung „der gute Mensch Zahnarzt hier und der kinderfressende Investor dort“ zu argumentieren. Wir realitätsfern die Annahme war, früher war alles besser, und so soll es bleiben, zeigt die Causa Matovinovic. Die zahnärztlichen Praxisstrukturen entwickeln sich hin zu größeren Einheiten, die eben je nach Lage schwer verkäuflich sind – ohne Fremdkapital.
Unternehmerisch verständlich mag der Verkauf seiner BAG-Anteile an Colosseum Dental sein, es bleibt die Frage, warum Matovinovic dann nach den Vorgaben des KZBV-Vorstands abgestimmt hat. Das ist widersprüchlich. Diese Diskrepanz aus Abstimmungsverhalten und eigenem Handeln werfen ihm nun einige vor.
Die dzw hat ihn und den Vorstandsvorsitzenden der KZBV befragt.

Akt 5 lesen Sie hier (Dr. Peter Matovinocvic), hier (Dr. Wolfgang Eßer) und hier (Kommentar dzw-Chefredakteur Oliver Pick) oder in der dzw-Ausgabe 37/2019.