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„Wir entsorgen alles“

Zähne in der Aufbereitung bei enretec

Eine Mitarbeiterin sortiert und bereitet die gesammelten Zähne auf. Sie werden Universitäten und Forschungszentren zur Verfügung gestellt.

Martin Dietrich ist Geschäftsführer der enretec GmbH, eines zertifizierten Entsorgungsfachbetriebs für Abfälle aus der Dentalmedizin in Velten bei Berlin. Das Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 35-jähriges Bestehen. Seit Gründung des Unternehmens hat sich einiges getan. Neben einem 24-Stunden-Abholservice der Abfälle und dem Anspruch, so umweltfreundlich wie möglich zu arbeiten, steht seit einigen Jahren verstärkt die Beratung des Praxispersonals im Fokus. Doch worauf kommt es letztlich an, damit die Entsorgung der in der Zahnarztpraxis anfallenden Abfälle auch sicher und rechtskonform gelingt? Das beantwortete Martin Dietrich dzw-Redakteurin Evelyn Stolberg im Interview.

Herr Dietrich, was sind die typischen oder häufigsten Fehler, die in Zahnarztpraxen bei der Abfallentsorgung vorkommen?
Martin Dietrich:
Uns stellt die Abfalltrennung vor die größte Herausforderung. Einige Praxen haben nicht für jeden Abfall den richtigen Behälter, wodurch – oft aus Unwissenheit – Abfälle vermischt werden und eine Verwertung der Rohstoffe erheblich erschwert wird. Den wenigsten Zahnarztpraxen ist bewusst, dass die meisten Abfälle per Hand sortiert werden müssen, um eine nachhaltige Verwertung zu ermöglichen. Da können beispielsweise „Fehlwürfe“ wie Kanülen in Behältern für Amalgamreste oder für extrahierte Zähne bei der Abfallbehandlung böse enden. Diese Fälle gilt es zu verhindern. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit der Haranni Academie für das bevorstehende Hygiene-Forum eine anschauliche Entsorgungskarte entwickelt. Mit dieser Übersicht möchten wir dem Praxispersonal vereinfacht aufzeigen, wohin der jeweilige Abfall gehört und was später mit ihm passiert.

Sie sammeln auch extrahierte Zähne. Kann man die nicht „einfach so“ entsorgen?
Dietrich:
Grundsätzlich schon. Sofern sie kein Amalgam enthalten, ist das unproblematisch. Aber wir stellen den Praxen kostenfreie Behälter zur Sammlung der extrahierten Zähne zur Verfügung. Das wissen leider die wenigsten Praxen, weshalb viele Zähne letztlich im normalen Praxismüll landen. Aber jeder, der sich an das eigene Zahnmedizin-Studium zurückerinnert, weiß vielleicht noch, wie händeringend Zähne für praktische Übungen gebraucht wurden. Das ist heute nicht anders. Deshalb haben wir sogar eine Mitarbeiterin, die an fünf Tagen in der Woche nichts anderes macht, als die gesammelten Zähne zu sortieren und aufzubereiten, damit wir sie Universitäten und Forschungszentren zur Verfügung stellen können. Zähne mit Amalgamfüllungen oder anderen Defekten entsorgen wir natürlich fachgerecht.

Wodurch unterscheidet sich die enretec GmbH von anderen Dentalabfall-Entsorgern?
Dietrich:
Wir entsorgen grundsätzlich alles, was in einer Zahnarztpraxis an Abfall anfällt: die normalen Dentalabfälle wie Amalgam, Röntgenflüssigkeiten, Spritzen etc., aber auch gefährliche Chemikalien und insbesondere Elektroaltgeräte wie beispielsweise Behandlungseinheiten oder OPGs. Das macht in dieser Branche aktuell kein zweiter in Deutschland. Zudem sind wir schnell und flexibel. Im Gegensatz zu anderen Anbietern erfolgt die Entsorgung mit uns nur nach Bedarf und nicht zu festgelegten Intervallen.  Die Praxen geben dadurch nicht überfüllte oder nur halb volle Behälter ab. Im Jahr 2005 haben wir zusammen mit den Dentalfachhändlern überlegt, wie man das System auch unter Umweltaspekten verbessern könnte. Das Ergebnis ist unser 24-Stunden-Rücknahmemodell, das es uns ermöglicht, Dentalabfälle immer bedarfsgerecht und zeitnah abzuholen.

Wie funktioniert die 24-Stunden-Rücknahme?
Dietrich:
Die Praxen haben grundlegend die Möglichkeit, uns per Telefon, Fax oder E-Mail zu kontaktieren. Erfolgt die Auftragserteilung bis 14 Uhr, können wir mit unserem Transportdienstleister schon am nächsten Tag vor Ort die vollen Abfallbehälter gegen neue austauschen. Sobald der Abfall bei uns eingeht, erhält die Praxis selbstverständlich den benötigten Nachweis über die fachgerechte Entsorgung der Abfälle.

Spritzenbehälter

Gebrauchte Spritzen dürfen aus Sicherheitsgründen natürlich nicht offen gelagert werden. Die Behälter der enretec GmbH haben deshalb Deckel, die man nach dem Verschließen nicht mehr öffnen kann.

Was hat die richtige Abfallentsorgung mit Hygiene zu tun?
Dietrich:
Sehr viel. Amalgam ist unter anderem geruchsauffällig. Wenn es lange in Behältern zwischengelagert wird, kann es vorkommen, dass in der Praxis unangenehme Gerüche entstehen. Die meist kleinen Lagerräume sind dafür ohnehin nicht ausgelegt. Auch andere Bakterien vermehren sich natürlich im Abfall. Durch unseren schnellen Abholservice und vor allem auch unsere sicheren Behälter sorgen wir dafür, dass sich die Praxen mit solchen Themen nicht herumärgern müssen. Und das vor allem bei den scharfen und spitzen Gegenständen, denn pro Jahr kommt es in Deutschland zu schätzungsweise 500.000 Verletzungen durch Nadelstiche.

Haben Sie auch deshalb ihr stichsicheres Konzept für Zahnarztpraxen entwickelt?
Dietrich:
Absolut, ja. Wir verstehen uns nicht nur als Entsorger, sondern auch als Aufklärer. Unsere Mitarbeiter fragen die Praxen immer, ob und welche Behälter benötigt werden. Es kommt zum Beispiel vor, dass uns mitgeteilt wird, dass keine Behälter für scharfe und spitze Gegenstände gebraucht werden, da die Spritzen in leere Desinfektionskanister gefüllt und dann eingegipst werden. In diesem Fall weisen wir – auch das gehört zu unserem Service – auf die 2013 aktualisierte Biostoffverordnung hin, die genau das nicht mehr erlaubt. Bei einigen Praxen ist diese Information aber noch nicht angekommen. Richtig macht man grundsätzlich alles, wenn man zum Beispiel in jedem Behandlungsraum einen Behälter für scharfe und spitze Gegenstände hat. Spritzenbehälter dürfen generell nicht umgefüllt werden, weil das Unfallrisiko zu hoch ist. Regionsbedingt ist es sogar zulässig, Spritzenbehälter über den Hausmüll zu entsorgen. Jedoch muss hier die Tonne abschließbar und nicht  zugänglich für Dritte sein, damit sich niemand versehentlich verletzen kann. Denn der Zahnarzt ist bis zur endgültigen Verwertung oder Vernichtung verantwortlich für seinen Abfall. Unsere Spritzenbehälter haben deshalb einen Deckel, der – nachdem er richtig verschlossen wurde – nicht mehr aufgeht. Das garantiert maximale Sicherheit. Wir als Entsorger dürfen beispielsweise die Spritzenbehälter auch nicht mehr öffnen, sonst könnten sich im schlimmsten Fall unsere Mitarbeiter verletzen. Spritzenbehälter kommen deshalb bei uns direkt in den Container zur energetischen Verwertung. Speziell für den Umgang mit diesem Abfall haben wir eigens eine Informationsbroschüre für Praxen erstellt. Sie soll zusätzlich für mehr Sicherheit sorgen.

Entsorgungskarte

Gemeinsam mit der Haranni Academie hat die enretec GmbH eine Entsorgungskarte entwickelt. Sie bietet Praxen auf einen Blick Hinweise, wie man nicht nur richtig, sondern auch umweltgerecht entsorgen kann.

Welche Fragen hören Sie am häufigsten?
Dietrich:
Dadurch, dass sich die Gesetzgebung in den vergangenen Jahren verschärft hat, möchten sich die Zahnärzte natürlich grundsätzlich absichern und umfassend informieren, gerade auch vor Praxisbegehungen. Hier geht es insbesondere um die Sammlung und Entsorgung der scharfen und spitzen Gegenstände und um die Aufbewahrung von Belegen für die gesetzeskonforme Entsorgung von nachweispflichtigem Abfall. Mein Tipp: Die Entsorgungsbelege für gefährliche Abfälle, wie etwa für das Amalgam, sollte man für mindestens fünf Jahre in der Praxis behalten. Dies wird meistens auch bei einer Praxisbegehung überprüft.

Wie sieht Ihre Kooperation mit der Haranni Academie in Herne aus?
Dietrich:
Wir möchten gemeinsam mit der Haranni Academie Ärzte und Praxismitarbeiter erreichen, die Fragen zum Thema Hygiene haben und sich generell zum Thema Entsorgung informieren möchten. Ihnen wollen wir Rede und Antwort stehen. Viele Praxen kennen zum Beispiel einige wichtige Neuerungen nicht, die in den vergangenen Jahren durch Gesetzesänderungen entstanden sind. Eine ZFA, die in der Haranni Academie an einer Schulung mit unseren Mitarbeitern teilnimmt, kann dieses Wissen direkt an das gesamte Praxisteam weitergeben. Das nimmt dem Zahnarzt Arbeit ab und schützt ihn, weil letztlich er für Verstöße und Unfälle haftet, auch für die seiner Angestellten. Mit der gemeinsam entwickelten Entsorgungskarte bieten wir außerdem allen Praxen auf einen Blick Hinweise, wie man nicht nur richtig, sondern auch umweltgerecht entsorgen kann.

Martin Dietrich

Martin Dietrich ist Geschäftsführer der enretec GmbH, eines zertifizierten Entsorgungsfachbetriebs für Abfälle aus der Dentalmedizin in Velten bei Berlin.

Sie schreiben sich auf die Fahne, ein umweltfreundlicher Entsorger zu sein. Fällt Ihnen noch ein konkretes Beispiel ein?
Dietrich:
Ja, auf jeden Fall. Aus gebrauchten Röntgenflüssigkeiten kann man über ein aufwendiges Verfahren ein neues Produkt herstellen, das bei der Zementherstellung gefährliche Stoffe herausfiltert. Allein bei uns fallen jährlich mehrere 100 Tonnen Röntgenflüssigkeiten an, die auf diese Weise sinnvoll weiterverwendet werden können. Eine grüne Entsorgung bezieht sich bei der enretec GmbH aber nicht nur auf die Verwertung, die wir nach Möglichkeit immer vornehmen, selbst wenn das mit höheren Kosten verbunden ist. Mit unserem Fachhandelskonzept optimieren wir auch unsere Logistik und erzeugen deutlich weniger Klimagase: 2017 betrug der CO2-Ausstoß pro Sendung bei der Logistik im Fachhandelskonzept nur zehn Prozent des CO2-Ausstoßes gegenüber der Logistik mit einem eigenen Fuhrpark.

www.enretec.de


Beim 4. Hygiene-Forum der Haranni Academie in Herne geht es auch um das Thema „Wohin mit dem Praxisabfall“. Referenten der enretec GmbH stehen den Teilnehmern Rede und Antwort.
Termin: 04.05.2019
Ort: Haranni Academie,Herne
Zeit: 9.00 bis 17.00 Uhr
Weitere Informationen und Anmeldung unter Telefon 02323 9468-333 oder unter https://haranni-academie.de/produkt/dzw-hygiene-forum/