Die Häufigkeit von Zahnbehandlungen ist bei Erwachsenen sehr ungleich verteilt. Das geht aus dem aktuellen Zahnreport der Barmer hervor. Demnach werden bei den oberen zehn Prozent der erwachsenen Versicherten zwischen 25 und 74 Jahren zum Teil sehr viele Füllungen gelegt. Bei einer durchschnittlichen Patientin oder einem durchschnittlichen Patienten dieser Gruppe waren es innerhalb von zehn Jahren beispielsweise etwa 18 Füllungen. Im obersten Prozent waren es sogar 35 Füllungen.
„Der Zahnreport zeigt auf, dass die individuelle Mundgesundheit in Deutschland im Langzeitverlauf sehr heterogen ist. Denn die obersten zehn Prozent der Versicherten weisen einen hohen zahnmedizinischen Therapiebedarf auf. Damit Prävention und Prophylaxe dort wirken können, müssen diese an den individuellen Bedarf angepasst sein“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. med. Christoph Straub.
Zwar sei die Mundgesundheit der Menschen in Summe gut, zugleich aber sollten die Verbesserungspotenziale in der Vorsorge für die etwa zehn Prozent der Patienten mit der höchsten Krankheitslast und einem kontinuierlichen Therapiebedarf stärker ausgeschöpft werden. Das könne zahnärztliche Eingriffe vermeiden und zugleich den Wirtschaftlichkeitsaspekt in der Versorgung stärken.
Zahnersatz und Bildung hängen zusammen
Dem Zahnreport zufolge besteht ein Zusammenhang zwischen Bildungsstand und der besonders häufigen Versorgung mit Zahnersatz. Je höher der Ausbildungsgrad der Betroffenen, desto seltener benötigen sie viel Zahnersatz. So gibt es unter Versicherten mit Diplom oder Magister-Abschluss im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt rund 35 Prozent weniger Personen mit hoher Inanspruchnahme von Zahnersatz. Das weist auf deutlich weniger ausgeprägte Gebissschäden hin. „Der Zahnreport belegt eindrücklich, dass solche Faktoren bei der Analyse und Planung prophylaktischer und therapeutischer Leistungen berücksichtigt werden sollten“, sagte Barmer-Chef Straub.
Prävention auf Gruppen mit hohem Therapiebedarf fokussieren
Wie aus dem Zahnreport hervorgeht, haben einige Versichertengruppen etwa bei Zahnersatz und Kronen einen hohen Therapiebedarf und verursachen somit einen erheblichen Teil der Kosten. Dazu zählen zum Beispiel etwa 84.000 Versicherte in der Alterskohorte von 65 bis 74 Jahren, bei denen in zehn Jahren durchschnittlich Ausgaben für die Kasse von etwa 2.500 Euro anfallen.
In den zahnmedizinischen Verläufen zeigt sich auch, dass die Ausgaben für Zahnersatz und Kronen mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnen. So benötigten in der Alterskohorte der 45- bis 54-Jährigen über zehn Jahre mehr als 60 Prozent der Versicherten Zahnersatz. Bei den 65- bis 74-Jährigen wurde bei mehr als 75 Prozent der Versicherten Zahnersatz eingegliedert.
Eigenverantwortliche Mundhygiene als Ziel von Prävention
Der Zahnreport kommt zu dem Ergebnis, dass die individuellen Zehnjahresverläufe insgesamt auf eine vergleichsweise stabile Mundgesundheit bei vielen Versicherten hindeuten. Ein Teil der Menschen werde von präventiven Maßnahmen und nachhaltiger Versorgung jedoch offensichtlich noch nicht erreicht.
„Um den hohen und kontinuierlichen Therapiebedarf bei Patienten mit hoher Krankheitslast zu verringern, ist ein weiter verbesserter Zugang zu professionellen Mundhygieneunterweisungen wünschenswert, insbesondere bei Erwachsenen“, sagte Prof. Dr. Michael Walter von der Technischen Universität Dresden, Autor des Barmer-Zahnreports. Das übergeordnete Ziel von Prävention in der Versorgung müsse die Aufklärung und Anleitung zu einer eigenverantwortlichen und effektiven Mundhygiene sein, die dann von möglichst vielen Menschen ein Leben lang gründlich betrieben werde.
Deutliche Ost-West-Unterschiede
Im Barmer-Zahnreport haben die Autoren neben soziodemografischen Faktoren auch regionale Unterschiede bei der Betrachtung von Versicherten einbezogen, die eine zahnärztliche Therapie besonders viel oder besonders wenig in Anspruch genommen haben. Dabei zeigt sich, dass in Abhängigkeit von Alter und Region die Mundgesundheit mitunter sehr unterschiedlich ist. So gibt es einen deutlichen Ost-West-Unterschied. Der Anteil der Versicherten, die häufig Füllungen benötigten, liegt in den ostdeutschen Flächenländern um 42 Prozent über dem Bundesschnitt. Beispielsweise liegt dieser Anteil im thüringischen Suhl über alle Altersgruppen ganze 70 Prozent über dem Bundesschnitt.
Die festgestellten Unterschiede in der Versorgung in Ost und West deuten darauf hin, dass in den ostdeutschen Bundesländern eine konservierende Zahnmedizin gegenüber einer stärker auf Zahnersatz ausgerichteten Versorgung im Westen überwiegen könnte.
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