Bitte verschonen Sie Ihre Patienten mit Buchstabensuppe und Medizinerlatein. Wie Sie den Patienten am Telefon richtig ansprechen, sodass sich dieser gut aufgehoben fühlt und gerne wiederkommt, lesen Sie hier.
Sorgen Sie für Erreichbarkeit
„Sie rufen außerhalb unserer Sprechzeiten an, diese sind montags von 10 bis 10.30 Uhr …“ – das will kein Anrufer hören. Sorgen Sie für Erreichbarkeit zu üblichen Telefonzeiten. Für beruflich Eingespannte können Sie einen oder zwei Tage in der Woche einrichten, in denen auch länger jemand ans Telefon geht. Führungskräfte und leitende Angestellte freuen sich, wenn sie bis 19 Uhr anrufen können. „Niemand kann ständig und immer ans Telefon gehen“, schränkt Rhetoriktrainer Peter Flume ein. Er rät dazu, mindestens einen Anrufbeantworter für Rückrufe zu besprechen oder einen Onlineservice anzubieten, bei dem man über das Netz einen Termin vereinbaren kann.
Die Stimme einsetzen
Ob Sie am Fernsprechapparat mit tiefer sonorer Stimme auftreten, mit Telefonistinnenstimme flöten oder schwer verständlich vor sich hin nuscheln, sagt etwas über Ihre Motivation und Intention aus. Den ersten Eindruck, den Sie am Telefon vermitteln, macht die Stimme aus. Sympathisch oder unsympathisch, kooperativ sein oder dicht machen. Letzteres passiert vor allem dann, wenn der Körper zu sehr angespannt, der Nacken steif und die Haltung schlecht ist. Menschen, die sich auf ein wichtiges Telefongespräch vorbereiten, rät Flume, sich bewusst zu entspannen, tief durchzuatmen und eine gerade Haltung einzunehmen. „Das Gegenüber hört es, wenn Sie unausgeglichen sind oder in Schildkrötenhaltung am PC sitzen.“ Außerdem: „Sind Stimme und Körper locker, fließt der Inhalt auch besser.“
Erklären Sie, was Sie tun (werden)
„Es reicht nicht, den Patienten zu einem bestimmten Termin einzubestellen“, erklärt Sprechtrainer Flume. Wichtig ist auch, zu erklären, wofür. „Kommen Sie doch am Donnerstag zwischen acht und zehn Uhr vorbei, damit wir Ihnen Blut abnehmen können. Dieses benötigen wir, um festzustellen, ob Sie Allergien haben.“ Abkürzungen, Medizinerlatein oder Fachsprache sind im Patientengespräch tabu. Drücken Sie sich verständlich aus, aber sprechen Sie nicht mit dem Gegenüber, als sei es blöd. „Tatsächlich bedarf es Fingerspitzengefühl und Erfahrung, um hier die richtige Mitte zu änden“, glaubt Flume.
Geduldig bleiben
Gefühlt fragt jeder Patient das Gleiche. Warum gibt es keinen früheren Termin? Kann ich auch am Nachmittag kommen? Muss ich nüchtern sein? Das nervt. Der Patient möchte es aber trotzdem wissen und er fragt Sie das vielleicht sogar zum ersten Mal. „Es ist Ihr Job am Telefon, Fragen geduldig zu beantworten. Atmen Sie dabei ruhig ein und aus und legen Sie ein Lächeln ihn Ihre Stimme“, sagt der Rhetoriker. Wenn Sie hektisch und ungeduldig reagieren, fühlt sich der Gesprächspartner abgewimmelt. Als besonderen Service fragen Sie am Ende des Telefonats, ob es weitere Fragen gibt oder Sie sonst noch etwas tun können.
Beschwerden ernst nehmen
Mitarbeiter am Telefon sind oft die erste Adresse für Beschwerden. „Entscheidend ist, wie eine Praxis mit Fehlern oder Missverständnissen umgeht. Ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht – Ihr Patient ist zunächst verärgert und möchte gehört werden. Denn neben dem sachlichen Problem ist zusätzlich die Beziehungsebene gestört“, erläutert Flume. Er glaubt, dass Zahnarztpraxen, die negatives Feedback verantwortlich behandeln, insgesamt zufriedenere Patienten haben. Auch von Vorteil: „Bauen Sie eine Struktur auf, mit der Beschwerden systematisch abgearbeitet werden. Zum Beispiel, indem negatives Feedback gesammelt und dokumentiert wird“, schlägt der Kommunikationsprofi vor. In regelmäßigen Meetings wird besprochen, wie man Missstände beheben kann. Vor allem, wenn sich Beschwerden zu einem bestimmten Thema häufen, sollte man schnell Abhilfe schaffen.
Wertschätzend kommunizieren
Eine wertschätzende Kommunikation gibt dem Gegenüber Raum, selbst zu entscheiden und bewegt sich auf Augenhöhe. Faustformel fürs wertschätzende Patientengespräch am Telefon: fragen, zuhören, anerkennen. Um diagnostische oder behandlungstechnische Erfolge zu erzielen, sind Sie auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen. Um tatsächlich die Unterstützung des anderen zu erhalten, empfiehlt sich folgendes Muster:
• Freundlich ins Gespräch einsteigen, sich selbst nicht über den anderen stellen. Auch wenn Sie eine umfangreiche Ausbildung haben und ein Pro¨ in Ihrem Job sind: Der Patient ist ebenfalls ein Experte in seinem Gebiet.
• Dem anderen die Chance geben, eigene Vorschläge bei der Behandlung oder Organisation einzubringen oder zumindest Fragen zu stellen. Statt übergriffig nach Schema F vorzugehen: fragen oder bitten: „Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Heilungsprozess zu unterstützen?“
Kompetenz ausstrahlen
Fragen Sie den Patienten nicht nach Untersuchungsergebnissen, die Sie selbst vorliegen haben. Auch wenn es menschlich ist, unter Zeitdruck gleich loszulegen: Werfen Sie einen Blick in die Patientenakte, während Sie mit dem Menschen sprechen. Gerade am Telefon ist das kein Problem. Lassen Sie sich das Geburtsdatum nennen und rufen Sie die Akte parallel rasch auf. Wenn dann Fragen zur Behandlung kommen, können Sie diese souverän beantworten oder auf den nächsten Termin verweisen.
Konflikte lösen
Aus Ablaufgründen musste ein Termin verschoben werden. Der Patient ist verärgert, dass er darüber nur über den Anrufbeantworter informiert wurde. Lieber wäre er in die Termingründung involviert gewesen. Manchmal lassen sich Konflikte nicht vermeiden, da ist es verständlich, verärgert zu sein. Das Wichtigste zuerst: Fahnden Sie nicht lange nach dem Schuldigen, im Praxisalltag passieren auch mal kleinere Fehler. Sondern suchen Sie sofort und unbürokratisch nach der besten Lösung für alle Parteien, insbesondere für den Patienten. Wenn Sie anschließend das Thema mit dem Patienten noch einmal aufarbeiten wollen, empfiehlt Flume: „Machen Sie Ihre Meinung deutlich, aber schildern Sie Ihre Eindrücke an konkreten Beispielen. Formulieren Sie Ich-Botschaften und sammeln Sie sachliche Argumente. Werden Sie auch innerhalb des Gesprächs nicht emotional.“
Hendrik Stüwe, Schorndorf