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EBZ: „Derzeit einzige sinnhafte digitale Anwendung“

Seit dem 1. Juli 2022 ist DAS digitale Leuchtturmprojekt – das „Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren – Zahnärzte“ (EBZ) – in der Einführungs­pha­se. Pünktlich zu Neujahr 2023 wird es nun für alle Zahnarztpraxen verpflichtend eingeführt. Endlich zeigt sich die TI im zahnärztlichen Bereich von einer guten Seite.

Exklusiv: Fragen zum EBZ an Martin Hendges und seine Antworten

Die elektronische Genehmigung der Heil- Und Kostenpläne erfolgt zum Teil rasant. Stefan Mühr, Geschäftsführer und Leiter Vertrieb bei Teemer, berichtet von einem genehmigten HKP innerhalb von sieben Minuten. Das ist eine Ansage und wird sehr vielen Zahnarztpraxen und ihren Patienten den Alltag deutlich vereinfachen.

Aber nicht alle Praxen werden jubeln. TI-skep­tische Praxen, Praxen, die noch kein KIM nutzen, und Praxen mit PVS, die keine EBZ-Module anbieten, starten mit einem gra­vierenden Problem in das neue Jahr. Auch kommen auf viele Praxen erst einmal Investitionskosten zu. Die Vertragspartner haben im Bundesmantelvertrag-Zahnärz­te zwar eine Pauschale von insgesamt 900 Euro für die EBZ-Module vereinbart, aber ei­nige große Hersteller wie CGM oder Solutio rufen deutlich höhere Lizenzgebühren auf.

Dampsoft bietet seit dem 1. Juli 2022 und bis zum 31. März 2023 ihre EBZ-Module für ihre Nutzer erst einmal zum Kennenler­nen ohne Gebühr an. Danach wird die Lizenz­gebühr nach eigenen Angaben unterhalb der Pauschale bleiben. Dafür wird die monatliche Pflegege­bühr entsprechend angepasst. Für Kunden von Teemer fallen für die Nutzung der EBZ-Module gar keine zu­sätzlichen Kosten an.

Zum Leuchtturmprojekt EBZ und ob nicht auch Leuchttürme Schatten werfen kön­nen, hat die dzw Martin Hendges, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, befragt.

Ein Bild, das einen Brille tragenden, lächelnden Mann in dunkelblauen Anzug zeigt. Im Hintergrund ist eine helle Wand vielfachem Schriftzug KZBV zu sehen.

Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV

Das EBZ ist ab 1. Januar 2023 ver­pflichtend. War die Übergangsphase für Praxen ausreichend?

Martin Hendges: Im Gegensatz zu ande­ren digitalen Anwendungen haben die Bundesmantelvertragspartner für das von ihnen entwickelte elektronische Antragsverfahren von Beginn an auf ein hinreichendes Testverfahren einschließlich einer ausführlichen Pilotierung des Projekts gesetzt. Dieses Vorgehen war genau richtig und hat sich bewährt, wie die erfolgreiche Einführung es EBZ gezeigt hat. Wichtig war uns als KZBV und den weiteren Beteiligten, dass das Verfahren in den Praxen möglichst von Beginn an gut läuft. Für die weitere Akzeptanz solcher neuen Verfahren ist das mitentscheidend und somit von grundlegender Bedeutung. Auch Ärzte und das Bundgesundheitsministerium beobachten intensiv die bis­herige Umsetzung durch die Zahnärzteschaft – in einem sehr positiven Sinn. Wir haben hier ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie gute Digitalisierung geht.

Vor diesem Hintergrund war im zweiten Halbjahr 2022 überdies ein sukzessives Ausrollverfahren vorgesehen, damit die Support-Kapazitäten der PVS-Hersteller für ihre Kunden optimal genutzt werden können. Das organisierte Ausrollverfahren soll dazu beitragen, dass PVS-Hersteller den Zahnarztpraxen individuelle Betreuungs- und Schulungsmöglichkeiten anbieten sowie ein Anschlussdatum an das EBZ-Verfahren mit­teilen können, nachdem die Praxis die für die relevanten Leistungsbereiche notwendigen EBZ-Module bestellt hat. Jeder Praxis soll so ermöglicht werden, die neuen Module und Abläufe mit dem erforderlichen Support in die Praxisabläufe zu integrieren.

Des Weiteren ist vorgesehen, dass die Vertragspartner gemeinsam mit den Softwareanbietern auch künftig in regelmäßigen monatlichen Treffen das aktuelle Ausrollverfahren auswerten, um auf aktuelle Geschehnisse entsprechend angemessen und schnell reagieren zu können. Bisher zeigt sich durch dieses systematische Vorgehen, dass eine positive Akzeptanz und Zustimmung zum EBZ erzeugt wird und der Nutzen – nach ersten anfänglichen Unsicherheiten, die bei einem solchen komplexen Projekt erwartbar waren – für Praxen, Patienten und Kostenträger bereits jetzt klar erkannt wird.

Für das EBZ müssen die Praxen KIM nutzen. Laut aktuellem TI-Atlas der Gematik nutzen 48 Prozent der Zahnarztpraxen KIM und insgesamt 70 Prozent sind für die KIM-Nutzung ausgestattet. Was ist mit den Praxen, die bislang noch kein KIM nutzen oder nutzen können?

Hendges: Entgegen der in der Frage zitierten Zahlen, verfügen etwa 32.500 Zahnarztpraxen über mindestens einer KIM-Mail­adresse. Das sind etwa 85 Prozent der Praxen, die an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind. Die KZBV und die KZVen bewerben aktuell die KIM-Anbindung und sind auch nach Angaben der Hersteller optimistisch, dass die Nutzer-Zahlen in absehbarer Zeit noch zunehmen werden. Insbesondere die Möglichkeit, die KIM-Adres­se mit einer einfachen E-Mail an die KZBV testen zu können, wird bislang von den Praxen hervorragend angenommen. Es stellt sich heraus, dass auch bei der Installation von KIM häufiger der Einsatz von Dienstleistern vor Ort erforderlich wird. Hier kann es zu Engpässen bei der Terminierung kommen – nicht zuletzt durch den parallel laufenden Konnektortausch. Solche anfänglichen Schwierigkeiten werden sich aber im Laufe der Zeit auflösen – das steht fest.

Für die notwendigen EBZ-Module für die PVS hat die KZBV mit dem GKV-Spitzenverband ein Erstattungsvolumen von 25 Millionen Euro ausgehandelt. Je Praxis können pauschal maximal 900 Euro erstattet werden. Einige große PVS-Anbieter rufen aber für ihre EBZ-Module Preise auf, die bei rund 2.500 Euro liegen. Ist die KZBV dennoch mit der ausge­handelten Pauschale zufrieden?

Hendges: Zunächst einmal können wir die in der Frage aufgerufenen Preise für die EBZ-Module nicht bewerten, da uns keine offiziellen Preislisten der PVS-Anbieter vorliegen. Oft werden Paketlösungen angeboten, in dem auch noch andere Module enthalten sind, wie etwa Datenbanken und Dokumentationssysteme. Ungeachtet dessen können wir als KZBV mit den im Bundesmantelvertrag verhandelten Ergebnissen durchaus zufrieden sein.  Es ist schließlich lediglich eine Mitfinanzierung durch die Krankenkassen vertraglich fixiert, die im Sinne einer funktionierenden Vertragspartnerschaft und im Interesse aller verhandelt wurde. Zudem haben einige Anbieter ihre Preisgestaltung für die Pauschalen noch nicht abgeschlossen, sodass ein endgültiges Fazit zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht wäre.

Mit der im BMV-Z festgehaltenen Regelung zum EBZ – ohne Papieralternative – nehmen die Zahnarztpraxen den Kassen die Digitalisierung der Anträge ab und sparen den Kassen damit hohe Personalkosten. Ist dafür die Erstattungspauschale nicht zu gering ausgefallen?

Hendges: Das ist aus Sicht der KZBV die falsche Betrachtungsweise bezüglich des EBZ-Verfahrens. Diese derzeit einzige sinnhafte und funktionierende Anwendung im Rahmen der Digitalisierung bringt für alle Vorteile! Vor allem beseitigt das Verfahren Probleme, die beim bisherigen Genehmigungsprozess in Papierform immer wieder in der Praxis aufgetreten sind, wenn man nur alleine an die zum Teil langen Bearbeitungszeiten auf Seiten der Kassen denkt. Insofern kann hier nicht die Verwaltungsver­einfachung auf Seiten der Kostenträger im Vordergrunds stehen und in dem Zusammenhang die Erstattungspauschalen der Höhe nach bewerten werden.

Die EBZ-Regelung zur Erstausstattung im BMV-Z sieht vor, lediglich 300.000 Euro für „Nachzüglerpraxen“, die ihrer KZV nicht bis zum 31. Dezember 2022 die benötigten EBZ-Module gemeldet haben, zurückzuhalten. Diese 300.000 Euro werden dann an die „Nachzügler“ anteilsmäßig verteilt. Bedeutet das nicht, dass sehr viele Praxen faktisch leer ausgehen?

Hendges: Wie bereits gesagt, ist allen Be­teiligten klar, dass das Erstattungsvolumen in der Höhe insgesamt begrenzt ist. Um einen reibungslosen und zeitnahen Ablauf der Finanzierung und Auszahlung der Pauschalen an bestehende Praxen zu ermög­lichen, war es erforderlich, zum einen Meldefristen zu verankern und zum anderen den vorhandenen Betrag auf bestehende Praxen, aber auch in Teilen – soweit möglich und zeitlich begrenzt – auf zwischenzeit­lich neu gegründete Praxen zu verteilen. Zahnarztpraxen haben es also selbst in der Hand, die ihnen zustehende Pauschale von den Kassen zu erhalten: Sie melden bis Jahresende beziehungsweise Neupraxen bis Jahresende 2023 die Anzahl der benötigten Module. Die Auszahlung der Pauschalen erfolgt dann im Frühjahr 2023 und 2024 automatisch durch die jeweils zuständige KZV. Es werden also eben nicht viele Praxen faktisch leer ausgehen.

Warum gibt es nicht zumindest für einen längeren Zeitraum auch eine alternative Papierform zum EBZ?

Hendges: Es gibt Szenarien für die Papierform, die im Bundesmantelvertrag auch explizit vorgesehen sind. Das altbekannte Papierverfahren wird zwar durch das elektronische Verfahren abgelöst und darf grundsätzlich nicht mehr angewendet werden.

Davon zu unterscheiden ist jedoch das ‚Ersatzverfahren‘, das ebenfalls Bestandteil des EBZ ist. Dieses Verfahren greift in solchen Fällen, in denen ein elektronischer Antrag trotz Installation der Module und grundsätzlicher Funktionsfähigkeit aus technischen Gründen im Einzelfall nicht gestellt werden kann. Danach kann die Vertragszahnärztin oder der Vertragszahnarzt ab 1. Januar 2023 in begründeten Fällen – insbesondere bei Programmierfehlern oder sonstigen, länger andauernden technischen Störungen, die nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktags behoben sind – einen mittels im PVS hinterlegten Stylesheet nach Anlage 14c BMV-Z erzeugten papiergebundenen, un­terschriebenen Ausdruck des Behandlungsplans an die Krankenkasse versenden. Besonders im ersten Jahr der Umstellung können technische Probleme wie etwa lokale Probleme bei der KIM-Erstinstallation nicht völlig ausgeschlossen werden. Deshalb darf in dieser Phase bei unverschuldeten tech­nischen Störfällen auf das papiergebun­de­ne Verfahren – also auf den Versand des ausgedruckten elektronischen Antrags – zurückgegriffen werden.

Auf Grundlage der Erkenntnisse, die in der Einführungsphase gewonnen werden, kann das Verfahren im Anschluss einer ersten Evaluierung zugeführt und mit den Kassen darüber beraten werden, inwieweit Ersatzverfahren künftig erforderlich sind und wie diese ausgestaltet werden sollten. Die einzig vorgesehene Ausnahme nicht am EBZ teilzunehmen und das altbekannte Papierverfahren befristet bis zum 30. Juni 2023 zu verwenden, besteht insoweit nur für solche Praxen, die bis zum 30. Juni geschlossen werden.

Das EBZ gilt als Leuchtturmprojekt für eine sinnvolle Digitalisierung mit echtem Mehrwert für Praxen und Patienten. Kassen, KZBV und PVS-Hersteller haben das Verfahren gemeinsam entwickelt – ohne Beteiligung der Gematik. Müssen sinnvolle Digitalisierungsprojekte also künftig stärker auf Initiative der „Leistungserbringer“ basieren? Hat die KZBV eventuell bereits weitere solcher Projekte „in der Schublade“?

Hendges: Zum 1. Juli 2024 steht zunächst die Anbindung der Zahntechniker an die
Telematikinfrastruktur an. Das ermöglicht dann die elektronische Abbildung des gesamten Informationsaustausches zwischen Praxis und zahntechnischen Laboren.

Des Weiteren hat die KZBV natürlich ein Interesse weitere eigene Medizinische In­formationsobjekte für die Nutzung in den elektronischen Patientenakten aufzulegen und wird bei der Digitalisierung der Prozesse gemeinsam mit dem Bundesmantelvertragspartner perspektivisch entsprechende technische Vorkehrungen und Regelun­gen vorsehen. Hier sei nur beispielhaft der „Implantatpass“ genannt.

Das EBZ ist ein komplexes und lebendiges Verfahren, basierend auf echten Erfahrungen im Praxisalltag. Zahlreiche Erweiterungen sind bereits in Planung. Als Teil des EBZ wird so etwa perspektivisch auch das Gutachterwesen elektronisch abgewickelt werden. Wann das allerdings soweit ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht belastbar einschätzen.

Fest steht nur – und das zeigt das EBZ-Verfahren ja in aller Deutlichkeit –, dass Digitalisierung im Gesundheitswesen nur dann sinnhaft und zielführend im Sinne einer Versorgungsverbesserung und einer Bürokratiebewältigung ungesetzt werden kann, wenn zum einen von Beginn an diejenigen eingebunden werden, die die Prozesse nachher in der Praxis auch umsetzen müssen und zum anderen die Ideen und Konzepte aus der Praxis und damit aus der Versorgungsrealität entwickelt werden.