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Analog-digital-Tandem und mehr Werkstoffe im Gepäck

Viele Formen, viele Werkstoffe – immer mehr Optionen für Implantat, Abutment und prothetische Versorgung. Die Messe zeigt, wie sich die Innovationen in der Praxis nutzen lassen.

Viele Formen, viele Werkstoffe – immer mehr Optionen für Implantat, Abutment und prothetische Versorgung. Die Messe zeigt, wie sich die Innovationen in der Praxis nutzen lassen.

Für keinen anderen Spezialisten spielen digitale Technologien eine so große Rolle wie für den Implantologen. Für ihn hat die Erkundung neuer Chancen auf der Internationalen Dental-Schau (IDS), 12. bis 16. März 2019, in Köln große Bedeutung. Dabei wird er en passant auch eine sehr rege und innovative klassische analoge Zahnheilkunde erleben.

Bekanntermaßen ist die Implantologie geradezu eine Paradedisziplin für den Einsatz digitaler Technologien. Denn hier lassen sich ihre Vorzüge am besten nutzen. Dies reicht von der Überlagerung verschiedener Bilddaten (beispielsweise Röntgenbild, gegebenenfalls DVT, CT, Intraoralscanner, gescannte Modelldaten) über das Backward-planning bis hin zur Bohrscha­blonen-Herstellung.

Aktuelle Entwicklungen: Bildgebung, Roboter, Bioprinting [1]

Experten heben aktuell insbesondere die Ke­gel­strahlcomputer­tomographie (CBCT) hervor, weil sie das Plus an Information mit einer Strahlenbelastung von nur 3 bis 20 Prozent eines üblichen Computertomogramms erreicht. Man gelangt zu einer guten Beurteilung des vor­han­denen Knochenvolumens, des Verlaufs des Alveolarnervs und der Anatomie der gesam­ten Kieferhöhle. CBCT-Geräte (engl.: cone beam computer tomography) beanspruchen im Vergleich weniger Platz und relativ geringe Anschaffungskosten.

In Kombination können CBCT- und 3-D-CAD-Systeme einen chirurgischen Roboter (mit)navigieren, das heißt: In den prä- und intra-operativen Phasen des chirurgischen Eingriffs führt der Implantologe, mit Unterstützung durch Echtzeit-3-D-Graphiken, einen Roboterarm. „Robby“ wiederum kann aufgrund seiner elektronischen Informationen automatisch gewisse Winkelverbesserungen zum Gesamterfolg beisteuern.
Müssen, zum Beispiel im Falle eines Unfalls oder einer Tumor-OP, Knochenanteile ergänzt werden, dürfte in Zukunft das Bioprinting einen wichtigen Beitrag leisten.

Nach Anzüchtung außerhalb des Körpers lassen sich Knochenmaterial und auch Weichgewebe additiv herstellen. In der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie wird 3-D-Bioprinting bereits eingesetzt. So kann der Verschluss von Kiefer-Lippen-Gaumenspalten heute ohne Knochen­entnahme aus dem Becken durchgeführt werden. Stattdessen entnimmt man einfach beim Lippen-Verschluss etwas Material aus dem Kiefer, vermehrt es in Zellkulturen und kryokonserviert es zunächst. Später fügt man Knochenzement und Hydrogel hinzu und stellt aus diesem Gemisch, passgenau gemäß einem digitalen 3-D-Bild der Kieferspalte, das benötigte Knochen­implantat her.

Aktuelle Entscheidungen: auslagern oder selbst Hand anlegen

Wie stark sich die heutigen digitalen Tools dabei auszahlen, hängt von ihrer virtuosen Verwendung ab. Dabei spielt nicht zuletzt die Überlegung eine Rolle, welche Hard- und Software man für die eigene Praxis erwerben und welche Teile des Workflows man auslagern möchte. Die flexible Ein- und Ausschleusung von Daten macht vieles möglich.

Beispielsweise kann der Implantologe die Anfertigung einer Bohrschablone als Auftrag an das Labor vergeben. Alternativ dazu stehen Zentraldienstleister oder industrielle Services zur Verfügung. Die Herstellung kann jedoch auch mit dem praxiseigenen 3-D-Drucker erfolgen. Ein reiner Chairside-Prozess kann sogar vom Intraoralscan über das Backward-planning und die knochenchirurgischen Maßnahmen bis zur Versorgung der betreffenden Implantate mit individuellen Abutments oder mit direkt verschraubbaren Kronen reichen.

Oft wird sich ein kombiniert analog/digitales Vorgehen unter Beteiligung eines zahntechnischen Labors als das Verfahren der Wahl erweisen. Der Implantologe befindet sich hier in der Position, Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit optimieren zu können.

Aktuelle Werkstoffe: Zahl der Optionen wächst

Während man digitalen Technologien per se ein hohes Innovationstempo zutraut, galt der Werkstoffbereich lange als ruhig und solide. Doch auch hier befindet sich vieles in Bewegung. Während Titanimplantate nach mehr als 50 Jahren allgemein als anerkannt gelten, warten nun Keramikimplantate mit interessanten Studien auf. Sie bescheinigen ihnen die klinische Eignung immerhin schon über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren.

Nun ist bereits verstärkt von Kunststoffimplantaten die Rede. Namentlich PEEK (Polyetheretherketon) punktet mit einer hohen Ermüdungsfestigkeit, knochenähnlicher Elastizität und Bio­kom­patibilität. Und wie man aus Titan über das Implantat hinaus auch die Suprastrukturen aus diesem Werkstoff herstellen kann (beispielsweise gedruckte Ti-Kronen und ‑Brücken), so lässt sich in bestimmten Fällen auch mit PEEK eine prothetische Versorgung vornehmen. Denn dieser Kunststoff hat eine Zulassung für herausnehmbaren und bedingt herausnehmbaren Zahnersatz (beispielsweise Modellgussprothesen, verschraubte Brücken) [1]. – Welche Werkstoffe bieten sich damit heute oder in einigen Jahren für die eigene Praxis an? Die IDS zeigt die wachsende Zahl der Optionen.

Aktueller Ausblick: Zukunft auf der IDS 2019

Die weltgrößte Branchenmesse wird darüber hinaus viele weitere Facetten der Implantologie zeigen. Dazu zählt nicht zuletzt die enorm innovative analoge Seite der Implantologie. Hier entdeckt der Besucher unter anderem extrem zeichnungsgenaue A-Silikone, die selbst auf chemisch völlig verschiedenen Oberflächen ein identisches Fließverhalten aufweisen und daher keines Oberflächenverbesserers bedürfen. Und während A-Silikone komfortabler und dabei noch breiter einsetzbar werden, schaffen Polyether jetzt immer mehr Tempo (schnelleres Abbinden).

Das alles ist eine nicht zu unterschätzende Erleichterung, zumal der konventionelle Abdruck nach wie vor in vielen klinischen Situationen angezeigt ist – um ein Beispiel zu nennen: Seine Präzision ist beim unbezahnten Kiefer mit multiplen Implantaten zur Versorgung mit einer CAD/CAM-gefertigten Ein-Stück-Konstruktion das Höchste der Gefühle.

So zeigt die IDS 2019 den Stand der Technik im analogen und digitalen Bereich, Innovationen auf allen Stufen der unterschiedlichen Workflows und leitet den Besucher zu Zukunftsentscheidungen für die eigene Praxis.

Christian Ehrensberger, Bad Homburg

Literatur

[1] Die Märkte Europas/Strukturen, Herausforderungen und Szenarien. Atlas Dental, 2019