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Kollegialer Informationsaustausch

Vmf-Präsidentin Susanne Haiber (links) im Gespräch mit dem Referent Adrian Loerbroks und einer Teilnehmerin.

Vmf-Präsidentin Susanne Haiber (links) mit dem Referent Adrian Loerbroks und einer Teilnehmerin.

Der VmF konnte bei seinem 1. Gewerkschaftstag mit einem vielfältigen Vortragsprogramm dienen: Hier ging es um Gehaltsfragen und wie man sich auf ein Gehaltsgespräch mit dem Chef vorbereitet, um den Umgang mit Stress, die Arbeitsbelastung der Zahntechniker, um die Vorbereitung auf eine Begehung zum Brandschutz, zur Ersten Hilfe und Co, um die angstfreie Bedienung eines Defibrillators, um interkulturelle Herausforderungen im Praxisalltag und Informationen zur Weiterbildung.

Defibrillatoren

"Hilfe, der Defi spricht mit mir" war der nicht ganz ernst gemeinte Titel des Referats von Thomas Steinberger vom Elbe-Notfallmanagement, denn der "sprechende Defibrillator" gibt dem Anwender Sicherheit, im richtigen Moment das richtige zu tun. Steinberger nahm seinen Zuhörerinnen direkt die Angst vor dem Defi: "Das ist nicht wie im Fernsehen, wo es immer heißt 'Weg vomTisch', Ihnen passiert nichts", stellte er klar. Und da das Gerät auch eine Herzrhythmusauswertung vornimmt, entscheide das Gerät, ob der Patienten Strom brauche. "Wenn der Defi das nicht will, dann geht das auch nicht." Und auch den Takt der Reanimation gibt das Gerät den Rhythmus vor – vom Rhythmus des Liedes 'Stayin' Alive" riet er dringend ab.

Er stellte aber nicht nur verschiedene Modelle der sprechenden Defis und deren Bedienung vor, sondern auch den Cardio First Angel, der ab 2022 in jedem Neuwagen zur Austattung gehöre:

So unterstützt der Cardio First Angel die Reanimation.

Die Behauptung, es besteht die Gefahr, dass bei der Reanimation Rippen brechen könnten, ist nicht ganz ehrlich, so Steinberger, denn dies geschehe bei jeder Reanimation. "Bei der Reanimation knackt es, und dann schreckt man zurück aus Angst, etwas falsch oder zu fest zu machen." Auch hierbei helfe der Cardio First Angels mit seinem Knacken, diese Hemmschwelle zu meistern.

Der Cardio First Angel macht die Reanimation bedeutend sicherer.

Der Cardio First Angel macht die Reanimation bedeutend sicherer.

Für Steinberger gehört folgendes Zubehör zu jeder Defi-Reanimation:

• Handschuhe sollten in allen benötigten Größen verfügbar und auch für Männerhände geeignet sein.

• eine Verbandsschere, mit der auch Kleidung zerschnitten werden kann. "Denken Sie daran, dass ein BH meist Metallverschlüsse hat und unter der Patientin weggezogen werden muss", erinnerte der Referent.

• ein trockenes Tuch, um die Haut trocknen zu können, denn Sensoren halten nicht auf feuchter Haut.

• Einmal-Rasierer, denn die Sensoren halten nicht auf stark behaarter Brust: "Legen Sie sich fünf bis sieben Rasierer dazu; je nachdem, wie stark die Brust behaart ist, kommen Sie mit einem Rasierer nicht aus."

Interkulturelle Herausforderungen

Es ist nicht immer einfach, im Alltag auf Menschen anderer Kulturen einzugehen. Aber: "Angesichts des wachsenden Anteils von Migrantinnen und Migranten sowie deren Familien und Angehörigen wird zunehmend erkannt, dass sich das Gesundheits- und Pflegewesen interkulturell öffen muss", betonte MFA Serin Alma. Diese Patienten kommen meist erst in die Praxis, wenn sich konkrete Symptome zeigen, daher würden Krankheiten, die nicht gleich zu deutlichen Beschwerden führen, möglicherweise verschleppt."

Türkische Patienten drücken ihre Schmerzen intensiver, lauter und meist deutlicher aus als deutsche Patienten; auch was Mimik und Gestik angeht", so die türkische Referentin mit arabischen Wurzeln. Das liege zum Teil auch daran, dass Migranten oft Angst haben, dass der Arzt eine schwere Krankheit feststellen könnte. Krank sein heißt für einige, dem Tode nahe sein. Selbst wenn man Fieber habe, bezeichne man sich selbst nicht als "krank" (türkisch: hasta), sondern er fühle sich nur "unwohl" (türkisch: rahatsiz). Hinzu käme, dass Krankheiten für viele immer noch eine Strafe Gottes sei und somit ein selbst verschuldeter Zustand.

Alma machte auf verschiedene sprachliche und kulturelle Unterschiede und die daraus entstehenden Missverständnisse aufmerksam – so sei beispielsweise ein türkischer Vater keineswegs agrressiv, nur weil er laut spreche.

Serin Alma brachte den Teilnehmerinen türkische und arabische Verhaltensweisen näher.

Serin Alma brachte den Teilnehmerinen türkische und arabische Verhaltensweisen näher.

Die Referentin hob die Bedeutung der Aufklärung hervor, die oft nur mit einem Dolmetscher durchführbar sei. Helfen könnte auch, die Anamnesebögen in verschiedene Sprachen übersetzen zu lassen. Beides sollte jedoch nur von Fachleuten erledigt werden. Sie habe selbst schon Anamnesebögen gesehen, die viele Übersetzungsfehler enthalten, da dies jemand aus Gefälligkeit übersetzt habe.

Verschiedene Kulturen, verschiedene Werte: Ziel sei es jedoch, einander zu verstehen, zu akzeptieren und in angemessener Form zu reagieren, so Alma und präsentierte folgendes Rezept für interkulturelle Kompetenz:

• 3 Esslöffel Sympathie
• 2 Gläser Anteilnahme
• 70 Gramm Erkennen von Affekten
• 5 bis 9 Messerspitzen sinnliche Erfahrung
• 5 Tüten Querdenken
• 4 Stück eingelegter Scharfsinn
• 1 Prise freundliche Neugier (darf auch etwas mehr sein)
• 1 Portion Weisheit und viele, viele Geschichten

Gehaltsgespräch

"Macht Euch vor einem Gehaltsgespräch klar, was Ihr erreichen wollt und wo Eure Schmerzgrenze ist", riet Hannelore König, 1. geschäftsführende Vorsitzende im VmF, den Teilnehmerinnen in ihrem Vortrag. Allerdings müsse einem auch bewusst sein, dass man nach der "dritten blauen Nase" Konsequenzen ziehen müsse, um glaubhaft zu bleiben – auch, wenn zum Beispiel die Kita der Tochter oder des Sohnes in direkter Nachbarschaft zu Praxis liegt

Trotzdem soll sich keiner entmutigen lassen, denn schließlich seien ZFA "absolute Mangelware". Auch wenn immer öfter versucht werde, Mitarbeiter aus anderen Branchen wie aus dem Hotelbereich für die Zahnarztpraxen zu gewinnen, seien diese kein adäquater Ersatz: "Am Empfang wird entschieden, bei welchen Beschwerden ein Patient direkt kommen muss, und das kann man nur, wenn man das (zahn)medizinische Fachwissen hat."

Noch immer gibt es ZFA, die für und sogar unter Mindestlohn arbeiten. Sie berichtete von einem Fall, in dem einer ZFA mit einer 40-Stunden-Woche ein Bruttogehalt von 1.400 Euro angeboten wurde – was deutlich unter Mindestlohn bedeutet. Hierzu König: "Unter Mindestlohn sollte in Deutschland keiner Arbeiten!" Kontrolliert wird die Einhaltung des Mindestlohns übrigens vom Zoll, erklärte König auf Nachfrage einer Teilnehmerin.

Die Referentin empfahl, sich weiter fortzubilden und immer wieder mal in den Arbeitsvertrag zu schauen, "was zur eigenen Tätigkeit gehört. Wenn sich der Arbeitsumfang erweitert, sollte neu verhandelt werden."

"Uns Frauen ist es nicht in die Wiege gelegt worden, über Gehälter zu sprechen", so König weiter. Praxisteams sollten sich zusammensetzen und sich gegenseitig den Rücken stärken.
 

Hannelore König gab Tipps für das Gehaltsgespräch mit dem Chef.

Hannelore König gab Tipps für das Gehaltsgespräch mit dem Chef.

Tarifvertrag

Und natürlich ging es an diesem Tag auch um den Tarifvertrag: Es entstand die Idee des "Monday For Equal Pay". Was es damit auf sich hat, erklären Hannelore König und Sylvia Gabel in nachstehendem Video.

Hannelore König und Sylvia Gabel vom Verband medizinischer Fachberufe e.V. zur Idee des "Monday For Equal Pay"

Birgit Strunk