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MIH – das ganze Team ist bei der Behandlung wichtig

Die meisten Kinder werden heute regelmäßig prophylaktisch betreut und weisen insgesamt erfreulich wenige kariöse Zähne auf. Dennoch kann zunehmend festgestellt werden, dass bei einigen Patienten die neu durchbrechenden 6-Jahres-Molaren eine deutlich von gesundem Zahnschmelz abweichende Zahnstruktur aufweisen: Sie sind teilweise weißlich-cremefarben bis gelblich-bräunlich verfärbt, in schweren Fällen ist die gesamte Zahnoberfläche betroffen.

Diagnose – ein Blick auf die betroffenen Zähne genügt

Für die Diagnose durch die Zahnärztin beziehungsweise den Zahnarzt genügt ein Blick auf die betroffenen Zähne. Teilweise sind neben den Molaren auch Frontzähne (Inzisivi) betroffen, hier sind häufiger kleinflächigere weißlich-cremefarbene Verfärbungen festzustellen (Abb. 1 und 2). Bei einem Patienten können unterschiedliche Ausprägungen der Erkrankung vorkommen, daher muss jeder Zahn einzeln bewertet werden.

Entwicklungsbedingte Erkrankung

Abgeleitet von den am häufigsten betroffenen Zähnen ergibt sich der Name der Erkrankung: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), im Volksmund auch als „Kreidezähne“ bezeichnet. Es handelt sich um eine entwicklungsbedingte Erkrankung der Zahnhartsubstanz, die Zähne sind schon vor dem Durchbruch in die Mundhöhle betroffen. Der Schmelz ist hypomineralisiert, weist also eine deutlich schlechtere Qualität auf als gesunder Zahnschmelz. Er ist bei den erkrankten Zähnen weicher und poröser, daher kann es schnell zu Abplatzungen beispielsweise durch die ganz normale Kaubelastung kommen. Die gestörte Schmelzbildung macht die Zähne deutlich anfälliger für Karies als gesunde Zähne. Es kann also unmittelbar nach dem Durchbruch zusätzlich zur MIH auch zu kariesbedingten Defekten an den betroffenen Zähnen kommen.

10 bis 15 Prozent der Kinder leiden an MIH

Bereits in den 1980er-Jahren wurden Kreidezähne wissenschaftlich beschrieben. Mittlerweile leiden im Durchschnitt 10 bis 15 Prozent der Kinder an MIH. In der Gruppe der 12-Jährigen ist sogar ein Drittel betroffen. Damit kommen Kreidezähne in dieser Altersstufe häufiger vor als Karies. Es können auch bereits Milchzähne – besonders die zweiten Milchmolaren – betroffen sein, dann wird die Erkrankung MMH (Milchmolaren-Hypomineralisation) genannt. Die deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) hat eine Patienteninformation zu MIH herausgegeben.

Probleme durch MIH im (Praxis-)Alltag

Viele Patienten beklagen Schmerzen beim Essen und Trinken, auch das tägliche Zähneputzen ist oftmals problematisch und wird im schlechtesten Fall kaum oder gar nicht durchgeführt.

Die Zähne sind heiß-/kaltempfindlich, sodass beispielsweise warme oder sehr kalte Getränke sowie Speiseeis gemieden werden. Wichtig im Praxisalltag: Die kleinen Patienten können auch den Sauger oder „Püster“ als sehr unangenehm und schmerzhaft empfinden, was bereits eine normale Untersuchung oder einfache PZR erschwert. Daher ist es wichtig, dass das gesamte zahnärztliche Team MIH als mögliche Erkrankung bei unkooperativen Patienten in Betracht zieht und schonend mit betroffenen Kindern umgeht, um die Kooperation nicht noch weiter einzuschränken.

Ursachen von MIH

Die Eltern und die betroffenen Kinder wollen natürlich wissen, was die Ursache der Erkrankung ist – leider ist diese bisher nicht bekannt. Daher können aktuell nur mögliche Ursachen genannt werden, die während des Zeitraums der Zahnentwicklung der befallenen Zähne (8. Schwangerschaftsmonat bis etwa zum 4. Lebensjahr) stattgefunden haben müssen, beispielsweise:

  • chronische Erkrankungen des Kindes (vor allem Atemwegserkrankungen),
  • Acidosen, Hypokalzämie, Hypoxie und Hypothermie,
  • Medikamenteneinnahmen (vor allem Antibiotika),
  • Umwelttoxine (vor allem Kunststoffbestandteile wie Bisphenol A).

Im Rahmen der Anamneseerhebung können zwar mögliche Faktoren festgestellt werden, allerdings haben diese momentan für die therapeutische Vorgehensweise noch keine Konsequenz.

Aktuelle Möglichkeiten zur Therapie

Für alle MIH-Patienten gilt:

  • Motivation zu guter Mundhygiene zu Hause mit fluoridhaltiger Zahnpasta,
  • regelmäßige zahnärztliche Kontrollen (alle drei bis sechs Monate),
  • regelmäßige Fluoridierung der Zähne mit Fluoridlack (zum Beispiel Duraphat),
  • Versiegelung kariesgefährdeter Grübchen und Fissuren.

Ziel ist es, einer Karies vorzubeugen, um den Zustand der ohnehin geschwächten Zähne nicht zusätzlich zu verschlechtern (Tabelle). Wichtig für die Therapieplanung ist, zunächst zu unterscheiden, ob die Patienten eine Hypersensibilität aufweisen oder nicht.

Gute Erfolge bei schmerzhaften MIH-Zähnen mit Recaldent

Die remineralisierende Zahnschutzcreme GC Tooth Mousse enthält den Wirkstoff Recaldent. Dieser soll die Remineralisierung der Zähne fördern und den Zahnschmelz stärken. Deshalb eignet sich Recaldent nicht nur für die MIH-Therapie, sondern auch zur Behandlung von Überempfindlichkeiten und White Spots sowie nach Bleaching und Professioneller Zahnreinigung. GC Tooth Mousse kann zu Hause nach dem regulären Zähneputzen verwendet werden. Wichtig ist der Hinweis, dass eine Anwendung langfristig erfolgen muss und die Patienten das GC Tooth Mousse leider selbst bezahlen müssen.

Versorgung stark betroffener MIH-Zähne

Bei Zahnsubstanzverlusten können verschiedene Materialien angewendet werden:

GIZ als Versiegelung/temporäre Füllung bei Zähnen

  • die sich noch im Durchbruch befinden,
  • wenn die Trockenhaltung erschwert ist,
  • bei (noch) mangelhafter Compliance für eine adhäsive Füllung bei sehr jungen Patienten.

Diese Versorgung stellt nur eine Übergangslösung dar, bis eine direkte oder indirekte Versorgung mittels Komposit oder Keramik möglich ist.

Direkte adhäsive Versorgung mittels Kompositen,

  • wenn die Zähne vollständig durchgebrochen sind und
  • eine adäquate Trockenhaltung möglich ist.

Indirekte Versorgung mittels Teil- oder Vollüberkronung bei großflächigen Defekten:

  • konfektionierte Stahlkronen im jugendlichen Gebiss (Übergangslösung),
  • individuell laborgefertigte Kronen nach vollständigem Zahndurchbruch und abgeschlossenen Wachstum bei jungen Erwachsenen.

Amalgam ist zur Versorgung von MIH-Zähnen nicht geeignet

In sehr schweren MIH-Fällen kann nach Absprache mit einem Kieferorthopäden auch die Entfernung stark betroffener Zähne mit anschließendem kieferorthopädischen Lückenschluss sinnvoll sein. Hier ist eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Hauszahnarzt und dem Kieferorthopäden wichtig.

Insgesamt ist die Betreuung von Patienten mit MIH aufwendig und erfordert eine gute Zusammenarbeit im gesamten zahnmedizinischen Team. Die Behandlung der Patienten sollte individuell auf die Ausprägung der Hypersensibilitäten angepasst werden, ein empathischer Umgang ist für den Behandlungserfolg förderlich.

Dr. med. dent. Constanze Friederike Uebereck

Quellen:
https://www.zahnaerztekammernordrhein.de/fuer-patienten-beratung-service/molaren-inzisiven-hypomineralisation-mih/

https://www.bzoeg.de/aktuelles-leser/MIH-PK-DGZMK.html

Dr. med. dent. Constanze Friederike Uebereck absolvierte ihr Studium der Zahnmedizin an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und arbeitet seit 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Zahnärztin in der Poliklinik für Kinderzahnheilkunde (Zahnklinik Gießen). Außerdem war sie als freie Mitarbeiterin der LAGZ Bayern tätig. Ihre Promotion erfolgte zum Thema „Mundgesundheit bayerischer Schulkinder 2015/16“.

Titelbild: Robert Kneschke - stock.adobe.com