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Wer soll das bezahlen?

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Von Chefredakteur Marc Oliver Pick

Stellen Sie sich mal Folgendes vor: Als Zahnarzt hat man nach Studium und Assistenzzeit den Mut bewiesen, sich mit einer eigenen Praxis niederzulassen, man hat die Praxis über die Zeit strukturell zukunftssicher aufgestellt, und dann das: Die Praxis ist so erfolgreich und hat eine solche Größe  – und einen entsprechenden Wert –, dass sie für eventuelle Nachfolger unerschwinglich geworden ist: Wer soll das bezahlen?

Zwar bemüht man sich für geraume Zeit um einen oder gar mehrere Nachfolger, aber der Preis ist selbst mit gutem Willen – und einer guten Bank – von niemandem aufzubringen. Da taucht plötzlich jemand auf, der nicht nur großes Interesse an der gut aufgestellten Praxis, sondern auch das nötige Geld zur Hand hat, um Praxen jeder Größe zu kaufen. Die Praxis passt so gut in das Portfolio, dass der Interessent sogar bereit ist, die Praxis mit einem äußerst attraktiven Preisschild zu versehen. Alle Nachfolgeprobleme könnten auf einen Schlag gelöst werden. Einzige Bedingung: Man muss noch für eine vertraglich festgelegte Zeit als Angestellter in der ehemals eigenen Praxis weiterarbeiten. Durchaus üblich, wenn der Käufer zur Gruppe der „Investoren“ gehört.

So weit, so gut, wenn nicht ein Umstand die Freude über die erfolgreich gemeisterte Praxisübergabe trüben würde. Denn in diesem speziellen Fall ist der veräußernde Zahnarzt gleichzeitig Standespolitiker. Seine standespolitische Funktion macht den Routinevorgang Praxisverkauf an einen Investor in diesem individuellen Fall zu einem Politikum, hat sich doch die Standesvertretung im Sinne der gemeinsamen Linie darauf geeinigt, I-MVZ als unvereinbar mit dem Ideal der Einzelpraxis anzusehen.

Ein perfektes Dilemma: Handelte es sich nur um einen „einfachen“ Zahnarzt, der seine Praxis mangels Alternativen an einen Investor verkauft, wäre dies kaum mehr als „nicht ganz“ im Sinne der einheitlichen Haltung der Standesführung. Ist der Betroffene aber Zahnarzt und Standesvertreter, ist die Empörung groß. Ist deshalb die Forderung, der Praxisverkäufer möge alle Ämter niederlegen, weil er an den „Falschen“ verkauft hat, berechtigt? Entscheidet künftig also die Gesellschaftsform einer Praxis oder die Form der Berufsausübung oder der Hintergrund der Finanzierung darüber, ob jemand standespolitisch tätig sein darf?

Die Zahnmedizin beziehungsweise die Formen der Berufsausübung unterliegen einem massiven Wandel. Die wenig geliebten Zahnarztketten in Form von MVZ sind dafür aber nicht Ursache, sondern eine mögliche Konsequenz. Andere Formen der Berufsausübung, ja, vielleicht ganz neue Formen der Praxisgestaltung, werden noch hinzukommen (müssen).

Eine ausgewogene Standesvertretung umfasst Vertreter aller existierenden Praxis- und Berufsausübungskonzepte. Sollten in Zukunft weitere Praxismodelle hinzukommen, sollten auch diese in die Gestaltung der Zukunft des Berufsstands einbezogen werden. Pluralität sollte in dieser Hinsicht eine Selbstverständlichkeit werden. Genauso wie es selbstverständlich sein sollte, erfahrenen Zahnärztinnen und Zahnärzten ebenso wie (jungen) Berufseinsteigern Mitsprachemöglichkeiten an der Ausgestaltung der Zukunft der Zahnmedizin zu eröffnen.

Mehr zum Thema lesen Sie hier (Dr. Peter Matovinocvic), hier (Dr. Wolfgang Eßer) und hier (dzw-Leitartikel) oder in der dzw-Ausgabe 37/2019.