Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats hat sich dagegen ausgesprochen. Wogegen? Gegen den 2,5 Prozent Strafbeschluss, den Jens Spahn den TI-Verweigerern ins Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) geschrieben hat. Die Kürzung der (zahn-)ärztlichen Vergütung ab dem 1. März 2020 um 2,5 Prozent sei nicht zielführend, da der mangelnde Breitbandausbau – Gruß an Minister Scheuer – und andere widrige Gründe Schuld seien, dass es mit der TI nicht vorwärts ginge. Zunächst seien „flächendeckend die Voraussetzungen für den Anschluss zu schaffen und dann über Sanktionsmechanismen nachzudenken“, definiert der Bundesrat die Abläufe.
Kaum verkündet, springt schon der erste Verband vor Freude im Kreis. Die Freie Ärzteschaft jubiliert: „Neue Schlappe für Digitalpolitik. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erlebt für sein DVG eine Niederlage nach der anderen.“ Befeuert wird die Diskussion dann passend mit einem Datenleck, das Millionen Patientendaten betrifft. Nach Recherchen des BR und dem US-Investigativverbund ProPublica lagen personalisierte medizinische Daten auf ungesicherten Servern. Ob ein Missbrauch der Daten stattgefunden hat, ist noch ungewiss.
Prompt folgt die nächste Überschrift, die den Anti-TIlern in die Hände zu spielen scheint. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder spricht von einer datenschutzrechtliche Mitverantwortung der Betreiber von Arztpraxen für die Konnektoren. Auch hier ist die Empörung groß.
Doch wie sieht die Faktenlage hinter der allgemeinen Aufgeregtheit wirklich aus? Am Freitag hat der Bundesrat die 2,5 Prozent Strafregelung bei „fehlendem Verschulden“ des (Zahn)Arztes einkassiert. Die 1 Prozent Regelung ist aber bereits gesetzlich beschlossen. Und das ohne Ausnahme. Es gibt in Paragraf 291 SGB V keinerlei Härtefallregelung zu den Sanktionen. Die KZVen haben hier die unattraktive Buhmannrolle, durchexerzieren zu müssen, was Jens Spahn ins TSVG geschrieben hat. Ohne Spielraum, ohne Kompromisse.
Bei weitem wichtiger wiegt eine mittelfristig absehbare Entwicklung: die Verwebung von Abrechnung und TI. Derzeit sind die geschützten Versichertenstammdaten auch noch einmal unverschlüsselt auf der eGK gespeichert. Daher können sie bislang auch noch mit den Bestandsgeräten ausgelesen werden. Das wird sich künftig ändern. Dann ist der Zugriff auf die Versichertenstammdaten nur mit TI-Kartenlesegeräten möglich. Eine vollständige Honorarabrechnung kann dann nur noch mit einem TI-Anschluss erfolgen. Dagegen sind 1 Prozent und selbst 2,5 Prozent Honorarabzug eine Kleinigkeit. Von wegen „Neue Schlappe für Jens Spahn“, der Bundesgesundheitsminister ist sicher eines nicht – naiv. Und wenn es um das liebe Geld geht, so wird es sich nicht nur Jens Spahn gedacht haben, ist auch ein TI-Zögerer schneller zu Kompromissen bereit.
Zudem macht auch der GKV-SV Druck und stellt die bisherige TI-Finanzierungsvereinbarung infrage. Für dieses Jahr konnte die KZBV die Kürzungen noch abwenden. Die Pauschalen werden bis Ende des Jahres nicht verändert.
Ab dem 1. Januar 2020 gelten neue TI-Pauschalen: Für den Konnektor gibt es dann nur noch 1.380 Euro statt bisher 1.547 Euro. Für das stationäre eHealth-Kartenterminal werden dann 535 Euro und für die SMV-B 465 Euro erstattet. Die alte Konnektorpauschale gilt aber noch für alle Geräte, die vor dem 1. Oktober 2019 bestellt worden sind, auch wenn sie erst nach dem 31. Dezember 2019 erstmals genutzt werden.
Jens Spahn bekommt, was er haben möchte. Bei der derzeit debattierten Notfallversorgung durch die Vertragsärzte geht es nun auch an den Sicherstellungsauftrag. Was da wohl noch kommen wird?