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Wie Sie möglichst dentinschonend vorgehen

Kleinere Zugangskavität

Um die Substanz des Zahnes zu schonen und damit seine Frakturanfälligkeit nicht unnötig zu erhöhen, lässt sich dank TruNatomy auch mit einer kleineren Zugangskavität (rechts) arbeiten.

Die endodontische Behandlung ist eine konservative Therapieoption par excellence. Dabei sind nach der Grundsatz­entscheidung „pro Endo“ weitere wichtige Weichenstellungen in Richtung eines besonders dentinschonenden Vorgehens sinnvoll. Denn die Prognose für den betreffenden Zahn hängt nicht nur vom Erfolg der Wurzelkanal­behandlung ab, sondern auch von der möglichst weitgehenden Erhaltung des natürlichen Dentins.

Die Vorteile eines dentinschonenden Verfahrens

Ein schonendes Verfahren liegt nahe, handelt es sich doch um eine Maßnahme zur Zahnerhaltung. Darüber hinaus gilt: je mehr Dentin, desto besser sind die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige koronale Restauration.

So lässt sich später zum Beispiel eine Füllung besser verankern. Man wird seltener einen Stift-Stumpf-Aufbau benötigen, und wenn doch, dann findet der Wurzelstift von vorneherein einen besseren Halt. Gleichzeitig bürgt eine dentinschonende Vorgehensweise im Wurzelkanal auch dafür, dass die therapiebedingte Schädigung der Festigkeit des Zahns während der Instrumentierung minimiert wird.

Das alles leuchtet unmittelbar ein. Darüber hinaus geht aus den Untersuchungen auch hervor: Die Prognose wurzel­behandelter Zähne hängt nicht nur vom Erfolg der endodontischen Behandlung ab, sondern auch von der Menge des verbleibenden Dentins. Je mehr erhalten bleibt, desto sicherer kann in der Regel die Restauration der Krone erfolgen. Wie im ersten Teil dieser Serie dargelegt, ist beides gemeinsam entscheidend: der endodontische und der restaurative Part.

Klare Zielvorgabe

Klinisch sind damit die Eckpunkte einer endodontisch-restaurativen Therapie auf dem Stand der Technik klar umrissen: schonende Entfernung von Dentin während aller drei Phasen einer Wurzelkanalbehandlung, das heißt Präparation des koronalen Zugangs, Erweiterung der Kanaleingänge, apikale Präparation.

Ganz ohne Abtrag von Dentin geht es aber nicht. Zum Beispiel muss die Zugangskavität hinreichend breit angelegt sein, um alle Wurzelkanäle auffinden zu können. Zudem schafft erst die Ausformung des Wurzelkanals die Voraussetzungen für eine effektive Spülung und nachfolgende Obturation. Durch das Zusammenspiel von mechanischer Vorbereitung, Desinfektion und späterer Wurzelfüllung wird das eigentliche Ziel erreicht: die Entfernung und dauerhafte Fernhaltung von potenziell pathogenen Mikroorganismen.

Zuviel Abtrag verschlechtert die Prognose

Wo aber liegt die Grenze zwischen „zu viel Dentin abgetragen“ und „zu wenig Dentin abgetragen“? Es ist definitiv nicht das Ziel, am Ende mechanisch konservativer vorgegangen und klinisch weniger erfolgreich geblieben zu sein.

Allerdings bedeutet ein Zuviel an Dentinabtrag stets einen unnötig invasiven Eingriff, gegebenenfalls eine Schwächung des Zahns und damit eine schlechtere Prognose. Die Vorgabe für jede endodontische Behandlung lautet daher: so viel Dentin abtragen wie nötig, um die Anatomie des Wurzelkanalsystems erfassen und eine wirksame mikrobiologische Kontrolle sicherstellen zu können.

Entscheidende Fortschritte

Zu einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit in der Endodontie dürften in den vergangenen Jahrzehnten allen voran drei Entwicklungen wesentlich beigetragen haben: Eine verbesserte Sicht durch leistungsfähigere Lupenbrillen, oder gegebenenfalls eine OP-Mikroskop, das zahnärztliche Röntgen und Feilen aus Nickel-Titan-Legierungen („NiTi“, wie zum Beispiel m-wire).

In Zukunft könnten innovative Spülverfahren auf der Basis von Natriumhypochlorit und von Chelatbildnern (etwa EDTA) sowie gegebenenfalls Laseranwendungen für eine noch effektivere mikrobiologische Kontrolle im Wurzelkanal sorgen. Neben den chemischen Wirkstoffen unterstützen den Zahnarzt dabei auch mechanische Hilfsmittel, etwa eine hochflexible Spülkanüle.

Obturatoren und Papierspitzen auf das Feilensystem abstimmen

Je besser und sicherer die „Mikrobiologie“ gelingt, desto häufiger kann der Behandler auf eine vorherige Begradigung gekrümmter Kanäle verzichten. Umso wertvoller werden neuere, wärmebehandelte NiTi-Vaianten. Die daraus gefertigten Feilen (beispielsweise TruNatomy von Maillefer, Dentsply Sirona) entfernen lediglich den Biofilm, während sie das gesunde Dentin schonen und so der natürlichen Anatomie des Wurzelkanalsystems Rechnung tragen.

Unterstützt wird das dentinschonende Vorgehen durch flexible Aufbereitungsfeilen mit regressiver Konizität und durch einen speziellen „Orifice Modifier“. Mit dessen Hilfe ist keine geradlinige Zugangskavität mehr notwendig, sondern es lässt sich ein Kanalzugang aus verschiedenen Winkeln herstellen und, selbst bei nicht vertikal orientierten Wurzelanatomien, bei weitestgehender Dentinschonung ein gut einsehbarer Kanaleingang formen.

Idealerweise verwendet der Behandler zum Abfüllen die passenden Verfahren und Produkte. Obturatoren und Papierspitzen sollten auf das Feilensystem abgestimmt sein, sollten die jeweiligen Größen und Konizitäten der einzelnen Instrumente aufnehmen. Das führt zu einem bakteriendichten Sitz im Kanal.

Von der Wurzel bis zur Krone

Im weiteren Sinne sorgen vor allem solche Systeme bei dentinschonenden Behandlungsoptionen für die größtmögliche Erfolgssicherheit, die über die Wurzelkanalbehandlung hinaus auch Verfahren für eine adäquate koronale Restauration anbieten (zum Beispiel R2C, Dentsply Sirona). Dies erleichtert die komplexe Therapie immens. Der Behandler denkt nicht mehr in Produkten und allenfalls kleinen Behandlungssequenzen, sondern in großen Linien. Die Details steuert das System bei.

Dr. Christian Ehrensberger, Bad Homburg