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Werbung in Corona-Zeiten – vorher und nachher

Corona zwang viele Zahnarztpraxen, die Türen dicht zu machen und nur Notfallbehandlungen durchzuführen. Aus ästhetischen Gründen terminierte Behandlungen wie Implantatversorgungen fielen dem Lockdown zum Opfer. Nun liegt die Versuchung nahe, mit „Special-Implantat-Angeboten“ an Patienten dem Nachholbedarf gerecht zu werden. In Corona-Zeiten bleibt es dabei: Besser ist es, wenn man das aktuelle Werberecht vorher kennt und nicht erst nachher.

Preiswerbung

Das LG Düsseldorf (Urteil vom 16.4.2020 – 34 O 110/19) musste die Werbung einer Dermatologin beurteilen, die Rabatte für ihre schönheits-chirurgischen Behandlungen mit Botox, Fäden und Filler gewährte. Das Landgericht verwies zunächst auf die Gebührenordnung für Ärzte. Nach Paragraf 5 Abs. 2 GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) haben Ärzte innerhalb eines Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dagegen wird auch dann verstoßen, wenn die Gebühren für die ärztlichen Behandlungen „Botox, Fäden und Filler“ zunächst im Einzelfall nach Abwägung der Umstände ermessensfehlerfrei bestimmt und auf diesen „Ermessenspreis“ dann ein 10-Prozent-Rabatt gewährt wird.

In Parallele zum Paragraf 5 GOÄ findet sich der Paragraf 5 GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte). Hinter dieser Regelung der Gebührenordnung für Zahnärzte verbirgt sich, dass sich die Höhe der einzelnen Gebühr des Zahnarztes nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes bemisst. Es folgt die Vorgabe, dass durch den Zahnarzt innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind.

Vorher-nachher-Bilder

Fotos über zahnmedizinische und insbesondere implantologische Behandlungen sind für Patienten leicht wahrzunehmen und zu begreifen. Dies macht diese Bilder so beliebt und soziale Medien wie Instagram populär. Die Einfachheit des Umgangs und des Einstellens von Fotos auf diesen sozialen Medien darf nicht über die Schwierigkeiten hinwegtäuschen, die bei dem Einstellen von Abbildungen zu Behandlungen auf einer Zahnarzt-Website bestehen.

Das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz) befasst sich unter anderem mit Werbung für Verfahren oder Behandlungen, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beziehen. Es handelt sich um Eingriffe mit medizinischer Notwendigkeit. Die Abgrenzung zu Eingriffen ohne zahnmedizinische Notwendigkeit ist nicht immer einfach zu ziehen. Für operativ plastisch-chirurgische Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit gilt das Heilmittelwerbegesetz genauso.

Aus dem zuvor erwähnten Heilmittelwerbegesetz wurde die ausdrückliche Vorschrift des Verbots von Vorher-nachher-Bildern gestrichen. Dies verleitet zu der Annahme, dass uneingeschränkt die Darstellung von Vorher-Bildern und Nachher-Bildern zu einer implantologischen Versorgung zulässig wäre. Übersehen wird von Zahnärzten jedoch die Regelung des Paragrafen 11 HWG. Dahinter steckt das Verbot, mit einer bildlichen Darstellung zu werben, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen verwendet. Die Werbung mit Vorher-Bildern und Nachher-Bildern ist damit nicht per se zulässig. Sie kann nur gelingen, wenn die Bilddarstellung diese Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes einhält. Dafür reicht es nicht, mit unterschiedlichen technischen Methoden auf der Website das restriktive Verbot zu versuchen zu umgehen. Denn hierfür werden mittlerweile genauso Abmahnungen ausgesprochen durch die Verbände, die sich der Überwachung des Wettbewerbsrechtsrechts verschrieben haben.

Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz können nicht nur mit wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsforderungen abgemahnt, sondern zusätzlich berufsrechtlich geahndet werden. Denn die Berufsordnungen der Länder sehen das Verbot berufsrechtswidriger Werbung vor. Deswegen ist es sinnvoll, sich im Vorfeld mit dem Werbungsrecht zu befassen.

Dr. Tim Oehler, Fachanwalt für Medizinrecht
www.rechtsanwalt-oehler.de