Dr. Wieland Schinnenburg MdB (FDP) gehört zu den Verfassern des Antrags „Patientensicherheit bei Aligner-Behandlungen durchsetzen“ der FDP-Bundestagsfraktion, der den Deutschen Bundestag auffordert, für klare rechtliche Rahmenbedingen zum Wohle der Patientensicherheit zu sorgen. Die dzw befragte Schinnenburg zum Antrag und zu weiteren Aspekten der Vergewerblichung der Zahnmedizin.
In Ihrem Antrag fordern Sie den Bundestag auf, dass Aligner-Behandlungen nicht mehr von gewerblichen Unternehmen ohne eine vollumfängliche zahnheilkundliche Begleitung durch approbierte Kieferorthopäden oder Zahnärzte angeboten werden dürfen. Die meisten Aligner-Anbieter werben mit der Aussicht auf „gerade Zähne“. Handelt sich dabei dann nicht also um eine kosmetische Behandlung? Lassen sich überhaupt kosmetische und zahnheilkundliche Aligner-Behandlungen rechtlich unterscheiden?
Dr. Wieland Schinnenburg: Das Versprechen „gerader Zähne“ beinhaltet die Ankündigung, die derzeitige Zahnstellung zu verändern. Anders ausgedrückt: Die Zähne sollen bewegt werden. Jeder Kundige weiß, dass eine solche Zahnbewegung keineswegs nur kosmetische Bedeutung hat. Vielmehr stellt sie einen schwerwiegenden Eingriff in den Körper dar, der erhebliche Folgen haben kann. Denn eine andere Zahnstellung kann sowohl für den jeweiligen Zahn Folgen haben – etwa seine Überlastung, die zu einer Pulpitis führt – als auch für Kopf und Nacken, Stichwort: CMD. Was für Zahnbewegungen mit herausnehmbaren Geräten oder Multiband gilt, gilt auch für solche mit Alignern: Es handelt sich nicht um Kosmetik, sondern um zahnmedizinische Behandlungen.
Sind aus Ihrer Sicht die aktuellen Angebote mit direkter Patienten-(Kunden-)Ansprache mit dem ZHG vereinbar?
Schinnenburg: Zum Glück wurde das zahnärztliche Werberecht vor längerer Zeit durch das Bundesverfassungsgericht liberalisiert. Seitdem darf sachlich für anerkannte Behandlungen geworben werden. Deshalb dürfen etwa Kieferorthopäden und Zahnärzte darauf hinweisen, dass sie Aligner-Behandlungen anbieten. Auch nach heutigem Werberecht darf jedoch bei der Werbung kein irreführender Eindruck erweckt werden. So darf nicht der irreführende Eindruck erweckt werden, die Behandlung würde durch approbierte Zahnärzte durchgeführt werden.
Müssen sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, damit die Vergewerblichung nicht auch in den Bereichen Bleaching und PZR weiter fortschreitet?
Schinnenburg: Wir fordern die Bundesregierung in unserem Antrag auf, die bestehenden Gesetze zu überprüfen, ob diese angesichts der gewerblichen Aligner-Angebote und den damit verbundenen Gefahren für die Patienten geändert werden müssen. Die Bundesregierung sollte eine ähnliche Prüfung auch betreffend Bleaching und PZR anstellen. Auch solche Behandlungen gehören meines Erachtens in die Hände von approbierten Zahnärzten.