„Dahin zu kommen, helfen zusammengestellte Untersuchungsangebote aus bestimmtem Anlass, auch salopp als ,Untersuchungspackages‘ (package-unit) bezeichnet: Alles was logisch zusammengehört, ist aufgeschrieben. Alles was benötigt wird, wird daraus individuell ausgewählt, nichts bleibt unberücksichtigt oder wird vergessen. So zu verfahren ist Qualitätsmanagement (QM). Immer alles ,aus der Erinnerung‘ jeweils (zufällig) zusammenzustellen, ist Missmanagement.“
Anlass sich mit dem Package „Befundung im Vorfeld der CMD-Behandlung“ eingehend zu befassen, war nicht die Fortsetzung der Artikel zu Befundungen, sondern eine Anfrage eines Fachzahnarztes für Kieferorthopädie.
Dieser trug vor: „Einen erheblichen Anteil unserer täglichen Arbeit umfassen nicht instrumentelle Untersuchungen außerhalb der klinischen Funktionsanalyse, beginnend mit der manuellen Strukturanalyse, basierend auf den Arbeiten von Prof. Bumann, Berlin, auch auf allgemeinorthopädischen, osteopathischen und manualmedizinischen Fortbildungen. Diese Untersuchungen ergeben häufig extreme Befunde, speziell im Zusammenhang mit juvenilen idiopathischen Arthritiden und anderen rheumatischen Erkrankungen, Skoliosen, aber auch durch Langzeitfolgen nach HWS-Schleudertrauma oder der Behandlung von und bei Schlafapnoen etc.).
Es ist betriebswirtschaftlich im Rahmen der GOZ/GOÄ nicht möglich, das dabei erforderliche Vorgehen und den damit verbundenen Aufwand adäquat abzurechnen. Ich halte daher eine Auswahl an möglichen Gebührenziffern für sinnvoll, die sich weniger an den mechano-funktionellen Aspekten der funktionsanalytischen Leistungen – FAL (8000 bis 8090 GOZ) orientiert, sondern vielmehr an interdisziplinär medizinischen Aspekten.
Es geht um das Diagnostizieren komplexer Pathologien zur Planung interdisziplinärer Behandlungskonzepte.“
Die Frage ist also dahin gehend zu verstehen, dass ein Konzeptschema erarbeitet werden soll, das den angesprochenen Untersuchungsumfang stimmig wiedergibt und aus dem dann jeweils fallindividuell ausgewählt werden soll.
Bedenken und Vorbehalte: Der Paragraf 1 Absatz 3 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) sagt: „Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen.“
Hier ist klar festzuhalten, dass der Zahnarzt, auch der Fachzahnarzt, sich auf Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten zu beschränken hat. Der Zahnarzt/Kieferorthopäde muss bei Anzeichen oder Verdacht auf Erkrankungen außerhalb des Zahn-, Mund- und Kieferbereichs eine Grenze ziehen, muss überweisen und kann dann, mit dem zuständigen Facharzt abgestimmt, in seinem ZMK-Bereich parallel behandeln.
Auch wenn in Veröffentlichungen in Fachzeitschriften manchmal souverän über die gesetzlichen Grenzen hinausgegangen wird, haben die nicht aufgehört zu existieren. Wem diese Grenzen zu eng erscheinen – gegebenenfalls objektiv zu eng sind –, der muss sich von seiner Zahnärztekammer Rat einholen. Der lautet gelegentlich sogar: Der Heilpraktiker darf das, Sie nicht! Und auch dann nicht, wenn der Patient sein Verlangen nach solcherart Leistungen schriftlich bekundet.
Die klinische Funktionsanalyse nach Nr. 8000 ist die Eckleistung
Es ist offensichtlich, dass nicht jeder Patient, auch nicht jeder mit temporärer Muskelverspannung etc., einer umfassenden klinischen Funktionsanalyse bedarf: vorangehende Diagnostik schafft da Klarheit.
Wie könnten Struktur und Abfolge der Befundungen im Umfeld der CMD aussehen? Das GOZ-Expertengremium der ZA e.G. hat dazu am 15. September 2016 einen Beschluss gefasst, der in der Grafik in Anlehnung an Flussdiagramme dargestellt wird.
Die dargestellten Analogziffern sind bewusst gewählt und formuliert, jedoch keineswegs verbindlich. Die angegebenen Zeiten sind die mit den Gebührenziffern betriebswirtschaftlich (noch) möglichen Zeiten, jedoch keineswegs vorgegeben und auch nicht immer hinreichend.
Das Untersuchungsschema ist unterteilt in zwei Abschnitte, die sich für die Überweisungspraxis im Indikationsfall auch zusammenlegen lassen. Bei Zweiteilung könnte in einer ersten Sitzung bereits eine Gebührenvereinbarung für den Standardablauf der Untersuchungen vorgelegt werden.
Die klinische Funktionsanalyse (8000 GOZ) selbst und die gegebenenfalls darauf folgenden Untersuchungen (manuelle Strukturanalyse, Screening auf muskulär-skelettale Co-Faktoren [Körperhaltung], Test zur psychosomatischen Belastung, Schmerzprotokollführung/-auswertung) müssen jeweils eigenständig indiziert sein aufgrund von Befunden/Hinweisen bei den klinischen Untersuchungen nach den Nummern 0010 beziehungsweise Ä6 und dem CMD-Screening (Durchsicht/Kurzuntersuchung auf Bestehen einer Craniomandibulären Dysfunktion).
Der Zahnarzt darf mit bestimmten Untersuchungen im Umfeld der CMD sein angestammtes Fachgebiet nicht verlassen und unzulässig tätig werden. Dagegen kann klärend eingewendet, werden, dass der Zahnarzt lediglich untersuchend im Zusammenhang mit einer Mund-/ Kiefererkrankung tätig wird und bei Anzeichen für oder gar Verdacht auf Auswirkung oder Ursachen eines ZMK-Leidens in Fachgebieten der Medizin entsprechend an den zuständigen Facharzt überweist.
Funktionsstatus und Funktionsanalyse: Funktionsanalytische Leistungen (FAL) modular zusammengestellt, folgend auf eine grundsätzliche Indikationsstellung in der Sitzung zur Grunduntersuchung, werden seit jeher als Leistungskomplexe geplant, da die aufeinander folgenden Gebührenziffern ein derartiges Vorgehen erfordern. Funktionsanalytische Leistungen basieren auf einer systematischen Funktionsanalyse (8000 GOZ, gegebenenfalls mit/ohne Formblatt, immer mit Dokumentation).
Die Funktionsanalyse besteht unter anderem aus dem Aufstellen eines Funktionsstatus, einer geordneten Zusammenstellung von besonderen anatomischen und pathologischen klinischen Befunden, und einer daraus resultierenden Diagnose/Differenzialdiagnose, oder Initialdiagnose. Sprachlich hat gegenüber einem „Status“ der Begriff „Analyse“ als zusätzlichen Inhalt eine Feststellung gegebenenfalls nötiger weitergehender funktioneller Untersuchungen (instrumentell, gegebenenfalls elektronisch, elektro-myografisch, Co-Faktoren, Schmerzfragebogen, Röntgenspezialaufnahmen, diagnostischer Fotostatus, klinische Tests und exspektative Verfahren etc.), hat aber auch zum Inhalt eine Feststellung zu therapeutischen Konsequenzen.
Noch erfolgt als Grundvoraussetzung der analogen Funktionsdiagnostik die Erstellung realer, bissfixierter Diagnostikmodelle, instrumentelle Registrierung, Datenauswertungen, eine Gesamtschau der Untersuchungsergebnisse und das Stellen einer Diagnose bzw. von Diagnosen. Hier werden zukünftig elektronische Verfahren mit computergestützter Auswertung die konventionellen analogen Verfahren mehr und mehr ersetzen.
Nach den (zunächst) erforderlichen Untersuchungen erfolgt in der Regel eine weitere Sitzung mit gegebenenfalls therapeutischen Konsequenzen, wenn möglich aber nach „Faktendarstellung, Wertung und Folgerungen“, gegebenenfalls Vorlage einer konkreten Planung für den 1. Abschnitt der Gesamtbehandlung, eventuell bereits mit Vorlage eines „koordinierten Ablaufplans einer Sanierung“ (Analogleistung), mit den nötigen Behandlungsabschnitten, dem Behandlungsziel und der Prognose.