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Ermessensraum, unendliche Weiten

Ein Bild, das blaue und gelbe Farbe enthält

Am 15. März 2022 tritt die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ in Kraft. Kann es Versorgungsengpässe geben? Die dzw hat die KZVen gefragt, ob es Zahlen gibt, wie viele Zahnärztinnen, Zahnärzte und in den Teams Arbeitenden geimpft sind.

Am 15. März 2022 tritt die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ laut „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ in Kraft. Nach Paragraf 20a müssen Personen, die in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen arbeiten, ab dem 15. März 2022 entweder vollständig geimpft oder nachweislich genesen sein. Darunter fallen auch die in Zahnarztpraxen Tätigen.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Kann es Versorgungsengpässe geben?

Kann das Auswirkungen auf die flächendeckende zahnärztliche Versorgung haben? Die dzw hat die KZVen gefragt, ob es Zahlen für die KZV-Bereiche gibt, wie viele Zahnärztinnen, Zahnärzte und in den Teams Arbeitenden geimpft oder ungeimpft sind, und sehr unterschiedliche Antworten erhalten.

Keine rechtliche Grundlage – keine Daten

Valide Daten liegen keiner KZV vor. Für eine verbindliche Abfrage fehlt eben eine echte rechtliche Grundlage. Aber fragen wird man ja dürfen und manche KZVen wollten es dann doch genauer wissen, müssen sie doch mit den Gesundheitsministerinnen und -ministern verhandeln und bei drohenden Versorgungsengpässen frühzeitig warnen.

Alarmiert zeigt sich etwa die Zahnärzteschaft in Sachsen-Anhalt: Mit dem Vollzug der Impfpflicht im Gesundheitswesen ab dem 16. März 2022 könne es zu deutlichen Versorgungsengpässen in der ambulanten zahnärztlichen Versorgung kommen, warnen Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt, und Dr. Carsten Hünecke, Präsident der ZÄK Sachsen-Anhalt. In einer nicht-repräsentativen Umfrage gaben ein Viertel der teilnehmenden Zahnärztinnen und Zahnärzte an, nicht geimpft zu sein. Unter den teilnehmenden Mitarbeitenden waren lediglich 43,8 Prozent vollständig geimpft. Thüringen geht nach einer nicht-repräsentativen Umfrage von 10 bis 20 Prozent Betroffenheit der Praxen durch Paragraf 20a IfSG aus. Die KZV Rheinland-Pfalz geht nach einer Umfrage von Ende Januar von rund zehn Prozent der rheinland-pfälzischen Zahnarztpraxen aus, die ihren Betrieb einschränken müssen, wenn ein Beschäftigungsverbot für das nicht immunisiertes Personal erteilt wird. Versorgungsengpässe seien nicht zu befürchten.

Umsetzung ja, aber

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) unter dem Vorsitz von Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne hat sich für die zügige Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen. Schmidt und Hünecke haben sich wiederum bereits an ihre Landesministerin Grimm-Benne gewandt und darauf verwiesen, dass der Ermessensentscheidung der Gesundheitsämter über die konkreten Tätigkeits- oder Betretungsverbote für nicht-immunisiertes Praxispersonal eine besondere Bedeutung zukommen müsse, um eine zahnärztliche Unterversorgung in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes zu vermeiden.

Zur falschen Zeit im falschen Amt? Mag sich die Grimm-Benne fragen, kann sie als GMK-Vorsitzende nur schwer ihre Landesinteressen vor das Bundesgesetz stellen.

So ganz in den GMK-Einheitsreigen will sich aber etwa Sachsen denn doch nicht einreihen. Hier heißt es aus dem verantwortlichen Ministerium: „Versorgungssicherheit hat oberste Priorität“. Im Pflegebereich geht das Ministerium von 70 Prozent Grundimmunisierten aus. So heißt es dann auch aus dem Ministerium: „Im Ermessen des Gesundheitsamtes ist zu prüfen, welches Infektionsrisiko für vulnerable Personen bei einer fortgeführten Tätigkeit bestehen würde und ob Hinweise auf wesentliche Beeinträchtigungen der Versorgung der Patienten oder Pflegebedürftigen als Folge der Umsetzung des Verbots vorliegen.“ Die Gesundheitsministerin von Brandenburg, Ursula Nonnemacher, sagt in ihre generelle Zustimmung zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aber auch: „Klar ist, dass die Sicherstellung der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung in allen Regionen oberste Priorität hat.“

Rettungsanker Ermessensspielraum?

Tschüss Bundesgesetz? Oder Ermessensspielraum at its best? Na, man kann den Laden halt auch nicht zumachen. Ein wenig mag man sich schon wundern, warum die Länder im Bundesrat diese Regelung wider besseres Wissen zur Umsetzbarkeit geschluckt haben.

Da mutet die Kritik des bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek krokodilstränig an: „Anhand welcher Kriterien sollen die Gesundheitsämter entscheiden, ob und wenn ja, welches ungeimpfte Personal weiterarbeiten darf? Wie sollen sie bewerten, ob die Versorgung weiterhin sichergestellt ist? … All das ist unklar: Daher pochen wir auf ganz konkrete Vorgaben des Bundes.“

Hinsichtlich der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sieht auch der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer, die Zahnärzteschaft erneut mit einem handwerklich schlecht gemachten und unzureichend durchdachten Gesetz konfrontiert, dessen Umsetzung und Konsequenzen für den Versorgungsalltag nicht geprüft worden seien.

Spielraum, unendliche Weiten.