Heute hüh, morgen hott. Die Gesellschafter der Gematik –BMG (51 Prozent), BÄK, BZÄK, DAV, DKG, GKV-SV, PKV, KBV und KZBV – drehen sich wie ein Fähnchen im Winde. Gestern mussten noch zwingend alle Konnektoren, deren Sicherheitszertifikat bis Ende 2024 ablaufen wird, verschrottet und ausgetauscht werden. Alternativlos, wie es hieß. Heute sind es „nur“ noch alle Konnektoren, deren Zertifikat bis August 2023 ausläuft.
Telematikinfrastruktur: Die Alternative zu alternativlos
Hm, mag sich die besonnene Zahnärztin denken: Wenn ich meine Praxis so führen würde, wie die Gematik agiert, dann gute Nacht. Aber der Strom der GKV- und PKV-Versichertengelder versiegt nicht und trägt wohlfeil die Gehälter der Gematik-Hauptamtlichen. Aber eine echte Kontrolle darüber, was die Gesellschafter der Gematik so treiben, scheint es nicht zu geben. Und das BMG schließt auch segnend beide Äuglein. Und der außenstehende Betrachter reibt sich dieselben vor der offenkundigen Ineffizienz.
Die nun doch gefundene Alternative fiel wohl vom Himmel. In der spärlichen Presseerklärung der Gematik heißt es: „Für Geräte, die ab September 2023 ablaufen, werden Wahlmöglichkeiten für den TI-Anschluss einer medizinischen Einrichtung denkbar – neben dem Konnektortausch eine Laufzeitverlängerung der TI-Gerätekarte oder ein Anschluss über eine Rechenzentrumslösung.“ Eine Begründung für das Datum des Austauschstopps lieferte die Gematik nicht. Und nicht alle Gesellschafter waren davon begeistert. Allein die KBV stimmte mit „Nein“ zu diesem Beschluss. Warum? Die vage Begründung der KBV: „Dieser Beschluss lässt die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen aktuell vollkommen im Unklaren, was verbindliche Aussagen zu möglichen Alternativen eines Konnektorentauschs angeht.“ Hunde, die bellen, beißen eben auch nicht. Und die zahnärztlichen Gesellschafter der Gematik haben ja eh ein Schweigegelübde zu sämtlichen Entscheidungen abgelegt.
In diesem Jahr müssen 15.150 Konnektoren ausgetauscht werden. Bis Ende August 2023 noch einmal rund 39.000 Geräte. Das dürften in erster Linie die Konnektoren der ersten Generation von CGM sein. Bei einer Erstattungspauschale von 2.300 Euro kostet dieser abgespeckte Konnektortausch die Krankenversicherten mindestens 124 Millionen Euro.
Kosten. Nutzen?
Um die weiteren Kosten für das Schließen der Sicherheitslücke der Konnektoren ab September 2023 möglichst gering zu halten, muss die Gematik nun zügig die notwenigen Spezifikationen ausarbeiten und veröffentlichen, denn nur dann können die Hersteller die notwendigen Updates für die „Laufzeitverlängerung der TI-Gerätekarte“ auch entwickeln. Und kostenlos werden sie es auch nicht tun. Schließlich sind es Unternehmen, die – anders als die Gematik – kostendeckend und gewinnbringend arbeiten müssen und wollen.
Wie viel Geld die Einführung der TI bislang insgesamt gekostet hat lässt sich nicht mit „offiziellen“ Zahlen beziffern. Bei Wikipedia heißt es ohne wirkliche Quellen- und Zeitangabe: „Die Gematik schätzte die Gesamtkosten des Projekts auf 14 Milliarden Euro.“ Der Nutzen liegt für weite Teile der Teilnehmer bei Null. Seit dem 1. Juli 2022 gibt es zumindest für Zahnärzte die erste sinnstiftende Anwendung: das „Elektronische Beantragungsverfahren Zahnärzte“ (EBZ). Hier können beispielsweise eHKPs direkt aus dem PVS an die Krankenkassen übermittelt werden. Nach Angaben des VDDS werden 80 bis 90 Prozent der eHKPs per Algorithmus bewilligt. Oft schon am gleichen Tag. Ab 1. Januar 2023 gilt das EBZ verpflichtend. Ein erstes Sternschnüppchen am grauen Himmel der Telematikinfrastruktur.