Der Kommentar von Chefin vom Dienst Annette Schröder
„Achtung! Es wird nur noch bis zum 30. April 2023 möglich sein, andere Personen über die Corona-Warn-App zu warnen“, teilt mir besagte App mit. Die gemeldeten Coronafälle in meiner Region gerade einmal im zweistelligen Bereich. War’s das jetzt? Haben wir die Pandemie nun endlich überstanden?
Maskenpflicht ist fast überall aufgehoben
Die Maskenpflicht ist fast überall aufgehoben, seit Anfang April auch in Arztpraxen. Menschen rücken überall wieder unbekümmerter zusammen, in öffentlichen Verkehrsmitteln wird es enger, in Restaurants hört man jetzt öfter wieder die Frage „Entschuldigung, dürfen wir uns dazusetzen?“. Das wäre noch im vergangenen Jahr als geradezu unerhört empfunden worden. In vielen Bereichen war schnelles Umdenken gefragt, mobile oder hybride Arbeitsformen wurden überall dort angewandt, wo es möglich war, Kongresse fanden – mit mehr oder weniger Erfolg – online statt, die Digitalisierung wurde in ungeahnter Geschwindigkeit vorangetrieben – auch im Gesundheitswesen.
Aber auch, wenn wir die Pandemie für beendet erklären können, haben wir doch gerade erst begonnen zu verstehen, welche Folgen sie haben wird. Long-Covid, Bildungsrückstand, Depressionen, Bewegungsmangel, Fettleibigkeit, Diabetes – um nur einige Stichwörter zu nennen.
Corona-Pandemie weiterhin großen Einfluss auf Gesundheit
Die Krankschreibungen aufgrund von Atemwegserkrankungen wie Grippe oder Erkältungskrankheiten haben nach einer Untersuchung des Barmer-Instituts für Gesundheitssystemforschung zu Beginn des Jahres neue Höhen erreicht, und Ende vergangener Woche meldete die Pronova BKK nach einer Befragung von Psychiatern und Psychotherapeuten, dass die Corona-Pandemie weiterhin den stärksten Einfluss auf die psychische Gesundheit der Deutschen habe.
Eines der größten Probleme, das in den nächsten Jahren auf uns zukommt, könnte jedoch die fehlende Vorsorge sein. Denn bei aller Freude über die Digitalisierungsfortschritte: Der Patient muss immer noch zum Arzt kommen. Ob Krebsvorsorge oder der regelmäßige Zahnarztbesuch, in der Corona-Zeit hat so mancher den Weg in die Praxen gescheut. Das von der Bundesregierung eingeführte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG), das die Mittel für eine gerade erst eingeführte moderne Parodontitisversorgung gleich schon wieder zurückfährt, kann hier insbesondere aus zahnärztlicher Sicht nur die falsche Strategie sein.
Prostest gegen das GKV-FinStG
„Das war ein echter Meilenstein in der zahnmedizinischen Versorgung. Und nicht mal anderthalb Jahre später werden die dafür notwendigen Mittel wieder gestrichen. Wir fordern die Politik auf, die Kürzungen bei der Parodontitistherapie zurückzunehmen“, erklärt Dr. Holger Seib, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, wie so viele andere, die den Prostest gegen das GKV-FinStG beziehungsweise den Kampf für eine vernünftige Versorgungs- und Behandlungsmöglichkeit gegen die Volkskrankheit Parodontitis auch im Namen ihrer Patienten noch nicht aufgegeben haben.
Es zeichnet sich immer deutlicher ab: Parodontitis hat gemeinsame Risikofaktoren unter anderem mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, COPD und obstruktiver Schlafapnoe. Die European Federation of Periodontology (EFP) und der europäische Zweig des wissenschaftlichen Hausärzte-Verbands (Wonca) haben im März einen gemeinsamen Konsens publiziert, in dem sie eine engere Zusammenarbeit zwischen Praxen für Zahn- (orale) und allgemeine Medizin fordern.
Mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit, ein Zusammenrücken der verschiedenen ärztlichen Disziplinen im Interesse der Patienten – das ist ein Schritt in die richtige Richtung.