Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick
Es geht wieder mal um das liebe Geld. Und um die Zahnärzteschaft. Beides wird gerne, vor allem von Politikern, zu einem flexibel einsetzbaren Begriffsamalgam und, je nach Situation, zu einem stammtischhaften Universal-Argument herangezogen, um eine ganze Berufsgruppe in den Senkel zu stellen und als nimmersatt zu diskreditieren. Solche Dinge sind die Zahnärzte längst gewohnt. Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass irgendwo in Deutschland die Keule Neid hervorgeholt und ohne Federlesen die Mär vom reichen Zahnarzt wieder und wieder erzählt wird. Niemanden stört es (außer die Betroffenen), dass die Mär nicht wahrer wird, nur weil sie gebetsmühlenartig wiederholt wird. (Was wirklich dran ist an der Geschichte, ist im „bösen Kommentar“ von Dr. Michael Loewener auf Seite 6 nachzulesen.)
Einkünfte aus GKV bei Zahnärzten am geringsten
Aber zurück zum lieben Geld. Was in der zahnärztlichen Geldbörse wirklich hängenbleibt, zeigt schon ein kurzer Blick auf die Zahlen des Statistischen Bundesamts, die wir gerne mit Ihnen teilen. Wobei, noch interessanter als der Blick auf die tatsächlichen, absoluten oder sonst irgendwie bereinigten Zahlen, ist die Tatsache, wie hoch der Anteil der zahnärztlichen Einnahmen aus den Töpfen der Gesetzlichen Krankenversicherung ist. Der ist, wen wundert es, im Vergleich mit allen anderen ärztlichen Berufsgruppen bei den Zahnärzten am kleinsten. Er beträgt gerade einmal 52,7 Prozent. Zum Vergleich: Arztpraxen erzielen ihre Einnahmen zu 71,7 Prozent aus der Kassenabrechnung, Psychotherapeuten sogar knapp etwas mehr als 90 Prozent.
Dass der GKV-Anteil bei den Zahnärzten so deutlich kleiner ist, liegt am politisch gewollten privaten Zuzahlungsprinzip für zahlreiche zahnmedizinische Leistungen, ein Phänomen, das in kaum einem anderen medizinischen Bereich derart stark ausgeprägt ist. Die korrespondierende andere Seite der Einnahmen, die private, ist allerdings gleichzeitig ein Langzeittrauerspiel mit einer kaum fassbaren Nichtanpassungsdauer von mittlerweile mehr als 34 Jahren. Seit 1988 liegt der GOZ-Punktwert bei 11 Pfennigen …
Steigende Ausgaben bei sinkenden Einnahmen
Wenn also die GKV-Einnahmenseite auf niedrigem Niveau liegt, die Privatabrechnung jahrzehntelang auf demselben Punktwert verharrt, die Zahnärzteschaft aber trotzdem zu den „Spitzenverdienern“ gehören soll, wie es der Sprecher des GKV-Spitzenverbands ausdrückte, dann muss es doch irgendwo, und zwar seit Jahren, bei den Zahnärzten geniale Errungenschaften geben, die das Arbeiten in der täglichen Praxis vorteilhaft erleichtern. Vorteile auf zahnärztlicher Seite könnten eine im Vergleich zu anderen Arztgruppen minimale Belastung durch Bürokratie sein, eine fehlerfreie und hundertprozentig nutzenstiftende und breit anerkannte digitale Infrastruktur sowie ein äußerst überschaubarer Bedarf an technischer Ausstattung sein.
Wie wir alle nur zu gut wissen, ist das leider nicht der Fall. Das Betreiben einer Zahnarztpraxis ist mit hohem technischem Aufwand verbunden, es ist personalintensiv, und TI und Co. funktionieren hier auch nicht besser als bei anderen medizinischen Berufen. Hinzu kommen Auflagen, etwa im Bereich Hygiene, die ihresgleichen suchen und auf einem Niveau mit den Anforderungen in Kliniken liegen.
Enger Schulterschluss mit den Patienten
Deshalb ist es richtig und wichtig, nicht nur zum Protest gegen eine immer härter werdende Kostendämpfungspolitik aufzurufen, sondern sich, wenn es irgendwie möglich ist, auch aktiv und persönlich daran zu beteiligen. Die wohl konzeptionierte Kampagne „Zähne zeigen!“ bietet dafür den passenden Rahmen. Wie an anderer Stelle beschrieben, führt kein Weg am engen Schulterschluss mit den Patienten vorbei. Die Diskussion der Entwicklung im geschützten Raum des Behandlungszimmers ist eine Sache, der deutliche und lautstarke Protest auf der Straße eine andere. Beide zusammengenommen können dafür sorgen, den jeweiligen Adressaten das Thema bewusst zu machen. Gesundheit ist nicht verhandelbar, eine angemessene Leistungsvergütung schon.