Herr Kollege Westermann, wie unterscheidet sich eine professionelle Zahnreinigung von einer UPT?
Dr. Wolfgang Westermann: Die PZR ist Teil der präventiven Betreuung, ob in Prävention, Initialtherapie oder Recall/UPT. Es gibt im Prinzip keinen Unterschied zwischen einer primären und sekundären Prophylaxe-Sitzung. Zu beiden gehört neben der überwiegend supragingivalen Belagentfernung eine sorgfältige Aufklärung und Mundhygiene-Instruktion, einschließlich gingivaler Indizes, Kontrolle des Übungserfolgs und Remotivation. Bei Erwachsenen gibt es bekanntlich für diese Leistungen nur die GOZ-Positionen.
Hätte die PZR nach Einführung einer UPT-Position im Bema noch einen Sinn? Wäre sie dann nur noch eine überflüssige iGeL-Leistung?
Dr. Wolfgang Westermann: Alle Patienten, die nicht parodontal vorbehandelt sind, wären ohne separate Möglichkeit einer PZR individualprophylaktisch außen vor. Für die primäre Parodontitis-Prävention wäre das eine Katastrophe – und übrigens ebenso für die Karies-Prävention. Im Prinzip hat das die European Federation of Periodontology mit ihren aktuellen Stellungnahmen bestätigt. Das individuelle Erkrankungsrisiko ist nach wie vor zu hoch.
Die oben beschriebenen präventiven Leistungen müssten bei Patienten, die nicht parodontal vorbehandelt sind, selbstverständlich weiterhin auf Privat-Basis erbracht werden. Das gilt auch bei der möglichen Einführung einer neuen Bema-Position für die UPT. Grundsätzlich müssen aber Umfang und Qualität der Maßnahmen stimmen, siehe erste Antwort. Zehn Minuten Airpolishing plus Wohlfühlpaste kann es nicht sein, auch nicht bei parodontal weitgehend gesunden Patienten.
„Es müsste in deutlich mehr Praxen die Infrastruktur für Therapie und Erhaltungstherapie geschaffen oder verbessert werden, räumlich und personell.“
Dr. Wolfgang Westermann
Lässt sich die die hohe Zahl von schwer parodontal Erkrankten in Deutschland mit den aktuellen Kapazitäten und der vorhandenen Infrastruktur bewältigen?
Dr. Wolfgang Westermann: Das ist sicher nicht möglich. Dazu ein Rechenbeispiel: Für eine mittelschwere bis schwere Parodontitis habe ich einen Zeitaufwand von sechs Stunden im ersten Jahr, davon je zweimal eine Stunde für Instruktion und Initialtherapie, Therapie und Recall (UPT). Für 100 Patienten mit durchschnittlich drei Recalls sind das allein 300 Stunden im folgenden Jahr. Bei angenommenen 1.500 Behandlungsstunden für einen Zahnarzt wären das nur 500 UPT-Patienten, ohne andere Maßnahmen und ohne Neupatienten mit Parodontitis. Es gibt also einen erheblichen Bedarf an gut ausgebildetem Personal.
Wie haben Sie in Ihrer Praxis die parodontale Nachsorge organisiert?
Dr. Wolfgang Westermann: Ich beschäftige eine Dentalhygienikerin und zwei ZMFs, die zusammen ganztags zwei unserer vier Zimmer belegen. Meine ZMFs sind sehr sorgfältig ausgebildet und übernehmen deshalb weitgehend dieselben Aufgaben wie die DH. Wie in unserem Kammerbereich bekannt ist, gibt es die ZMF-Ausbildung in dieser Form leider nicht mehr. Angehende ZMFs kündigten ihre Arbeitsstelle und reservierten ein halbes Jahr ausschließlich für ihre Ausbildung. Dazu gehörten Blockunterricht, Praktika an der Universität Münster und in autorisierten Praxen, wozu übrigens auch meine gehörte. Die Abschlussprüfung bei der Zahnärztekammer organisierte der renommierte Parodontologe Professor Dieter E. Lange.
Wie können in Deutschland mehr erkrankte Patienten erreicht werden?
Dr. Wolfgang Westermann: Es müsste mehr Diagnostik stattfinden. Jeder Patient kann ein Parodontitis-Patient sein. Es müsste in deutlich mehr Praxen die Infrastruktur für Therapie und Erhaltungstherapie geschaffen oder verbessert werden, räumlich und personell. Die parodontologische Aus- und Fortbildung müsste, auch in der Breite, deutlich verbessert und praxisbezogener dargeboten werden. Vor allem müssten nicht nur der fachliche Hintergrund, sondern auch Organisation und praktische Umsetzung der Parodontitis-Therapie vermittelt werden.