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Der Wolf im Schafspelz

Der Kommentar von dzw-Redakteurin Brigitte Dinkloh
 

Am kommenden Sonntag finden in Thüringen und Sachsen Landtagswahlen statt. Wählerumfragen deuten darauf hin, dass viele Wähler meinen, extreme Parteien könnten das Land besser regieren. 

Wie das Ergebnis auch ausgehen mag, eins kann man der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer in Thüringen auf keinen Fall vorwerfen: mangelndes politisches Interesse. Mehrfach haben beide Gremien der medizinischen Selbstverwaltung die politischen Parteien an einen Tisch gebracht, sie ihre Vorstellungen von der Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung darlegen und diskutieren lassen und Zuhörer und Leser zur politischen Meinungsbildung angeregt. Dabei war man um Ausgleich und Fairness bemüht bei der doch teils hitzigen Debatte, wie denn die medizinische Versorgung in Thüringen in Zukunft am besten sichergestellt werden könne.

Gemeinschaft der Heilberufe erarbeitet Positionspapier

Das jüngste Format, nur gut eine Woche vor der Landtagswahl, war der „Faktencheck Gesundheitspolitik“, ein Diskussionsformat, das von der Gemeinschaft der Heilberufe in Thüringen präsentiert wurde. Alle wichtigen Akteure in der Gesundheitsversorgung vor Ort, von der Apothekergewerkschaft über Ärzteverbände bis hin zur KZV Thüringen, haben ihre Stimmen gebündelt, um klarzumachen, wie gerade im Flächenland Thüringen, das noch stärker vom demografischen Wandel und der Abwanderung betroffen ist als andere Regionen, die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung in Zukunft gewährleistet werden kann. Dabei kamen die Stimmen zu Wort, die wirklich im Thema sind und tagtäglich durch das Tal der Mühen gehen. Und man spricht mit einer Stimme, alle Forderungen sind im Positionspapier „Ambulante Versorgung jetzt stärken!“ nachzulesen. Diese lauten:

  1. Ambulantisierung umsetzen: Stärkung der Ärzte in niedergelassener Praxis, aber nicht von iMVZ
  2. Tragfähige Finanzierung: die steigenden Kosten für Praxen und Apotheken müssen refinanziert werden
  3. Fachpersonal stärken: Wettbewerbsfähige Gehälter für das Team und stärkere Einbindung in Aus- und Fortbildung
  4. Nachwuchsoffensive: Erweiterung des Studienangebots der medizinischen und pharmazeutischen Studiengänge im Land und eine Ausbildungsoffensive 
  5. Entbürokratisierung: Abbau unnötiger und zeitraubender Dokumentation und mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung
  6. Sinnvolle Digitalisierung: Einsatz marktreifer Technik und Refinanzierbarkeit

Der Diskussionsrunde im „Faktencheck Gesundheitspolitik“ wurden diese Forderungen mittels eines Kurzfilms vorweg gestellt. In der Folge durften alle im Landtag vertretenden Parteien und das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) jeweils 15 Minuten lang auf die Fragen von Moderator Alexander Müller, Chefredakteur der „Pharmazeutischen Zeitung“, antworten. Wobei für die Parteien jeweils ein landes- und ein bundespolitischer Politiker sprechen durften. 

Bei einigen Punkten war man sich durch die Bank (fast) einig: Stärkung der ambulanten Versorgung durch eine Ausweitung der Niederlassungsförderung, den Ausbau der Kapazitäten in medizinischen/pharmakologischen Studiengängen mit einem „Klebeeffekt“, so wie er jetzt ansatzweise bereits mit der Land-(Zahn-)arztquote umgesetzt wird, weniger Bürokratie und mehr Wertschätzung für Ärzte und Teams. 

Die Wähler nicht für dumm verkaufen

Aber es gab natürlich auch abweichende Meinungen. Während Linke, SPD und Grüne sich für eine Bürgerversicherung stark machten, sprachen sich CDU und FDP für eine Effizienzsteigerung aus. Die AfD behauptete, der Ärzteschaft würde jährlich eine Milliarde Euro vorenthalten. Für die Finanzierung der Mehrausgaben im Gesundheitsweisen schlug sie die Abschaffung von unnötigen Ausgaben, wie beispielsweise von Genderlehrstühlen, vor. Ebenso irritierte sie mit der Aussage, dass sie für den Abbau der Bürokratie mit Ärzten sprechen wolle, aber nicht mit den Verbänden.

Und überhaupt habe man viele Anträge ja bereits eingebracht, aber niemand habe die AfD unterstützen wollen. Schade, dass Moderator Müller hier nicht stärker nachgehakt hat. Denn so entstand der Eindruck, die AfD sei eine Partei wie jede andere. Dabei standen mit Dr. Christina Baum und Dr. Wolfgang Lauerwald zwei nicht mehr praktizierende Mediziner auf dem Podium, die Verbindungen ins rechtsextreme Milieu pflegen. Auf dem Ticket der Gesundheitspolitik konnten sie so weiter auf Stimmenfang gehen, sich gewissermaßen als Wolf im Schafspelz für die Politik in Thüringen verkaufen. 

sieben Personen auf Hochstühlen sitzend mit Mikrofonen in der Hand

Beim Faktencheck Gesundheitspolitik" diskutierten über die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung in Thüringen (v.l.): Prof. Dr. Johannes Nowak (BSW), Tina Rudolph (SPD), Anne-Sophie Bohm (Bündnis 90/ Die Grünen), Robert Martin Montag (FDP), Dr. Wolfgang Lauerwald (AfD), Ralf Plötner (Die Linke) und Christoph Zippel (CDU)