Jeden Monat erscheinen auf dem Gebiet der Zahn- und oralen Medizin viele Hundert wissenschaftliche Fachartikel. Einmal im Monat bieten wir unsern Lesern eine kleine Auswahl.
Empfehlungen zu Mundtrockenheit
Mundtrockenheit (Xerostomie) wird verursacht durch altersbedingt reduzierte Salivation, Speicheldrüsen-Entzündungen, Medikamente, ungünstige Ernährung, systemische Erkrankungen (zum Beispiel Diabetes, Alzheimer, Parkinson), psychische Erkrankungen oder Radiotherapie [1]. Der Zustand kann sehr problematisch sein, ein Patientenratgeber im „Journal of the American Dental Association“ (JADA) listet als Folgen [1]:
- Halitosis
- Schleimhautentzündung
- Schwierigkeiten beim Kauen, Schlucken oder Sprechen
- Schlecht passende schleimhautgetragene Prothesen
- Erhöhtes Kariesrisiko
Die überwiegend einfach umzusetzenden Patientenempfehlungen gegen Xerostomie geben den aktuellen Stand der (Selbst-)Therapie in einfachen Worten wieder. Sie sind aber auch für das Praxisteam bei der Beratung hilfreich. Patienten sollten zum Beispiel Zucker, Salz und Koffein reduzieren und den Konsum von Tabakprodukten und Alkohol vermeiden. Hilfreich ist dagegen:
- Regelmäßiges Trinken zuckerfreier Getränke, Lutschen von gefrorenem Wasser
- Zuckerfreier Kaugummi
- Lippenbalsam auf Lanolinbasis
- Gute und regelmäßige Mundhygiene (einschließlich Interdentalraumpflege), alkoholfreie Mundspüllösungen
- Regelmäßige zahnärztliche Kontrollen mit Abklärung und Beratung zu Ursachen
Verbesserter Randschluss von Klasse-V-Füllungen
Der Randschluss von Zahnhalsfüllungen ist häufig schwierig zu erreichen, adhäsive Kompositfüllungen sind techniksensitiv. Forscher der Universität Zürich untersuchten den Einfluss einer vorangehenden Infiltration auf die Randdichtigkeit [2]. Dafür wurde an Rinderzähnen in vitro jeweils eine Hälfte von 60 schmelzbegrenzten Kavitäten vor der adhäsiven Versorgung mit Salzsäure demineralisiert und mit Icon (DMG) behandelt (Test). Die zweite, nicht infiltrierte Kavitätenhälfte diente als Kontrolle. Als Adhäsive wurden ein gefülltes mehrstufiges (Optibond FL, Kerr), ein ungefülltes mehrstufiges (Syntac Classic, Ivoclar Vivadent) und ein selbstätzendes Produkt (iBond Self Etch, Kulzer Dental) verwendet.
Die beste Randdichtigkeit erreichte das gefüllte Adhäsiv – und zwar sowohl mit als auch ohne vorangehende Infiltration des Randbereichs. Bei den anderen beiden Produkten verbesserte die Infiltration die Randgenauigkeit gegenüber der nicht infiltrierten Kavitätenhälfte. Die Autoren gehen davon aus, dass das Infiltrationsmaterial durch anschließend aufgetragenes Adhäsiv mechanisch gestärkt wird. Dies sei aber beim gefüllten Produkt (Optibond FL) nicht der Fall, sodass Infiltration bei dessen Verwendung keinen Effekt hat. Um den adhäsiven Verbund zu sichern, sollte zudem Dentin nicht mit der Salzsäure in Kontakt kommen. Mögliche biologische Effekte der Ätzung auf Dentin werden von den Autoren nicht diskutiert.
Vertikale Extraktion erfordert weniger Aufklappungen
Vor Implantationen, aber auch vor konventioneller Prothetik sollte durch schonende Extraktionen der Alveolarknochen so wenig wie möglich beschädigt werden. In einer prospektiven Fallserie konnten 276 von insgesamt 323 Zähnen (85,4 Prozent) erfolgreich mit einem vertikalen Extraktionssystem (Benex, Helmut Zepf und Hager & Meisinger) entfernt werden [3]. Einbezogen wurden nur tief zerstörte Frontzähne und Prämolaren, die maximal eine Grad-I-Beweglichkeit aufwiesen.
In der vertikalen Extraktionsgruppe musste in 18 Fällen (5,6 Prozent) aufgeklappt und der Knochen fallweise mit rotierenden Instrumenten bearbeitet werden. Die übrigen 29 Extraktionen scheiterten aus anderen Gründen. In einer Vergleichsgruppe mit gleichen Einschlusskriterien und bei Verwendung konventioneller Zangen-, Periotom- und Hebelextraktion musste in 22 Prozent der Fälle aufgeklappt werden (12 von 94 Zähnen). Die Autoren folgern, dass die vertikale, gerätebasierte Methode eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit hat und deutlich weniger Lappenpräparationen erfordert als konventionelle Methoden. Prospektive kontrollierte Studien sollten aber folgen.
Schlaf- und Wachbruxismus könnten CMD-Risiko erhöhen
Schmerzhafte kraniomandibuläre Dysfunktionen haben mit 10 Prozent eine hohe Prävalenz und beeinträchtigen die Lebensqualität betroffener Patienten. In einer Fall-Kontroll-Studie wurde nach Zusammenhängen zwischen Schlaf- und Wachbruxismus und Auftreten einer CMD gesucht [4]. Forscher der Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf, Charité Berlin und Minnesota nutzten dafür Fragebögen und klinische Unterlagen von 705 Probanden aus der Allgemeinbevölkerung (74 Prozent) und dem eigenen Patientengut (24 Prozent).
Es zeigte sich, dass beide Bruxismusformen für sich genommen das Risiko für schmerzhafte CMD erhöhten (Odds ratio als zuverlässiges Maß für Wahrscheinlichkeit). Zusätzlich hatten Patienten, bei denen zugleich Schlaf- und Wachbruxismus vorlag, ein additiv erhöhtes CMD-Risiko. Das spricht dafür, dass das mit einer Bruxismusform assoziierte höhere CMD-Risiko bei zusätzlichem Vorliegen der zweiten modifiziert wird.
Die Autoren weisen auf die insgesamt hohe Validität ihrer Daten hin, die unter anderem auf den CMD-Diagnosen von je zwei Untersuchern und eines Radiologen basieren. Zugleich räumen sie ein, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen CMD-Symptomatik und den Bruxismusformen durch das retrospektive Studiendesign nicht sicher feststellbar sei. Ihre Schlussfolgerung eines synergistischen, additiven Zusammenhangs stellen die Forscher aber in ihrer Zusammenfassung nicht infrage.
Gesundheitsbewusstsein der Mutter schützt Jugendliche
Das Kariesrisiko von Kindern ist bekanntlich mit ungünstigen sozialen Faktoren assoziiert. Laut Deutscher Mundgesundheitsstudie (DMS V) steigt es bei Eltern aus einer niedrigeren sozialen Schicht. Nach einer aktuellen Untersuchung der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) sinkt das Risiko zudem, wenn Eltern ein höheres Bildungsniveau haben. In einer brasilianischen Studie wurde bei 1.195 Jugendlichen und deren Müttern der Zusammenhang zwischen Kariesinzidenz und Kohärenzsinn (Sense of Coherence nach Antonowsky) untersucht. Letzterer beschreibt nach Wikipedia die Fähigkeit eines Menschen, die ihm gebotenen Ressourcen für die eigene Gesundheit zu nutzen. Der Kohärenzsinn wird unter anderem durch das soziale Umfeld bestimmt.
Die Kariesprävalenz lag in der Stichprobe bei 41,8 Prozent und war damit relativ hoch. Der Zusammenhang zwischen mütterlichem und jugendlichem Kohärenzsinn war nur moderat. Kinder von weniger gesundheitsorientierten Müttern konnten also selbst durchaus gesundheitsorientiert sein. Ein höherer Kohärenzsinn der Mutter war aber – wenig überraschend – mit einer durchschnittlich geringeren Kariesrate beim Heranwachsenden assoziiert und damit ein protektiver Faktor. Sichtbare Plaque und niedrigere soziale Schicht waren dagegen mit höherer Kariesinzidenz verknüpft. Die Ergebnisse stimmen insgesamt gut mit den oben genannten deutschen Daten überein und bestätigen bekannte statistische Zusammenhänge zwischen sozialer Schicht, Gesundheitsverhalten und Kariesinzidenz.
Literatur
[1] Mark AM. Limiting the effects of dry mouth. J Am Dent Assoc 2017;148:626.
[2] Korner P, El Gedaily M, Attin R, Wiedemeier DB, Attin T, Taubock TT. Margin Integrity of Conservative Composite Restorations after Resin Infiltration of Demineralized Enamel. The Journal of Adhesive Dentistry 2017;19:483-489.
[3] Hong B, Bulsara Y, Gorecki P, Dietrich T. Minimally invasive vertical versus conventional tooth extraction. The Journal of the American Dental Association 2018;149:688-695.
[4] Reissmann D, John M, Aigner A, Schön G, Sierwald I, Schiffman E. Interaction between awake and sleep bruxism is associated with increased presence of painful temporomandibular disorder. J Craniomand Funct 2018;10:201-216.
[5] Lage CF, Fulgencio LB, Corrêa-Faria P, Serra-Negra JM, Paiva SM, Pordeus IA. Association between dental caries experience and sense of coherence among adolescents and mothers. International Journal of Paediatric Dentistry 2017;27:412-419