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Patienten wünschen sich individuelle ­Befunde und Aufklärung

Frau Behandlung Zahnarzt

Die neue PAR-Richtlinie: Sprechende Zahnmedizin – was Patienten wollen

Wer kennt ihn nicht, den Filmklassiker mit Mel Gibson „Was Frauen wollen…“. In dem Film geht es auf humorvolle Art um Kommunikation und das Erreichen von Kunden – in dem Fall Frauen, die mit Werbekampagnen auf Produkte aufmerksam gemacht werden sollen. Dabei kann der Held des Films die Gedanken der Frauen hören und so seine Anzeigen gezielter gestalten. Was hat das jetzt mit unserer neuen Richtlinie zu tun? Nun, viel – denn wissen wir immer genau wie wir unsere Patienten ansprechen sollen und was unseren Patienten wichtig ist?

Eine spannende Frage, die die Unternehmensberatung Synchrodent in einer großen Umfrage den Patienten ihrer Kunden gestellt hat. In der Zeit von Mai bis Juli 2021 wurden in acht Praxen aus vier Bundesländern insgesamt 1.264 Patienten befragt. Unter anderem wurde die Frage gestellt: „Welche unserer Leistungen/Services sind bei der Dentalhygiene-Behandlung besonders wichtig für Sie?“ (Mehrfachnennung waren möglich). Abbildung 1 zeigt das Ergebnis:

Grafik zur Umfrage einer Patientenbefragung


Bei der Auswertung der Antworten haben die Praxen sehr schnell erkannt, dass die Bedürfnisse der Patienten nicht genügend Berücksichtigung im Praxisalltag finden. Viel zu selten werden individuelle Befunde und die Aufklärung über optimale Mundhygiene in den Vordergrund gestellt. Aber genau das wünschen sich die Patienten!

Dieser Bedürfnislage kommt die am 1. Juli in Kraft getretene neue PAR-Richtlinie entgegen. Neue Abläufe und Leistungen wurden in die Behandlungsstrecke parodontal erkrankter Patienten integriert. Konkret sind das unter anderem das parodontale Therapie- und Aufklärungsgespräch (ATG) und die Patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung (MHU), neue Leistungen für unsere GKV-­Patienten.

ATG und MHU: ­Leistungen für GKV-Patienten

Diese beiden Leistungen geben der so notwendigen „sprechenden Zahnmedizin“ Raum für die Betreuung unserer Patienten, um Zusammenhänge und Notwendigkeiten zu verdeutlichen denn: Parodontitis ist eine sehr komplexe Erkrankung, die von vielen Faktoren beeinflusst wird. Einige dieser Faktoren sind therapeutisch beeinflussbar, andere nicht. Ziel der Therapie ist es daher, die Risikofaktoren zu reduzieren, um die Entzündung beherrschbar zu machen und den Knochenabbau zum Stillstand zu bringen beziehungsweise entscheidend zu verlangsamen.

Doch das erfordert eine aktive Mitarbeit der Patienten, die mit „sprechender Zahnmedizin“ positiv unterstützt werden kann. Ein wichtiger Baustein zur Aufklärung des Patienten ist in diesem Zusammenhang das ATG. Das Aufklärungsgespräch ist nicht delegierbar, muss also vom Zahnarzt persönlich erbracht werden. Das ATG umfasst:

  • Die Information des Patienten über seinen Befund und die Diagnose
  • Die Besprechung von ggf. bestehenden Therapiealternativen und deren Bedeutung zur Ermöglichung einer gemeinsamen Entscheidungsfindung über die nachfolgende Therapie einschließlich der Unterstützenden Parodontitistherapie (UPT)
  • Die Information über die Bedeutung von gesundheitsbewussten Verhaltens zur Reduktion exogener und endogener Risikofaktoren
  • Die Information über Wechselwirkungen mit anderen Erkrankungen

Ziel ist es, den Parodontitis-Patienten von Anfang an mit „ins Boot zu holen“. Er soll von Beginn an mit in die Behandlungsplanung einbezogen werden und auch Eigenverantwortung für den Behandlungserfolg übernehmen. Der Leitgedanke ist, das nur ein gut aufgeklärter und überzeugter Patient, der die Befunde und Konsequenzen versteht und akzeptiert, dauerhaft mitarbeiten wird.

Hier schließt sich die neue Leistung MHU an. Mundhygieneinstruktionen und Patientenmotivation stellen ebenfalls entscheidende Bestandteile des Patientenmanagements in allen Phasen der Parodontaltherapie dar. Die MHU erfolgt im zeitlichen Zusammenhang mit der Leistung AIT (Antiinfektiöse Therapie) und umfasst folgende Leistungen:

  • Mundhygieneaufklärung. Hierbei soll in Erfahrung gebracht werden, über welches Wissen zu parodontalen Erkrankungen der Patient verfügt, wie seine Zahnpflegegewohnheiten sind und welche langfristigen Ziele er, bezogen auf seine Mundgesundheit, verfolgt.
  • Bestimmung des Entzündungszustandes der Gingiva
  • Anfärben der Plaque
  • Individuelle Mundhygieneinstruktionen
  • Praktische Anleitung zur risikospezifischen Mundhygiene. Hierbei sollen die individuell geeigneten Mundhygienehilfsmittel bestimmt und deren Anwendung praktisch geübt werden.

Die meisten Patienten kennen Zahnseide, Zahnbürsten, Interdentalbürstchen und Co., verwenden sie aber nicht oder nur unregelmäßig. Gewohnheiten zu ändern ist immer schwierig und benötigt Zeit. Deshalb bietet sich für die MHU ein vierteiliges Konzept zur Instruktion der Pflegeprodukte an:

  • Vorstellung des Produkts
  • Demonstration am Modell, im Patientenmund
  • Selbständige Übungen des Patienten, ggf. mit sofortiger Korrektur
  • Übergabe von Informationsmaterial (analog/digital mit Anleitungsvideos aufs Handy des Patienten in die Prophxlaxe-App)

Nach dem Motto „tell, show, do, home leading“, werden die empfohlenen Hilfsmittel instruiert. Langsames Gewöhnen ist dabei der Turbo für die Umstellung der Gewohnheiten.

Prophylaxe-App auf dem Smartphone

Abb. 2: Per Prophylaxe-App wird der Patient dauerhaft auch zwischen den Recallterminen begleitet, dazu gehören die für ihn individuellen Empfehlungen und Instruktionen inklusive kleiner Videos zur Putztechnik sowie zur Interdentalreinigung.

Patientenausdruck oder Prophylaxe-App: Ein erkanntes Problem ist die Behaltensdauer der Informationen. Die Halbwertszeit ist gering. Zur Unterstützung des Kurzzeitgedächtnisses steht mit dem Programm „ParoStatus.de“ ein modernes Hilfsmittel zur Verfügung. Per Prophylaxe-App (Abb. 2) wird der Patient dauerhaft auch zwischen den Recallterminen begleitet. So erhält er jederzeit aktuell seine Empfehlungen und Instruktionen auf sein Smartphone inklusive kleiner Videos zur Putztechnik sowie zur Interdentalreinigung mit Bürstchen oder Zahnseide. Erläuternde individuelle Texte zur Putztechnik, Putzdauer, Putzreihenfolge und Routine vermitteln dem Patienten das Gefühl, seine Prophylaxe-Fachkraft jederzeit „in der Tasche“ zu haben.

Für Patienten die kein Handy haben und so diese Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen können, steht ein „Mundhygieneplan“ aus dem ParoStatus-Programm zum Ausdrucken zur Verfügung. Alle Empfehlungen sind übersichtlich dargestellt. Die Bürstchen in den unterschiedlichen Farben sind im Zahnschema eingezeichnet. Ob analog oder digital, es ist wichtig, dass die Patienten alles griffbereit und gut visualisiert mit nach Hause nehmen!

Fazit

Die neue Richtlinie stellt einerseits das Praxisteam vor neue Herausforderungen, bietet aber auch neue Chancen für Patienten und Praxen. Zahlreiche neue Abrechnungspositionen sind hinzu gekommen, so dass wir unsere Patienten viel effizienter behandeln und betreuen können. Besonders die Leistungen der sprechenden Zahnmedizin und die Befundevaluationen werden die Motivation zur Mitarbeit des Patienten erhöhen und so für eine bessere Mundgesundheit sorgen. Analoge und digitale Unterstützungs-Tools stehen zur Verfügung.

Sylvia Fresmann
Deutsche Gesellschaft für
DentalhygienikerInnen e.V.
Fresmann@dgdh.de            


und Yvonne Kasperek
Synchrodent Unternehmensberatung
www.synchrodent.de