Bei Gesellschaftsverträgen, Arbeitsverträgen und auch bei Praxisabgabeverträgen stellt sich immer wieder die Frage, ob und in welchem Umfang ein Wettbewerbsverbot vereinbart werden soll. Doch was ist das eigentlich genau, und ist es sinnvoll, ein solches zu vereinbaren?
Das Wettbewerbsverbot – Konkurrenzschutz
Bei einem Wettbewerbsverbot – oder auch Konkurrenzschutzklausel – in Praxiskaufverträgen geht es in erster Linie darum, den Praxisübernehmer vor einer zahnärztlichen Tätigkeit des Praxisabgebers nach dem Verkauf der Praxis zu schützen. Denn wenn der Praxisabgeber nach dem Praxisverkauf in unmittelbarer Nähe der Praxis weiterhin zahnärztlich (etwa angestellt) tätig ist, könnte dies sowohl Auswirkungen auf den übernommenen Patientenstamm als auch auf das übernommene Personal (merke: Bei einem Praxisverkauf handelt es sich um einen Betriebsübergang gemäß Paragraf 613a BGB) haben. Im worst case könnte es also zu einem Patienten- und/ oder Mitarbeiterrückgang kommen. Ein Wettbewerbsverbot soll den Praxisübernehmer vor diesem Szenario schützen.
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass ein Wettbewerbsverbot von der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt ist. Gleichwohl darf ein Wettbewerbsverbot nicht zu einem faktischen Berufsverbot für den Praxisabgeber führen. Denn das wäre ein Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufsausübung des Praxisabgebers. Was ist also erlaubt?
Zeitliche, räumliche und sachliche Grenzen
Im Wesentlichen sind drei Aspekte zu beachten: Ein Wettbewerbsverbot muss in zeitlicher, räumlicher (örtlicher) und sachlicher Hinsicht gerechtfertigt sein. Die Rechtsprechung hat diese Grenzen in diesem Zusammenhang in den vergangenen Jahren teilweise immer enger gesteckt und durch unzählige Gerichtsentscheidungen konkretisiert. Insofern ist eine genaue Prüfung der Rechtsprechung der ortsansässigen Gerichte, ob und in welchem Umfang eine dahingehende Vereinbarung sinnvoll gestaltet werden kann, unerlässlich.
Zeitliche Grenze
Nach der aktuellen Rechtsprechung und Gesetzgebung darf ein Wettbewerbsverbot maximal für zwei Jahre vereinbart werden. Selbst wenn ein längerer Zeitraum vereinbart wird, kann der Praxisübernehmer sich nicht wirksam auf eine solche längere Vereinbarung berufen. Vielmehr führt dies zu einer „geltungserhaltenden Reduktion“, das bedeutet, es gilt am Ende nur ein zweijähriger Zeitraum.
Räumliche Grenze
Bei der räumlichen Grenze geht es um die Frage, in welchem Umkreis vom Praxisstandort entfernt der Praxisabgeber zahnärztliche Tätigkeiten zu unterlassen hat. Eine starre Grenzregelung gibt es hierzu nicht. Vielmehr kommt es auf mehrere Faktoren an. So kann in städtischen Gebieten die räumliche Grenze nur sehr eng gezogen und wenige Kilometer betragen, in ländlichen Gebieten dagegen durchaus weiträumiger sein.
Sachliche Grenze
Die sachliche Grenze betrifft den Inhalt der Tätigkeit. So darf einem Praxisabgeber beispielsweise nicht per se untersagt werden, überhaupt zahnärztlich tätig zu werden. Gegebenenfalls sind auch Differenzierungskriterien durch unterschiedliche Schwerpunkttätigkeiten zu beachten.
Weiterhin ist es etwa unzulässig, wenn dem Praxisabgeber gelegentliche Praxisvertretungen generell untersagt werden.
Vertragsstrafe zur Absicherung
Damit sich der Praxisabgeber auch an die Vereinbarung hält und nicht konkurrierend tätig wird, ist es zulässig, eine Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung zu vereinbaren. Die Höhe ist im Einzelfall zu bestimmen und nach Billigkeitskriterien gerichtlich überprüfbar. Als Anhaltspunkte dienen auch hier die Urteile der ortsansässigen Gerichte.
Was passiert, wenn die Grenzen nicht eingehalten werden?
Es gilt zu unterscheiden: Ist lediglich die Dauer des Wettbewerbsverbot zu lang bemessen, wird die Zeit auf einen Zwei-Jahres-Zeitraum reduziert. Ist ein Wettbewerbsverbot allerdings auch in räumlicher und/oder in zeitlicher Hinsicht zu ausufernd vereinbart worden, führt dies zur Gesamtnichtigkeit der Wettbewerbsklausel.
Praxistipp
Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots sollte wohl überlegt sein. Denn die Prüfung, ob ein solches wirksam oder unwirksam ist, kann aufgrund der Vielzahl an Gerichtsentscheidungen und Literaturansichten sehr aufwendig sein. Zudem werden die praktischen Auswirkungen eines Wettbewerbsverbots häufig unterschätzt, was misslich ist.
Jeder anwaltliche Berater, der sich für seinen Mandanten einmal in einer Auseinandersetzung um ein Wettbewerbsverbot befunden hat, weiß, dass die für die Durchsetzung des Wettbewerbsverbots verbundenen Kosten gegebenenfalls in andere Maßnahmen, wie etwa eine gezielte Marketingkampagne, besser investiert sein können.
Jeder Praxisabgeber, der ein Wettbewerbsverbot verhandelt hat, sollte sich deshalb erklären lassen, wie die Durchsetzung eines Wettbewerbsverbots praktisch und rechtlich erfolgt, bevor ein solches vereinbart wird. Wichtig ist, dass der Praxisabgeber versteht, welche Regelungen in seinem Praxisübergabevertrag enthalten sind und welche Auswirkungen diese haben können. Diese eigentliche Selbstverständlichkeit wird bei dem Abschluss von Verträgen leider oft vernachlässigt.
Die Autorin: RAin Jennifer Jessie, Fachanwältin für Medizinrecht
Rechtsanwältin Jennifer Jessie ist seit Oktober 2016 in der Kanzlei Lyck+Pätzold healthcare.recht tätig. Sie ist sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig und berät und vertritt medizinische Leistungserbringer insbesondere in den Bereichen des Arbeitsrechts, Berufs- und Werberechts sowie Zulassungsrechts. Seit dem Frühjahr 2017 ist Frau RAin Jessie zudem Rechtsbeirätin des Dentista e.V. und begleitet dort von rechtlicher Seite insbesondere die Themen rund um Mutterschutz, Beschäftigungsverbot und Elternzeit.
Foto: Lyck+Pätzold