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Praxisknigge: Süßes Brot – das Forderungsinkasso

Horst Willeweit über A wie Akquise bis Z wie Zahlung (Teil 4)

Schon durch die Abdingungen, die sogenannten Privatanteile, ist sich die Patientenschaft ihrer Wertigkeit als „Kunde“ der Zahnarztpraxis durchaus bewusst. In diesem vierten und letzten Teil der kleinen Serie „Praxisknigge“ sollen mögliche Verbesserungspunkte vorgestellt werden, die vor allem bei umfangreicheren, mehrterminigen Behandlungsabläufen berücksichtigt werden sollten.

Schon beim ersten Telefonkontakt mit Ihrer Praxis kann der Patient freundlich nach seinem Behandlungsbegehren befragt werden. Der Patientenwunsch, noch im Telefonat wiederholt (und als Notiz schriftlich festgehalten), bestärkt den Anrufer nach dem Motto „Die haben mich verstanden. Hier bin ich richtig.“ Sind in Ihrer Praxis mehrere Behandler tätig, schafft es aufseiten des Patienten Sicherheit, wenn er bereits den Namen des ihn später Behandelnden genannt bekommt. Ist bereits im Anruf erkennbar, ob ein in letzter Zeit neu in das Leistungsangebot Ihrer Praxis aufgenommenes Verfahren/eine neue Technik zum Einsatz kommen könnte, kann die Rezeptionsmitarbeiterin gern einen entsprechenden Hinweis geben, etwa: „Der Chef hat eine sehr hilfreiche Ausstattung zur vollkeramischen Direktversorgung eingeführt. In nur eine Sitzung kann jetzt erreicht werden, was bisher mehrere Sitzungen erforderte. Und gut aussehen tut das Ergebnis auch noch. Fragen sie zu Beginn der Behandlung einmal nach.“

Zeit für Beratung

Im Termin, zumindest im Ersttermin, sollten Behandlerinnen und Behandler Zeit finden, den Patienten außerhalb des Behandlungszimmers zu begrüßen, sich die Patientensorgen/-wünsche anhören und gleichsam zur Sitzung in den Behandlungsraum einladen. Wertig aufgenommene Patienten akzeptieren Behandlungsvorschläge und deren finanzielle Folgen unbeschwerter. Durchaus bei Mineralwasser, Tee oder Kaffee. Der Therapieplan wird besprochen, es steht dafür ein Bildschirm bereit. Übrigens: Als besonders eindrucksvoll hat sich eine Projektion der OPG-Röntgenaufnahme auf der als Whiteboard ausgestalteten Tischplatte erwiesen. Mittels unterschiedlicher Farben können mögliche Versorgungen differenziert dargestellt und unterschiedliche Kostengrößen beschrieben und in Heil- und Kostenpläne übertragen werden. Das besprochene Planungsergebnis, auf der Tischplatte fotografiert und ausgedruckt, erhält der Patient zur Nachbesprechung in seinem privaten Umfeld gleich ausgehändigt. 

Denn zu Hause wird der finanzielle Aufwand besprochen und gar nicht so selten ebenfalls „genehmigt“. So kann die Identifikation mit und die Vorfreude auf das Behandlungsergebnis gestärkt werden. Der mit einer Behandlung verbundene Preis wird nicht länger isoliert betrachtet. Abgespeichert entsteht ganz nebenbei ein in Zweifel justiziabler Beleg für die im Detail erbrachte Patientenaufklärung vor Einwilligung in die Behandlung. Der HKP kann dann in der Zwischenzeit der ersten Sitzung erstellt und dem Patienten zusammen mit dem individuellen „Tischbild“ gleich zur Mitnahme ausgehändigt werden. Patienten können so das Delta zwischen Kosten und mangelndem Erläuterungsinhalt in ihren privaten Lebensgemeinschaften schlüssiger und überzeugender erklären. Kritisch wird es dann, wenn die Terminvereinbarung zum Behandlungsstart der Initiative des Patienten überlassen wird.

Keine Anschauungsmodelle im Wartezimmer

Allerlei Schaumodelle in Beratungsräumen sind selten individuell genug, um Patientenseitig nachvollzogen zu werden. Ganz schaurig wird es, wenn solche Modelle schon in Vitrinen im Wartebereich ausgestellt werden.

Andere Branchen machen uns das längst vor. Beispiel: Der Juwelier, Optiker oder Uhrenhändler wird uns nicht stehend direkt an der Kasse empfangen, beraten und kassieren. Vielmehr bittet er uns, Platz zu nehmen, erkundigt sich verständnisvoll und immer wieder nachfragend nach unseren Wünschen. Rollt eine grüne oder violette, weiche, nicht reflektierende Unterlage aus. Nun wird eine Leuchte herangezogen. Er gibt nur recht zurückhaltend Empfehlungen, fragt nach. Legt nur zwei, maximal drei Stücke gleichzeitig auf den Tisch. Soll das Geschäft abgeschlossen werden, erkundigt er sich nach der gewünschten Zahlungsart, gibt eine Kleinigkeit als Zugabe (das erzeugt Dankespflicht), gibt Tipps zur Pflege und sichert im Falle von Havarien kompetente und rasche Behebung zu. Mit leichter Verbeugung und begleitetet von guten Wünschen bekommen wir die Lokaltür beim Hinausgehen aufgehalten …

Stellen Sie ruhig einmal einen Vergleich der Abläufe in Ihrer Praxis an. Das Geheimnis ist: Dem Käufer, Kunden oder Patienten – die Vokabeln sind hier austauschbar – werden unterschiedliche Leistungen zu unterschiedlichen Preisen vorgestellt. Die Wahl soll er selbst treffen. So wird der mit der Entscheidung verbundene Preis zur logischen Folge der Kundenentscheidung. Immer aber muss Wahrheit in der Leistung liegen und immer muss die Persönlichkeit des Anbieters im Einklang mit seinem Angebot stehen. Menschen haben ein feines Gespür für Misstrauen erweckende Unausgewogenheiten.

Wenn’s ums Geld geht

Was die Gesamtkosten und Höhe des Eigenanteils angeht, ist es durchaus möglich, mit dem Patienten bereits während des laufenden, mehrterminigen Behandlungsprozesses eine Teilzahlung zu vereinbaren. Das kennen Menschen etwa vom Möbelkauf, von Urlaubsbuchungen und von Bestellungen individueller Anfertigungen. Zahlungsausfälle werden auch so vermieden.

Als eher schwieriger Punkt in der Vertrauensbeziehung von Zahnarzt zu Patient kann die Forderungsabtretung an eine Inkassogesellschaft, beschönigend Factoring-Unternehmen genannt, Anwendung finden. Hier isoliert sich die Behandlerschaft von der Patientenseite. Was die Kosten der vermeintlich sofortigen Zahlung durch das die Forderung ankaufende Factoring-Unternehmen an die Praxis angeht, haben diese Gesellschaften allerlei Kleingedrucktes aufzubieten … auch Rabatte. Erinnert sei daran, dass beispielsweise 3 Prozent Factoring-Provision versus alternativer 14-Tage-Zahlungsfrist bei direkter Praxis-Patientenabrechnung einer Jahresverzinsung von rund 78 Prozent (!) entsprechen. Ein beachtlicher Wert. Auch so beschreibt sich die Existenzgrundlage von Factoring-Gesellschaften.

Sehen wir den Bezahlungsvorgang wieder mit den Augen des Patienten: Die Leistung ist erbracht, die eingliederte Prothetik funktioniert zur Zufriedenheit. Der Patient demonstriert daheim stolz das Ergebnis. Zufriedenheit tritt ein. Und dann, vielleicht zehn Tage später, trifft die Rechnung ein – und zwar von einer dem Zahlungspflichtigen bis dato völlig unbekannten Adresse. Bei näherem Hinsehen handelt es sich um die Zahnarztrechnung. Die zu erhalten, war längst nicht mehr im Blick. Und dann auch noch von einer fremden Adresse. Ein Eindruck von Unbehagen und Verwunderung stellt sich ein.

Soweit erkennbar, bedienen sich Praxen dieser Factoring-Unternehmen aus Bequemlichkeit, tun sich vielleicht gelegentlich auch schwer, ihren Patienten die Rechnung zu übergeben und lassen sich von der Zusage der umgehenden Zahlung durch das Factoring-Unternehmen überzeugen. Auch die Scheu, überfällige Zahlungen etwa mit anwaltlicher Hilfe einzufordern, unter Umständen den Klageweg zu beschreiten, trägt dazu bei, den Factoring-Weg zu gehen – allerdings mit dem Risiko der Beschädigung der Vertrauensbrücke zum Patienten.

Die Erfahrung zeigt, dass Zahlungsausfälle oder Überschreitungen vereinbarter Zahlungsziele eher im dreistelligen Eurobereich anfallen, seltener im vier- oder fünfstelligen Bereich. Mit etwas Informationsaufwand könnte sich Ihre Praxisverwaltung alternativ in das sogenannte Euskirchener Mahnverfahren (für NRW) einlesen. Aus der Praxis leicht und zudem wirklich preisgünstig auszulösen, sichert es sehr unkompliziert einen gerichtlichen Anspruchstitel. Wird dieser dem säumigen Patienten zugestellt, wird dieser auch dem vorsätzlich nicht zahlenden Patienten Beine machen. Ein Weg dorthin führt über Google: „Mahnverfahren online beantragen“ plus Zusatz des Bundeslandes, in dem Sie mit Ihrer Praxis ansässig sind.

Ihnen und Ihren Mitarbeitenden sei ehrliche Freude bei der Patientenmotivation und auch an der Praxisverwaltung gewünscht.

Horst Willeweit, Bielefeld

Lesen Sie dazu auch die Beiträge:

Wie viel Freundlichkeit ­unterstützt die Patientenbindung?

Was GKV-Patienten über ­vermeintlich teure ­Zahnbehandlungen denken

Nebensächliches und Wichtiges: Kleiner Praxis-Knigge

 

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Titelbild: zorandim75 – stock.adobe.com

Horst Willeweit

Nach 45 Jahren als Praxiseinrichter ist Horst Willeweit im Feld der Dienstleistungen für Dentalhandel, Herstellung sowie der Wertermittlung zahnärztlicher Praxen und zahntechnischer Labore bundesweit tätig (Abgaben/Übernahmen, materiell wie ideell/Goodwill).
Kontakt auf www.willeweit.de

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