Orale Bakterien und Pilze als Auslöser einer Nebenhöhlenentzündung
Die paranasalen Sinus sind paarig angeordnete luftgefüllte Hohlräume zwischen Tabula externa und interna der begrenzenden Schädelknochen. Beim Menschen unterscheidet man S. frontalis, S. sphenoidalis, S. ethmoidalis und S. maxillaris, die Innenflächen betragen 150 Quadratzentimeter. Die auskleidende Schleimhaut produziert durchschnittlich 75 bis 150 Milliliter Mukus pro Tag.
Bakterielle und fungale Infektionen
Der Maxillarsinus ist bereits bei der Geburt vorhanden und entwickelt sich bis zum zwölften Lebensjahr. Er mündet über das Ostium naturale im vorderen Abschnitt der Sinuswand in den ostiomeatalen Komplex im mittleren Nasengang, in welchem sich die Öffnungen der drei vorderen Nasennebenhöhlen treffen. Schädigungen in diesem Bereich durch bakterielle und fungale Infektionen sind prädisponierend für sinonasale Erkrankungen.
Der Sinus maxillaris ist aufgrund seiner Lage unmittelbar zu dentogenen Läsionen exponiert. Benachbart, und nur durch eine dünne Knochenlamelle vom Hohlraum abgeschirmt, befinden sich die Alveolen der Oberkiefermolaren. Es kommt daher besonders leicht zum Keimtransfer in den Sinus und in der Folge zu schweren Entzündungen. Immerhin sind zwischen 10 Prozent und 80 Prozent aller Maxillarsinusitiden odontogenen Ursprungs. Im Gegensatz zu der oft viral bedingten, von Infektionen der Atemwege weitergeleiteten nicht-odentogenen Sinusitis wird die dentogene Entzündung des S. maxilaris bakteriell und in manchen Fällen auch fungal verursacht.
Zu den Auslösern gehören dentale Abszesse, chronische Parodontitis, apikale Parodontitis, Periimplantitis, infizierte odontogene Zysten, oroantrale Fistelbildun-gen und Wurzelfrakturen. Auch iatrogenen Verletzungen des Mucoperiosteum oder der Schneiderschen Membran durch Zahnextraktion, Implantatsetzung oder Sinuslift sowie dislozierte Zähne und Fremdkörper sind nicht selten die Verursacher. Über die eröffnete Pforte zwischen Mundhöhle und Antrum (MAV) dringen potenziell pathogene Keime in den Si-nus ein. Sie finden im warmen, gut angefeuchteten Milieu ideale Wachstums- und Vermehrungsbedingungen vor.
Anaerobe Mischflora als Auslöser der Entzündung
Untersuchungen der Keimflora mittels 16s-rRNA-Sequenzierung haben gezeigt, dass auch im gesunden Zustand ein lokales Mikrobiom in den Sinus existiert, aber die Menge der nachweisbaren Spezies deutlich unter jener bei einer akuten oder chronischen Sinusitis liegt. Insgesamt konnten bisher die Genome von über 300 Bakterienarten identifiziert werden. Zu den aeroben Pathogenen zählen Staphylococcus aureus, alpha-haemolysierende Streptokokken und mikroaerophile Kokken.
Allerdings nehmen die Anaerobier bei manifesten Sinusitis deutlich überhand. So findet man bei einer akuten Sinusitis in fast 50 Prozent ausschließlich Anaerobier, in nur 10 Prozent eine rein aerobe Flora und in 40 Prozent eine Mischflora aus aeroben und anaeroben Bakterien. Bei der chronischen odontogenen Sinusitus ist der Anteil der ausschließlich durch Anaerobier hervorgerufenen Entzündungen mit knapp 40 Prozent zwar etwas geringer, aber auch hier konnten nur 10 Prozent rein aerobe Erregergemische festgestellt werden.
Der Hauptmenge der anaeroben Bakterien sind gramnegative Stäbchen aus den Gruppen Prevotella, Porphyromonas, Bacteroides, Fusobacterium, Coliforme, Proteus, aber auch Peptostreptokokken. Diese anaerob dominierte Keimflora resultiert aus der oralen/parodontalen Mischflora. Da viele orale entzündlichen Läsionen wie Parodontitis oder dentolveoläre Abszessen durch Anaerobier hervorgerufen und getriggert werden, ist deren Präsenz bei dentogenen Sinusitiden gut nachvollziehbar. Die Dysbiose der entzündeten Mukosa der Sinus führt zu einer zumindest passageren Störung der Schleimhautbarriere und damit zur Entstehung eines anaeroben Mikroenvironments.
Zudem führen unspezifische Antibiotikatherapien, wie sie nicht selten bei rezidivierenden Nebenhöhlenentzündungen eingesetzt werden, zu einer Verschiebung im Mikrobiom und zur Förderung des Anaerobierwachstums. Insgesamt unterscheiden sich die Mikrobiome bei akuter und chronischer Sinusitus nur unwesentlich, allerdings sind individuelle Unterschiede, vermutlich bedingt durch die Variabilität der ursprünglichen oralen Mikrofloren, vorhanden.
Invasive Pilzinfektionen und Myzetome bei Sinusitis
In manchen Fällen können Pilze die Auslöser einer Kieferhöhlenentzündung sein. Während Mykosen der Mundschleimhaut in erster Linie durch Candida-Spezies hervorgerufen werden, findet man im Sinus maxillaris vor allem Aspergillus mit den Arten A. fumigatus und A. flavus, seltener auch Mucor, Absidia oder Rhizopus. Die Pilzmyzelien können sowohl invasiv, als auch nicht-invasiv in präformierten Hohlräumen als Myzetom wachsen. Letztere werden zu über 90 Prozent durch Aspergillus verursacht und kommen auch bei immunkompetenten, sonst gesunden Menschen vor.
Zunächst symptomfrei, kommt es nach einiger Zeit zu Druckschmerz, schleimig-grünlichem Sekretfluss und Borkenbildungen. Im Röntgen zeigt sich meist ein unilateraler Pilzball. Solche Aspergillome entstehen bevorzugt in Zusammenhang mit wurzelbehandelten Zähnen im Oberkiefer, da eine Überfüllung der Wurzelkanäle mit zinkoxidhaltigem Material nachweislich das Wachstum dieses Pilzes fördert. A. fumigatus ist zudem ein Toxinbildner mit zytotoxischen und möglicherweise sogar kanzerogenen Eigenschaften.
Noch gefährlicher sind invasive Mykosen. Sie treten vor allem bei Patienten mit geschwächter lokaler oder systemischer Abwehr, konsumierenden Vorerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder unter Dauermedikationen mit Steroi-den oder Immunsuppressiva auf. Es kommt zu massiver Gewebedestruktion mit Ulzerationen, Granulombildung und Nekrosen. Die Pilzhyphen brechen in Blutgefäße ein und können so haematogen streuen.
Sanierung oraler Läsionen ist Voraussetzung für den Therapierfolg
Bei akuten Symptomen werden abschwellende Nasentropfen oder -sprays sowie Mukolytica und Antiphlogistika über einen begrenzten Zeitraum verabreicht. Fisteln zwischen Antrum und Mundhöhle werden mit Spülungen behandelt, allerdings muss bei Spiegelbildung im Röntgen die Kieferhöhle punktiert werden. Bei erfolgloser konservativer Therapie und besonders bei Gefahr orbitaler oder endokranieller Komplikationen ist eine chirurgische Intervention mit Entfernung des entzündeten Sinusgewebes in Kombination mit der Beseitigung der endodontischen Ursache notwendig.
Wird das auslösende Zahnproblem nicht behoben, so ist der Erfolg des Eingriffs nicht gewährleistet. Zusätzlich ist bei purulenter Sinusitis eine antibiotische Begleittherapie mittels Aminopenicillin kombiniert mit Betalaktamaseinhibitoren oder Clindamycin unumgänglich. Bei nachgewiesenem Pilzbefall muss nach dem Debridement der Nekrose im Sinus eine systemische antimykotische Therapie angeschlossen werden.
DDr. Christa Eder, Wien
Die Autorin
DDr. Christa Eder ist Fachärztin für Pathologie und Mikrobiologin. Seit vielen Jahren schreibt sie für das österreichische Fachmagazin „Zahn.Medizin.Technik“ und „dzw – Die ZahnarztWoche“. Auch ist sie als Referentin im Bereich der zahnärztlichen Mikrobiologie international bekannt.