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Störfall und keinen stört‘s?
Seit Wochen liegt das Versichertenstammdatenmanagement der TI am Boden, aber der Aufschrei ist ausgeblieben.

Seit Wochen liegt das Versichertenstammdatenmanagement der TI am Boden, aber der Aufschrei ist ausgeblieben.

Seit Wochen ruht das Versichertenstammdatenmanagement fast unbemerkt. „Die Ursache für die aktuelle Störung beim Online-Abgleich der Versichertenstammdaten ist seit dem 27. Mai gefunden. Ausgelöst wurde das Problem durch einen Konfigurationsfehler in der zentralen Telematikinfrastruktur,“ informiert die gematik. Und Wochen später verkündet sie wie einen Erfolg, es seien schon zwei Drittel aller Konnektoren wieder mit der Telematikinfrastruktur verbunden. Was man nicht alles als Erfolg verkaufen kann. Denn betroffen sind nur die Konnektoren von Secunet, RISE und T-Systems. Die Konnektoren von CGM funktionieren nach eigen Angabe zu annähernd 100 Prozent: „Unsere Kunden waren nicht betroffen.“ Bedenkt man, dass CGM einen Marktanteil von etwa 50 Prozent hält, erscheinen die Fortschritte der Wiederanbindung in nicht ganz so hellem Lichte.

Auch bei der Kostenfrage zeigt sich die gematik kreativ und erklärt: Die „bestehenden Finanzierungsvereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen sowie Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV/KZBV) und dem GKV-Spitzenverband geregelte Betriebskostenpauschale beinhaltet auch den ‚Betrieb des Konnektors, inklusive Wartung, Support, Updates und Konfiguration‘ und somit die Verpflichtung des IT-Servicepartners gegenüber den Leistungserbringern zur Behebung der Störung.“ Der Auffassung schließt sich das Bundesgesundheitsministerium weitgehend an. Der österreichische Konnektor-Hersteller RISE merkt dazu leicht süffisant an: „Die Betriebskostenpauschale ist eine Vereinbarung zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband. Als Hersteller sind wir in diese Diskussion nicht eingebunden.“ Will wohl heißen, die IT-Servicepartner haben Verträge mit Leistungserbringern. Und ob der dort vereinbarte Service auch die Behebung von Fehlern umfasst, die von Dritten verursacht wurde, bleibt eine interessante Frage.

Und wer hat diesen TI-Schlamassel eingetütet? Das Bundesgesundheitsministerium ist mit 51 Prozent Hauptgesellschafter der gematik. Arvato Systems, Teil des Bertelsmann-Konzerns, wurde 2019 von der gematik für den Betrieb der zentralen Telematikinfrastruktur für mindestens weitere acht Jahre beauftragt. Die Zahnärzteschaft ist mit BZÄK und KZBV ebenfalls an der gematik beteiligt. Sie halten je-weils 2,5 Prozent. Rund 40 Prozent der Zahnarztpraxen sind von der Störung betroffen. Auf dzw-Anfrage zum Krisenmanagement der gematik zeigt sich die KZBV ungewohnt wortkarg. Keine Kritik, lediglich ein Verweis „auf die laufenden Mitteilungen der gematik, mit der wir als Gesellschafter fortlaufend in Kontakt stehen“. Hm? Da zeigt die BZÄK schon mehr Zähne. Ihr für die TI zuständige Vorstand Jürgen Herbert, Präsident der LZK Brandenburg, spricht gewohnt klare Worte: „Was mich immer noch stört, ist, dass auch nach der Gesellschafterversammlung die Verursacherfrage weiterhin ungeklärt ist:“ Eine Gesellschafterversammlung mit genau einem Thema und keiner Antwort. Transparenz sieht wirklich anders aus. Und Herbert setzt noch einen drauf: „Das VSDM hat auch schon vor dem großen Fehler jetzt zu 20 bis 25 Prozent nicht funktioniert. Da stellt sich schon die Frage, ob in dieses System bereits jetzt weitere Anwendungen hinzu kommen sollten.“

Allzu sehr dürfte die Zahnärzteschaft unter der jetzigen Störung nicht gelitten haben. Ist das VSDM sowieso keine ganz freiwillig übernommene Aufgabe. Was ist aber, wenn eRezept und elektronische Patientenakte Teil der TI sind, und es kommt zu einer gravierenden, wochenlangen Störung wie jetzt? Der Aufschrei wäre groß. Der denkbare Schaden für die Patienten größer.