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Wenn die Praxis zum politischen Raum wird

Der Kommentar von Chefredakteur Marc Oliver Pick

„Zähne zusammenbeißen“ – das war in der letzten Zeit für die zahnärztlichen Standesvertreter aus Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und Bundeszahnärztekammer das Mittel der Wahl, um die zahlreichen Angriffe aus der Gesundheitspolitik und die daraus resultierenden herben Rückschläge irgendwie verarbeiten zu können. Ein Lichtblick und Ergebnis harter Arbeit, auch Verhandlungsarbeit, war zuletzt die Parodontitis-Richtlinie, die von der KZBV zu Recht als Meilenstein in der Prävention der „Volkskrankheit“ Parodontitis verbucht werden konnte. Leider währte die Freude über diesen versorgungs­politischen und präventionsorientierten Durchbruch nur kurz. Allzu schnell fiel die Richtlinie dem Berliner Rotstift zum Opfer und ist jetzt in Teilen Geschichte.

Ohne Prävention geht es nicht

Oder vielleicht doch nicht? Besteht vielleicht doch noch Hoffnung, den Bundesgesundheitsminister mit guten, belegbaren und letztlich auf lange Sicht sogar Kostenargumenten davon zu überzeugen, dass es ohne Prävention eben doch nicht geht, dass die Zahnärzteschaft als Spezialistin in Sachen Vorbeugung mit der PAR-Richtlinie eben doch alles richtig gemacht hat?

Die Kampagne „Zähne zeigen“, die seit 1. Juni läuft, könnte ein zarter Hoffnungsschimmer und (womöglich) letztes Auf­begehren gegen den unsäglichen Sparkurs sein.

„Zähne zeigen“, dieser Ansatz könnte durchaus Erfolg haben, weil diese Kampagne – anders als viele andere Aktionen der Vergangenheit – nicht die Zahnärzteschaft mit ihren richtigen und eigentlich einfach nachvollziehbaren Argumenten allein in den Mittelpunkt stellt, sondern gemeinsam mit den Patienten auf die Situation aufmerksam macht. „Verlierer sind am Ende unsere Patientinnen und Patienten“, sagt KZBV-Vorstandsitzender Martin Hendges in der flankierenden Pressemitteilung der KZBV zum Start der Kampagne.

Protest in Solidarität mit den Patienten

Damit ruft die KZBV nicht nur sowie ihre Teams zum Protest auf, sondern solidarisiert sich auch deutlich mit den Patienten und lädt zum gemeinsamen Widerstand gegen die „unverantwortliche und kurzsichtige Budgetierung“ des Bundesgesundheitsministeriums ein. Zum Beispiel, indem Patienten mit den Abgeordneten in ihrem Wahlkreis in Kontakt treten oder sich direkt an die Entscheidungsträger auf Landes- und Bundesebene wenden. Das wiederum macht die KZBV Praxen und Patienten leicht, indem die Kampagnenseite die direkte Kontaktaufnahme erleichtert und darüber hinaus Tipps gibt, wie auch die einschlägigen Social-Media-Kanäle optimal zum Protest genutzt werden können.

So ernst das Thema einerseits ist, so flott sind andererseits die Sprüche, mit denen die Kampagne „Zähne zeigen“ patientennah auftritt: Ob „Diagnose Sparodontose“, „Versorgung örtlich betäubt“ oder „Von ­dieser Gesundheitspolitik bekommt man Zahnfleischbluten, Herr Lauterbach.“ Die Kampagne setzt auf klare Aussagen, die in ihrer pointierten und augenzwinkernden Umgangssprache den Kern der Sache treffen, ohne Patienten inhaltlich zu überfordern oder mit Fragezeichen allein zu lassen.

Praxis wird zum politischen Raum

Man darf gespannt sein, in welchem Ausmaß in deutschen Zahnarztpraxen jetzt ein Dialog der etwas anderen Art zwischen Patienten und Zahnärzten angestoßen wird. Auch wenn im Vordergrund Fragen rund um die präventionsorientierte Parodontitis-Therapie als Aufregerthema Nummer 1 stehen: Gesprächsstoff wird sich aus der Kampagne zur Genüge ergeben. Die Praxis wird zum politischen Raum, in dem Meinungen und Positionen ausgetauscht werden und Behandler und Patienten näher zusammenrücken. Vielleicht näher, als manchen Politikern lieb sein kann – vor allem dann, wenn sie von Patienten mit Fragen zu den Konsequenzen der Sparpolitik konfrontiert werden.