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Gefunden: Verlorene Zeit

Ende August traf sich die Ampelkoalition zur Kabinettsklausur in Meseberg und heraus kam unter anderem der Plan für ein ressortübergreifendes „Bürokratieentlastungsgesetz“. Doch wo bleiben die die Vorschläge für Bürokratieabbau im Gesundheitswesen aus dem Hause Karl Lauterbachs? So wie es aussieht, plant das BMG eine eigene Gesetzgebung. Aber die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz selbst auferlegte Frist, bis Ende September Empfehlungen zum Bürokratieabbau zu erarbeiten, hat das BMG verstreichen lassen.

Bürokratie: Entlastungen lassen im Gesundheitswesen auf sich warten

Dabei ist es höchste Zeit, denn Handlungsdruck ist hoch. Laut KBV steckt jede Arztpraxis 61 Tage im Jahr in Bürokratie. Bei den Zahnärzten sind es kaum anders aus. Die BZÄK errechnet die Bürokratielast der Zahnarztpraxen mit 24 Stunden pro Woche. Die Bürokratie ist laut einer Studie des IDZ der Haupthinderungsgrund für grundsätzlich niederlassungswillige Zahnärzte, sich auch real niederzulassen. Nachdem die KBV bereits konkrete Vorschläge zur Entbürokratisierung der ambulanten Versorgung an das BMG übermittelt hat, legten BZÄK und KZBV Ende September einen eigenen umfassenden Maßnahmenkatalog zu Bürokratieabbau vor. Er reicht von der Nachweispflicht von Fortbildungen gegenüber der KZV über den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung über verschiedene umständliche Regelungen im Bereich Röntgen und der Dokumentation der Aufbereitung von Medizinprodukten bis hin zu veralteten Prozessen im Zulassungswesen und der Vermeidung von Medienbrüchen bei der Digitalisierung etwa durch Schriftformerfordernis. Alles richtig gemacht.

Bei zwei Vorschlägen zur „Entbürokratisierung“ wird man vermutlich im BMG eher süffisant grinsen. Sie betreffen die Veröffentlichungspflicht der Vorstandsvergütung und der jährlichen Entschädigungen der VV-Mitglieder im Bundesanzeiger, da ja durch die Veröffentlichung in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“ ausreichend Transparenz schüfen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Reisekosten bis über 9.000 Euro und Sitzungsgelder von bis zu 14.000 Euro will man wohl lieber nicht an die große Bundesanzeigerglocke hängen. Und eine Bürokratieentlastung für die Zahnarztpraxen ist hier auch nicht zu erkennen.

Sinnlose Bürokratie und ein violettes Krokodil

Vielleicht sollte man das Lachen nicht dem BMG überlassen, sondern lieber einen Blick in einige Nachbarländern werfen. Statt sinnentleerter roter Karten, zeigt hier ein violettes Krokodil der Obrigkeit die Zähne. Der Ausdruck „violettes Krokodil“ ist in den Niederlanden ein seit 2005 verwendeter Ausdruck, der unsinnige Bürokratie symbolisieren soll. Er stammt aus einem Werbespot einer niederländischen Versicherungsgesellschaft. In dem Video begleitet eine Mutter ihre Tochter ins Schwimmbad, um einen am Vortag vergessenen Schwimmhilfe – ein aufblasbares violettes Krokodil – abzuholen. Der Rezeptionist übergibt der Mutter ein Formular, das beidseitig ausgefüllt und am nächsten Tag zwischen 9 und 10 Uhr abgegeben werden muss, während der Schwimmring direkt hinter ihm liegt. In Belgien und Frankreich haben jetzt die Allgemeinmediziner daraus eine Protestprojekt entwickeln, um sich gegen sinnlose Bescheinigungen und vergeudete Zeit zu wehren – mit dem Ziel, wieder mehr Zeit für Patienten zu haben. Sie stempeln sinnlose Dokumente mit einem blauen Krokodil-Stempel und dem Schriftzug „certificats-absurdes.fr“ ab. Lustige Beispiele finden sich etwa auf X-Twitter unter #certificatsAbsurdes.

Vielleicht einfach mal mehr Humor wagen bei der Entbürokratisierung und die Patienten mitnehmen – wie es hierzulande ja die schöne PAR-Kampagne „Zähne zeigen“ vormacht.

Eine Collage, die ein rotes Megafon in einer Hand zeigt. Die Hand wird von zwei Beinen in Jeans und Turnschuhen gehalten, frei stehende Ohren fliegen im Kreis darum

Vorschläge zur Bürokratieentlastung im Gesundheitswesen sind im Raum, nur werden sie vom Bundesgesundheitsminister gehört?