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Laut, lauter, Herr Lauterbach

Etwas Sinnbefreiteres als an der Prävention zu sparen, mag man und frau sich kaum vorstellen. Das ist ein bisschen so, wie wenn öffentliche Bäder und Bauten nicht laufend Instand gehalten werden, bis sie dann jahrelang eingerüstet herumstehen, kaum oder gar nicht mehr genutzt werden können und im Anschluss teuer saniert werden müssen.

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: Kampagne „Zähne zeigen“ bindet Patienten ein

So verfährt der Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Keine Leistungskürzungen in der GKV hatte er angekündigt. Doch Sparen muss er auch. Das Zauberwort heißt seit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wieder „Budgetierung“. Alte Bekannte. Prävention light lautet nun das Patentrezept. Gedeckelt wurde ausgerechnet die jüngst eingeführte Parodontitis-Prävention. Da Zahnärzte für die Politik maximal Zweitporscheparkplatzprobleme haben, wird hier mal schnell der politische Rotstift gezückt.

Gespart wird an den Patienten

Aber dieses Mal hat Lauterbach ja nicht primär bei der Zahnärzteschaft gespart. Es wird am Patienten gespart. Genauer gesagt an 35 Millionen Menschen, die hierzulande an Parodontitis erkrankt sind. Bekanntermaßen kann Parodontitis auch gravierende Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben. Ein Dominoeffekt, der auf Kosten der Patienten geht und somit mittelfristig auch weitere Kosten für die GKV verursacht.

Gespart wird also gar nichts. Es wird vorenthalten. Lauterbach verschiebt Probleme in die nächste Generation – last generation.

Wen wundert es bei derart fehlender Wertschätzung, dass ein erster Krankenkassen-Vorstand auf Ideen kommt. „Der Lage angemessen wäre es, die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen“, sagte Ralf Hermes, der Chef der gesetzlichen IKK-Innovationskasse mit rund 300.000 Versicherten, dem „Handelsblatt“. Getreu dem Motto: Zweimal Zähneputzen am Tag reicht. Klaro. Wieder fast 17 Milliarden Euro gespart oder 6 Prozent der GKV-Leistungsausgaben von 274 Milliarden Euro. Und die Folgekosten? Die darf die last generation begleichen. Danke für nichts.

„Zähne zeigen“

Da kommt die Kampagne „Zähne zeigen“ der KZBV, KZVen der Länder, im Schulterschluss mit der BZÄK und den Landeszahnärztekammern genau zum richtigen Zeitpunkt. Sie trägt den Widerstand gegen das Spargesetz in die Praxen und spricht gezielt die Patienten an, dass an ihrer Gesundheit gespart wird – mit großen, grell blauen Postern, Postkarten und Aufstellern in den Zahnarztpraxen mit Sprüchen wie „Diagnose Sparodontose“, „Versorgung örtlich betäubt“ oder „Von dieser Gesundheitspolitik bekommt man Zahnfleischbluten, Herr Lauterbach“. Mit vorformulierten E-Mails können sich die Patienten über die Website zaehnezeigen.info dann direkt an ihre Abgeordneten wenden: „Deshalb wende ich mich heute in Sorge um meine Zahngesundheit an Sie als Abgeordnete(n) meiner Region: Eine kurzsichtige Sparpolitik zulasten von Prävention schadet der Gesundheit von uns allen. Sprechen Sie sich daher bitte deutlich für die präventionsorientierte Parodontitistherapie aus. Setzen Sie sich dafür ein, dass wir Patientinnen und Patienten adäquat und präventionsorientiert versorgt werden können und die großen Fortschritte in der zahnmedizinischen Behandlung nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Ich möchte auch zukünftig vor den gravierenden gesundheitlichen Folgen einer Parodontitis verschont bleiben! Setzen Sie sich bitte dafür ein, dass die Budgetierung aufgehoben wird.“

Und bitte kräftig zubeißen

Geschickt wird hier der Politik die Sicht derer gespiegelt, die die Auswirkungen des GKV-FinStG treffen: Es sind eben nicht primär „die Honorare für vertragszahnärztliche Leistungen“ , die begrenzt werden, es ist die Gesundheit der Patienten. Politik und gerade auch Gesundheitspolitik spielt eben nicht im leeren Raum, sondern die Folgen treffen Menschen. In diesem Fall die Gesundheit von Menschen. Die strategische Entscheidung der Standespolitik, den Weg des Mimimis der zahnärztlichen Praxen zu verlassen – wen interessiert in der Politik das Klischee des porschefahrenden Zahnarztes mit Finka auf Mallorca – hin zur Patientensicht, war richtig und konsequent.

Die Menschen, die in die Zahnarztpraxis kommen, sind viele – und sie sind zum größten Teil auch Wähler. Hier kann ein größerer politischer Druck entstehen, denn der Resonanzraum hat riesiges Potenzial. Es ist nun an den Praxen diesen Resonanzraum mit dem Engagement ihrer Patienten zu füllen – in den Praxen und in den sozialen Medien mit dem Hashtag #zaehnezeigen. Auf Instagram läuft es schon. Gerne mehr davon.

Ein Bild, das eine grellblaies Plakat mit einem Schriftzug Diagnose Sparodontose in oben schwarzen lettern und unten weiße

Parodontitis-Prävention: Patienten und Praxen adressieren ihren Protest an die Politik.