Gefühlt endloses Sondieren, um überhaupt erst mal Klarheit zu gewinnen, ob man wirklich zusammenarbeiten möchte und – falls ja – an welchen Stellen die allfällig nötigen Kompromisse über die jeweilige Schmerzgrenze der Beteiligten hinausgehen. Danach erst, Wochen später, wirklich ans Eingemachte gehen und Absichtserklärungen in Verträge gießen: Das hat zum Glück nichts mit der Herangehensweise zu tun, mit der das neue Präsidium der Bundeszahnärztekammer vom ersten Tag an in Aktion getreten ist.
Spaß am Machen, Freude, „alte Zöpfe abzuschneiden“
Was man, wie oben beschrieben, auf der politischen Bundesbühne nach jeder Bundestagswahl schon für selbstverständlich und übliche politische Gepflogenheit hält, gilt für die Pragmatiker Prof. Dr. Christoph Benz und seine Präsidiumskollegen Dr. Romy Ermler und Konstantin von Laffert überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wenn man die drei im Interview erlebt, wird spürbar, dass es ums Machen geht, ums Umsetzen, aber dem Eindruck nach auch um den Spaß am Machen, die Freude, „alte Zöpfe abzuschneiden“, die Bereitschaft, manche Dinge in neuem Licht zu betrachten und auch mal komplett unkonventionell zu denken.
Das alles aber nicht im Elfenbeinturm oder am grünen Tisch, sondern einerseits die Vorarbeit der Vorgänger im Amt klug nutzend, um bei bestimmten Themen schlicht Zeit zu gewinnen, andererseits auf dem gelegten soliden Fundament die nähere und fernere Zukunft in einer Weise gestaltend, dass sich die Zahnärzteschaft damit identifizieren kann und am selben Strang in dieselbe Richtung zieht.
An Herausforderungen besteht kein Mangel
Denn an Herausforderungen besteht definitiv kein Mangel, und auch die Verschiedenheit der Themenfelder, die beackert werden wollen, hat es in sich.
Im Interview, dass während der IDS in Köln geführt wurde, konnte nicht jeder Aspekt angesprochen werden, nicht jede Frage bis ins letzte Detail geklärt werden. Das wäre zum damaligen Zeitpunkt nach gerade mal 100 Tagen im Amt auch zu viel verlangt gewesen.
Trotzdem kristallisierten sich Kernthemen heraus, die zum Teil schon länger auf der BZÄK-Agenda stehen und bereits angegangen wurden, sich aber immer noch im Prozess befinden. Beispielhafte Großbaustellen sind etwa die Themen Fremdkapital und i-MVZ vor dem Hintergrund eines als Korrektiv unzureichenden TSVG oder das zunehmende Eindringen von Investoren in den Bereich Aligner-Therapie, das politischer Klärung auf höchster Ebene bedarf.
Niederlassung auf dem Land oder in der Kleinstadt schmackhaft machen
Andererseits die der Demografie im doppelten Sinn geschuldeten Themen Sicherstellung der zahnmedizinischen Versorgung (auch) im ländlichen Bereich einerseits und die Bewältigung der Herausforderung aufsuchende Betreuung andererseits. Auch hier ist klar, dass es ohne politische Weichenstellung (Infrastruktur!) für die Zahnärzteschaft nicht leicht wird, beispielsweise jungen Zahnmedizinerinnen und Zahnmedizinern die Niederlassung auf dem Land oder in der Kleinstadt schmackhaft zu machen.
Dann das Thema Fachkräftemangel: Hier ist kaum eine Entspannung der Lage in Sicht, eher wird der Mangel an Ausbildungswilligen immer offensichtlicher.
Ohne unkonventionelle „Denke“ kommt man nicht weiter
Ohne unkonventionelle „Denke“ – Sind in der Praxis vielleicht bestimmte Behandlungen auch mit weniger Fachpersonal machbar? – kommt man in dieser Situation wahrscheinlich wirklich nicht weiter, auch wenn es unbequem ist, das so deutlich auszusprechen.
Aufgaben, darunter einige sehr wichtige – Stichwort GOZ –, gibt es viele für das neue Präsidium der Bundeszahnärztekammer. Nicht jede Herausforderung wird sich im ersten Anlauf meistern lassen, und auch nicht immer abschließend – dafür ändern sich politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu schnell.