Anzeige

Neues aus der Forschung

Neues_Wissenschaft

Jeden Monat erscheinen auf dem Gebiet der Zahn- und oralen Medizin viele Hundert wissenschaftliche Artikel. Hier eine kleine Auswahl, diesmal zu den Themen Adhäsiv-Attachments für Teilprothesen, Zahnfehlstellungen und Parodontitis, Haltungsprobleme durch falsch angepasste Lupenbrillen und Gingivitis-Reduktion durch gesunde Ernährung.

Quintessenz_Journal

Adhäsiv-Attachments verlängern Leben von Teilprothesenpfeilern

Pfeilerzähne, die für geschiebeverankerte Teilprothesen überkront wurden, frakturieren häufig. Hinzu kommt das Risiko für Vitalitätsverluste, das bei voll überkronten Einzelzähnen nach 15 Jahren fast 20 Prozent beträgt [1]. Wird die Prothese an adhäsiv befestigten Metallattachments verankert, sind diese Komplikationen infolge der schmelzbegrenzten Präparation nicht zu erwarten [2]. Die Methode wird zurzeit von der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Manfred Kern (Kiel) multizentrisch untersucht. Erklärtes Ziel ist es, dass adhäsivattachment-verankerte Teilprothesen – wie bereits adhäsive Frontzahnbrücken – in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen werden [2].

Erfolgsvoraussetzung ist ein sehr sorgfältiges Vorgehen. Pfeilerzähne müssen vital und parodontal gesund sein. Die Attachments werden nach schmelzbegrenzter Präparation verklebt. Entsprechend müssen Pfeilerzähne ausreichend präparierbaren Schmelz aufweisen, bei nur kleinen Kompositfüllungen. Kontraindikationen sind Bruxismus, tiefer Biss und zu kurze klinische Kronen. Der in der „Quintessenz Zahnmedizin“ erschienene Beitrag wurde von einer niedergelassenen Zahnärztin verfasst [2]. Er ordnet das Thema kompetent ein und beschreibt das praktische Vorgehen sehr anschaulich und detailliert, einschließlich Produktempfehlungen für die adhäsive Befestigung der Attachments.

Zahnfehlstellungen als Risikofaktor für Parodontitis und Trauma

Daten aus der groß angelegten SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) der Universität Greifswald zeigten, dass sagittale Abweichungen der Klassen II und III und Kreuzbiss mit einem erhöhten Parodontitisrisiko assoziiert sind (die dzw berichtete in Ausgabe 6/2019) [3]. Dagegen fanden die Forscher eine Beziehung nur für extremen Engstand, sodass dieses häufige Phänomen als Risikofaktor für Parodontitis wahrscheinlich überschätzt wird. Bei Patienten mit Engstand wurde zudem eher eine gingivale Hyperplasie als ein Attachmentverlust festgestellt.
Während Probanden mit Deckbiss und Kreuzbiss sowohl erhöhten Attachmentverlust, als auch größere Taschentiefen aufwiesen, wurde bei den sagittalen Abweichungen primär ein Attachmentverlust festgestellt. Wäre eine durch den Fehlstand bedingte größere Plaquemenge ursächlich, müssten laut Autoren beide Parameter erhöht sein. Dagegen ließe sich einwenden, dass die Häufigkeit und Schwere von Parodontitis mit dem Alter zunimmt, sodass bei den relativ jungen Probanden (20 bis 39 Jahre) noch keine Probleme festzustellen waren.

Die Ergebnisse sind in Hinblick auf das IGES-Gutachten zum klinischen Nutzen der Kieferorthopädie dennoch interessant. Dazu passt ein aktuelles Cochrane-Review, das für eine kieferorthopädische Frühbehandlung von Kindern mit prominenten Oberkieferfrontzähnen (Klasse II/1) ein geringeres Traumarisiko zeigt [4]. Unabhängig davon scheint es an der Zeit, dass Parodontologen die Risikofaktoren Kiefer- und Zahnfehlstellung stärker als bisher wahrnehmen. Thema ist bisher eher ein anderer Zusammenhang, nämlich mögliche parodontale Auswirkungen kieferorthopädischer Therapie [5].

Viele Lupenbrillen verursachen Haltungsprobleme

Gute Lupenbrillen können die Behandlung erheblich verbessern, und viele Anwender wollen nicht mehr ohne sie arbeiten. Eine Studie im „Journal of the American Dental Association“ (JADA) zeigt jedoch, dass der Großteil der Zahnärzte mit koaxial falsch adjustierten Brillen arbeiten [6]. Dies traf in der Studie bei 82 Prozent der Teilnehmer und für alle untersuchten Brillentypen zu, also für direkt auf den Gläsern befestigte und für aufklappbare Lupen mit und ohne vertikale Justierbarkeit. In der kanadischen Provinz British Columbia, in der die Studienteilnehmer praktizieren, arbeiten drei von fünf Kollegen mit Lupenbrillen.

Objekte, die durch eine vertikal fehlpositionierte Brille betrachtet werden, erscheinen im Gesichtsfeld zu hoch oder zu tief (koaxialer Fehler). Das gilt auch bei korrekt eingestelltem Neigungswinkel. Zudem werden Farben möglicherweise falsch wahrgenommen. Schließlich kann die resultierende Ausgleichsbewegung zu Fehlhaltungen führen oder diese verstärken. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen und Schwindel. Die Autoren der Studie empfehlen Anbietern, Lupenbrillen mit vertikaler Adjustierungsmöglichkeit anzubieten (zum Beispiel Q-Optics, Jadent). Für die individuelle Justierung eignet sich das in der Studie verwendete koaxiale Messinstrument. Der Autor erklärt, dass er bezüglich des genannten Produkts keinen Interessenkonflikt hat.

Gesunde Ernährung verändert kurzfristig nicht Entzündungswerte

Für eine Untersuchung der Arbeitsgruppe um Johann Wölber (Universität Freiburg) ernährten sich je 15 Probanden über einen Zeitraum von vier Wochen entweder „normal“ (Kontrolle) oder „gesund“ (Test) [7]. Die gesunde Nahrung enthielt wenig weiterverarbeitete Kohlenhydrate und tierische Proteine und viele Omega-3-Fettsäuren, Vitamine C und D, Anti-Oxidantien, pflanzliche Nitrate und pflanzliche Fasern. Beide Gruppen verzichteten während der Studiendauer auf interdentale Hygiene.

Während die Plaquewerte in beiden Gruppen vergleichbar waren, reduzierte sich der gingivale Blutungsindex – nur in der Testgruppe – signifikant um etwa 40 Prozent. Zudem hatten die Test-Probanden nach Ende der Studie ein geringeres Gewicht und erhöhte Vitamin-D-Blutwerte. Serologische Entzündungswerte und die mikrobielle Zusammensetzung im Sulkus unterschieden sich dagegen nicht. Die Autoren folgern, dass die Ernährung einen entscheidenden Einfluss auf die gingivale Gesundheit zu haben scheint. Dieser Faktor sei in Bezug auf die Gingivitis-Reduktion ebenso bedeutsam wie eine regelmäßige interdentale Reinigung [8, 9]. Pathobiologisch könnten, ähnlich wie bei kardiovaskulären Erkrankungen, entzündliche Veränderungen der Blutgefäße entscheidend sein. Diese verursachen demnach sekundär eine Dysbiose in den gingivalen oder parodontalen Taschen. Dass die Zusammensetzung des Mikrobioms und auch serologische Entzündungswerte sich in beiden Gruppen nicht signifikant unterschieden, führen die Autoren auf den kurzen Zeitraum von vier Wochen zurück. Studien mit längerer Studiendauer sollten folgen.


Literatur

[1] Cheung G S et al. Int Endod J 2005. 38(8):521-530.
[2] Bogena D. Quintessenz 2019. 70(1):52-63.
[3] Bernhardt O et al. J Clin Periodontol 2019. .
[4] Batista K B et al. Cochrane Database Syst Rev 2018. 3CD003452.
[5] Kutschera E et al. zahnärztliche mitteilungen 2019. 109(1-2):64-73.
[6] Wen W et al. The Journal of the American Dental Association 2019. 150(1):49-57.
[7] Woelber J P et al. J Clin Periodontol 2019. 46(4):481-490.
[8] Berchier C E et al. Int J Dent Hyg 2008. 6(4):265-279.
[9] Slot D E et al. Int J Dent Hyg 2008. 6(4):253-264.