Veranstaltungshinweis:
3. DZW-Präventions-Forum Ort: Haranni Academie, Herne Termin: 21. und 22. September 2018
Teilnahmegebühren: 275 Euro für Einzelpersonen; 240 Euro für jeden weiteren Mitarbeiter aus derselben Praxis; 180 Euro für Mitglieder der DGDH
Informationen und Anmeldung unter: haranni-academie.de/produkt/praeventionsforum/
Schwierige Patienten – „Umprogrammierung“ gelingt nur mit dem gesamten Team
Interview mit Dr. Christian Bittner
Sie widmen sich in Ihrem Vortrag den Zapplern, Würgern und Angsthasen. Wie sieht „Prophylaxe unter erschwerten Bedingungen“ aus?
Dr. Christian Bittner: Letztlich unterscheidet sich die eigentliche Prophylaxe in ihren Maßnahmen in nichts von der bei unseren routinierten Patienten. Bei den oben genannten interessanten Patienten kommt lediglich verändernd hinzu, dass diese auf psychologischer Ebene unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Vieles, was für uns im Behandlungsalltag absolute Routine bedeutet, ist für ängstliche Patienten ungewohnt, verstörend und sorgenbesetzt! Gern existiert im Kopf des ängstlichen Patienten ein problemorientiertes Denken, welches die Arbeit komplizierter, aber keineswegs unmöglich macht. Hier heißt es also, parallel zum Arbeiten viel erläutern, Glaubenssätze und Voreingenommenheiten durchbrechen und dem Patienten die positiven Aspekte der Prophylaxe in den Mittelpunkt der Wahrnehmung rücken.
Ist der Anteil dieser Patientengruppe in den Praxen eigentlich hoch?
Bittner: Ja! Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass etwa jeder Sechste Gründe findet, den notwendigen Zahnarztbesuch so weit wie möglich hinauszuschieben. Für Deutschland bedeutet das also etwa eine Zahl von knapp 14 Millionen. Spannend ist, dass die meisten Praxen diese Patienten als schwierig und mühsam einstufen, auch ein Glaubenssatz, der verändert gehört.
Wie können sich Praxisteams auf solche Patienten einstellen? Welche Tipps können Sie jetzt schon verraten?
Bittner: Schlussendlich ist gerade die Prophylaxe ein Schlüsselglied in der erfolgreichen „Umprogrammierung“ von problemorientierten Glaubenssätzen. Dies muss durch das gesamte Team erfolgen, also auch und vor allem durch den Behandler! Ein eingespieltes Konzept, das auch ein „Nein“ des Patienten, aber auch der Praxis akzeptiert, und ein authentisches Auftreten aller Mitwirkenden bilden die Basis für die Einübung von ritualisierten Vorgehensweisen, die den Patienten erlernen lassen, dass Ängste und Sorgen vor dem Zahnarztbesuch nicht nötig sein müssen. Klar ist auch, dass ein oberlehrerhaftes Auftreten und zu viel Fachliches seitens der Praxis sicher eher behindernd wirken – auch hier gilt es, Praxiskonzepte zu überdenken!
Wie betreuen Sie schwierige Patienten in Ihrer eigenen Praxis?
Bittner: Aus Gründen der zu vermeidenden Problemorientierung benutze ich grundsätzlich nicht den Begriff „schwieriger Patient“. Ich habe über die vergangenen 20 Jahre ein Konzept für die Betreuung von interessanten (!) Patienten entwickelt, was vor allem darauf fußt, dass Patienten in meiner Praxis die Chance haben, sich zu ihren Sorgen und Ängsten zu äußern. Wer seine Ängste (meist) nonverbal kommuniziert, erwartet, dass ich als Profi dies auch wahrnehme. Gelingt mir dies nicht, dann hab ich das Problem und nicht etwa der Patient. Daher beginnen wir mit einer anxiolytischen Gesprächssituation und führen diese über den Weg einer die Behandlung umreißender Beratungssituation hin zum Behandlungsset. Dieses Vorgehen schafft bei meinem Team und mir Routinen, die den Erfolg sichern. Und um einen Cliffhanger zu kreieren: Die Teilnehmer des Präventions-Forums dürfen sich bereits auf die drei Fragen freuen, die eine ziemlich gute Wahrnehmung der Gesamtsituation des Patienten vermitteln können.
Was verändert sich aus Ihrer Sicht durch die neuen Leitlinien?
Bittner: Leitlinien dienen nach meiner Auffassung vorrangig dazu, den Praxen Möglichkeiten an die Hand zu geben, zwischen gut und schlecht, sinnvoll und obsolet zu differenzieren. Daher finde ich es gut, dass nun in der Parodontaltherapie die gewohnten Methoden einer kritischen Bewertung unterzogen werden, die sinnvollen Maßnahmen und Therapien eine neue Bewertung erhalten, Therapieideen als sinnhaft benannt werden. Ebenso gut ist es, wenn „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden, Dinge, die also nicht sinnvoll sind oder gar obsolet, sollen zukünftig in den Praxen der Vergangenheit angehören. Die dabei entstehende „neue Kurzhaarfrisur“ ist dann sicher auch in der alltäglichen Pflege wieder ein Stück einfacher.
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