Es ist weniger als einen Monat her, da hat die Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) ihren Ergebnisbericht vorgelegt. Hierin wird eine „partielle Harmonisierung“ der Vergütung der vertragsärztlichen Versorgung und der privatärztlichen Versorgung vorgeschlagen. Nicht mehr und nicht weniger. Jens Spahn wird zufrieden gewesen sein. Eine erneute politische Debatte um eine Bürgerversicherung sollte sich daran nicht entzünden.
Da zündelte ein aktuell vorgelegtes Papier „Geteilter Krankenversicherungsmarkt“ schon mehr: Die Studie des Berliner IGES- Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass es solidarischer und kostengünstiger sei, die PKV abzuschaffen. Das führe zu einer Senkung der Beitragssätze. Die Studie sieht ein Einsparpotenzial von 145 Euro im Jahr pro GKV- Versicherten, „wenn auch Gutverdiener, Beamte und einkommensstarke Selbstständige am Solidarausgleich der GKV teilnähmen.“ Unter Einbeziehung der bislang PKV-Versicherten stiegen laut Studie die Einnahmen der GKV um 38,6 Milliarden Euro.
Kaum publiziert, führte die Studie zu den pawlowschen Reaktionen. Den Aufschlag machte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt, der in der Studie einen „Griff in die ideologische Mottenkiste“ sieht. Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchow-Bundes, twitterte: „Fake News“ und der PKV-Verband warnte gar „Vorsicht Falle“, als handelte es sich um einen kriminellen Akt.
Die Befürworter der Bürgerversicherung ließen auch nicht lange auf sich warten.
Saskia Esken, SPD-Parteivorsitzende, bei Twitter: „#Solidargemeinschaft für alle: Das ist die Bürgerversicherung. Die @spdde will schon lange Schluss machen mit der #2Klassenmedizin – jetzt hat die @BertelsmannSt ausgerechnet, dass die #Bürgerversicherung sogar für alle günstiger wäre!“ Maria Klein-Schmeink, Grüne Gesundheitspolitische Sprecherin, twitterte: „Wo sitzt das Problem, liebe Ärzteverbände? 73 Mio GKV- Versicherte, knapp 10 Mio. privat. Davon die Hälfte staatlich gesponsert durch Beihilfe für Beamte. Was ist daran zukunftstauglich?“
Ein wenig fragt man sich bei so viel erwartbaren Ausrufezeichen nach der Motivation der Bertelsmann Stiftung, diese Studie jetzt vorzulegen. Dr. Stefan Etgeton, Senior Expert Gesundheitspolitik der Stiftung, im „Spiegel“: „Wir haben die Studie nicht gemacht, weil wir meinen, die PKV könnte Finanzierungsprobleme der GKV lösen. Es geht darum, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. Es geht nicht ums Geld, sondern um Solidarität.“ Wie glaubwürdig ist das? Steht die Stiftung doch häufig in der Kritik, wirtschaftliche Interessen und politische Einflussnahme zu vermengen.
„Eine Einheitsversicherung lehnen wir ab“, heißt es von Seiten der KZBV.