Die Versorgung von Patienten mit Implantaten ist seit Jahren ein etabliertes und anerkanntes Verfahren. Deshalb gibt es immer wieder Versuche von GKV-Patienten, ihre Krankenkasse zur Übernahme der entsprechenden Kosten zu verpflichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der im Regelfall darüber entscheidet, was in den Leistungskatalog aufgenommen wird, lässt dies nur in seltenen Ausnahmefällen zu: größere Kiefer- und Gesichtsdefekte, extreme Xerostomie, generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen, nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich. Diese restriktive Handhabung wird von den Gerichten fast immer akzeptiert. So auch vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) vom August 2020 (Az.: L 9 KR 12/18).
Psychologische Gründe
Ein GKV-Patient begehrte die Übernahme der Kosten der Setzung von Implantaten. Er gab an, dass er unter starkem Brechreiz und seit vielen Jahren unter Magengeschwüren leide. Außerdem habe er infolge von acht Giftanschlägen fast alle Zähne verloren. Außerdem habe er einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt erlitten und sei deshalb ein Härtefall.
Der eingeschaltete MDK-Gutachter stellte bei einem Provokationstest fest, dass kein extremer Würgereiz bestehe. Der vorhandene Würgereflex oder die Nicht-Toleranz von herkömmlichem Zahnersatz habe psychologische Ursachen. Auch aus diesem Grunde lehnte das LSG die Kostenübernahme ab.
Es machte allerdings noch weitere interessante Ausführungen, die über den konkreten Fall hinausgehen: Das LSG führt aus, dass die Indikation „Generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen“ nicht gleichzusetzen sei mit einem Verlust vieler oder aller Zähne im Laufe des Lebens. Weiter gehe es beim Würgereiz nicht um „Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich“, vielmehr betreffe dieser den Rachen.
Mit anderen Worten: Zahnverlust und Würgereiz sind kein Grund für die Gewährung von Implantaten als „Kassenleistung“. Das LSG geht noch einen Schritt weiter: „Wenn die Ermöglichung der Abstützung von Zahnersatz durch Implantate das einzige oder das hauptsächliche Behandlungsziel ist, sind die Kosten des Implantats vielmehr vom Versicherten nach den allgemeinen Regelungen eigenverantwortlich zu tragen.“
Dr. med. dent. RA Wieland Schinnenburg,
Fachanwalt für Medizinrecht